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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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die Stangenriegel vor. Enid war da und sah fern; Margot lauerte ungesehen.
    »Hei-di-ho, Seamus«, sagte sie.
    »Ola.« Etwas an ihr war anders; ich wußte nicht gleich, was es war. »Du hast deine Nägel gestrichen.«
    »Bunt appretiert und schwarz gesalbt«, sagte sie. Sie hatte sie schwarz gestrichen; zuvor waren sie rot gewesen. Nicht damit zufrieden, sich einfach den Schädel zu rasieren, hatte Enid vor sechs Monaten den Gesundheitsdienst beschwatzt – sie war mit einem Facharzt auf dem betreffenden Gebiet zur Schule gegangen und hatte etwas an sich – ihr Nägel mit den Spitzen nach oben in die Kopfhaut zu implantieren. Über der Stirn hatte sie sieben große Stacheln, und vierzehn kleinere waren über den Kopf verstreut. Von Amts wegen weigerte sich der Gesundheitsdienst, Ambienten zu behandeln, geschweige denn abartige Personen anzupassen, die Ambienten werden wollten.
    Enids Gegenwart wirkte auf die Abgebrühtesten einschüchternd. Sie hatte meine Größe – einsneunzig – und war nicht unähnlich von Statur, denn sie hatte seit ihrem siebzehnten Jahr Krafttraining betrieben. Sie trug ein einfaches schwarzes Trikot, ihre Stachelarmbänder und einen rosa Spitzentanga.
    »Sie sind du«, sagte ich, setzte mich neben sie und küßte sie auf die Wange. Seegras quoll aus dem Sofa auf den Boden, als ich mich setzte; eine Ratte trippelte hinaus in die Küche, wie um mir meine Pantoffeln zu bringen. Ich nahm meinen Helm ab, zog die Stiefel aus und zupfte die Ohren ab, um sie sorgsam auf eine nahe Kiste zu legen, damit sie sicher waren vor Rattenzähnen. Enid hatte mir die Ohrringe vor drei Jahren zu Ostern geschenkt; ich hielt sie in Ehren. Das Pulsieren der Trommeln und des Basses und der Motorsägen vibrierte durch meine Fußsohlen; ich machte es mir zum einschläfernden Geräusch splitternden Glases bequem.
    »Scharwenzeln und herumvagieren, wie ich sehe«, sagte sie. »Wie geht's unten?« Sie trank aus einer Flasche Stolitschnaja; sie trank zwei Halbliterflaschen am Tag.
    »Verdammt beschissen, sagte man mir.«
    »Schleierhaft. Brechend voll und große Lustbarkeit?«
    »Sieht so aus. Jemand in der Nähe ein bißchen sauer?«
    »Keine üble Nachrede«, sagte Enid. »Für dich ist sie eine freche kleine Rotznase. Aber denk an ihre Erscheinungsform.«
    »Schrecklicher Gedanke.«
    Sie sah mich forschend an. »Spült Suff dein Gehirn?«
    »Ich hatte ein Glas.«
    »Tu?«
    »Kein anderer. Ich ging, als die Frohe Stunde in Schwung kam. Götzenanbeter fächeln mir die große Langeweile.«
    »Dich saufen zu sehen, wäre abstoßend«, sagte sie. »Stolly?« fragte sie und winkte mit der Flasche.
    »Ich werde ein Glas nehmen, danke.«
    »Ein Glas!« sagte sie lachend.
    »Versuch's«, sagte ich. »Wirst dir nicht allzuviele Zähne brechen.«
    Sie warf eine Lampe nach mir; ich fegte sie beiseite und ging in die Küche. In der Dunkelheit hörte ich die Stimme des Kühlschranks: Tür angelehnt, bitte schließen. Die Tür stand nicht angelehnt, aber das konnte der Computer – eine Nummer drei – nicht wissen; Staub war in die Chips geraten. Tausende von Malen bat der Kühlschrank bei Tag und Nacht Tür angelehnt, bitte schließen. Wir hatten nie Geld für Reparaturen und konnten uns weder einen Elektriker noch einen neuen Kühlschrank leisten. Die Stimme war angenehm, und der Gedanke gutartig; man gewöhnte sich daran.
    Ich nahm ein Glas aus dem Geschirrschrank, wischte die Kakerlaken beiseite und spülte es aus. Ich schaute zum Fenster hinaus; durch den Smog konnte ich nur den warmen Lichtschein von Feuer sehen. Als ich die Küche verließ, fiel ein gewaltiges Stück Verputz von der Decke. In jedem Zimmer der Wohnung gab es gähnende Löcher, wo Stuck und Putz von den Vibrationen im Erdgeschoß losgerüttelt worden waren, oder wo unsere kleinen Untermieter sich durchgenagt hatten.
    »Welch greulicher Anblick quält das Auge so aus der Nähe«, hörte ich, als ich wieder ins Wohnzimmer kam. »Lang eingeweicht in Nachttöpfen, gesprenkelt rundherum. Wie schickt sich der Abend, Kotzbrocken?«
    »Erstaunlich«, sagte ich zu Enid, ohne den Blick von Margot zu wenden, die aus dem Schlafzimmer hereingekommen war, während ich mich in der Küche aufgehalten hatte. »Du hast die Lippen nicht ein einziges Mal bewegt …«
    »Wanzenbauch«, sagte Margot, zu mir gewandt; ihre Altstimme klang wie klirrendes Eisen. »Das Maul klafft weit und läßt das Hirn rausfallen.«
    Wiehernd vor Lachen zog sie sich auf das Sofa. Über den Daumen

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