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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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kleines Gebäude besaßen, zahlten nach dem Gesetz den höchsten Prozentsatz an Grundsteuer. Man hielt es für einen großen Anreiz, daß Hausbesitzer um so weniger Steuern zahlten, je mehr Gebäude sie besaßen. Letztes Jahr betrug unsere Grundsteuer eintausendachthundert Dollar; zählte man die Ausgaben für Strom, Verkabelung, Wasser, Telefon, Essen hinzu …
    Als Schützling eines Eigentümers waren meine persönlichen Steuern nada; die Bourgeois mußten die Mittel herausrücken, welche die Räder rollen machten.
    In der Chambers Street, nahe dem Zentrum, gab es eine Filiale der Chase Manhattan; ich ging hinein, steckte meine Karte in die Maschine und wartete auf eine Reaktion.
    »Guten Abend Mr. O'Malley«, sagte die Stimme; Bankstimmen waren helle Kastratensoprane. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Auszahlung.«
    »Zuerst Geheimnummer.«
    Ich drückte mit Bedacht die Zahlen meiner Geheimnummer. Gab man bei einer Transaktion die falsche Geheimnummer ein, wurde man von der Maschine durch elektrischen Strom hingerichtet. Für die Öffentlichkeit behauptete Chase Manhattan, daß eine fälschungssichere Karte mit unsichtbarer, magnetisch fixierter Geheimnummer noch in Entwicklung sei.
    »Guten Abend.«
    »N'Abend«, sagte ich und ging. In der Nähe der Gerichtshöfe am Foley Square gab es einen Schnellimbiß, der bis in die Nacht geöffnet hatte, damit Anwälte und Geschworene sich die Rachen vollstopfen konnten. Mich sieht man nur am Zahltag in einem Schnellrestaurant; wenigstens verhalf mir meine Drydenkarte zu dreißig Prozent Ermäßigung auf alle Einzelhandelspreise. Dieser Schnellimbiß, sicher für alle Besucher, verwendete für seine Speisen nur organische Zusätze; man konnte sicher sein, was sie enthielten, selbst wenn man Art und Herkunft nicht wählen konnte. Gewöhnlich halte ich mich an einfache Nahrung: Obst und Gemüse, die leidlich sicher waren, wenn man sie mehrere Stunden ins Wasser legte; Brot von Reformbäckern, das frei von unnatürlichen, krebserzeugenden Substanzen war. Bisweilen war eine Schaustellung angezeigt. Ich aß fünf Wiener. Drei Elfjährige bedienten; das Mädchen an der Kasse war die Geschäftsführerin. Ihr Hochzeitsfoto hing über dem Schalter; das Paar stand in vollem Aufputz an der Theke, neben sich die Plastikfigur des Glücklichen Hundes.
    Zufrieden wanderte ich die Center Street hinauf. Einen Block weiter waren die Katakomben, vollgestopft mit Gelichter: Dreds, Mariels, Teufelsanbetern, Problematikern, Ausländern und ihresgleichen. Im Herzen des Gebäudes war das Wunderland, wohin ausgewählte Fälle verbracht wurden, wie man mir sagte. Mehr wußte ich damals nicht.
    Der Smog war beinahe durchsichtig. Ich passierte die Straßensperre an der Canal Street. Hinter mir brauste ein Wagen der Müllabfuhr durch den Kontrollpunkt und die Canal Street hinunter. Er hielt an der Bovery; der Fahrer betätigte den Kippmechanismus und entleerte seine Ladung auf die Straße. Hunderte von Plastiksäcken zerplatzten beim Aufprall am Boden. Der Fahrer kehrte zu seiner Ausgangszone zurück. Die Fahrzeuge der Müllabfuhr in der Kontrollzone Stadtmitte und in den angrenzenden Sekundärzonen entleerten ihren Müll über die Mauer in die Loisaida-Zwielichtzone, das barrio de noch, mein heimatliches Viertel. Es war leicht, in eine Zwielichtzone zu gelangen. Die offizielle Bezeichnung für solch ein Gebiet war Wirtschaftszone, aber niemand, der dort lebte, nannte sie anders als Zwielichtzone.
    Ich stieg durch vor kurzem abgelagerten Müll, als ich die Canal Street weiterging. Der Müll wurde von Kindern, die nach Brauchbarem und Verkäuflichem suchten, weiter umhergestreut. An der Kreuzung Mulberry Street bog ich nach Norden, drängte mich durch das Menschengewimmel, wich den rollenden Autowracks aus, die ratternd durch die Straßen krochen; hatte sie das Glück, einen Campingwagen zu erstehen, konnte eine Familie damit unbegrenzte Zeit durch eine Zwielichtzone fahren und sich am Lenkrad abwechseln, um nur zum Tanken und Einkaufen anzuhalten. Ich kannte die Straßen auswendig; keine trug Straßenschilder. Ein Fremder konnte hier tagelang umherirren, obwohl die Einheimischen ihn mit Sicherheit lange vorher ausmachen würden.
    Merengues heulten aus tausend Lautsprecherboxen. Droozies (die Druzhinas – lokale Bürgerwehrabteilungen, die in Zonen wie dieser nach ihrem Gutdünken für Ordnung sorgten) hatten ein junges Mädchen ausgezogen, ihm den Kopf rasiert, und bearbeiteten es, nachdem sie es mit Teer

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