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Ambient 04 - Terraplane

Ambient 04 - Terraplane

Titel: Ambient 04 - Terraplane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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es mit ihm über Bord«, sagte Jake mit einem Blick zur Tür. »Wir waren nicht allzu hoch, als ich ihn fliegen ließ. Hat er auch das Aufspürgerät genommen, das du hattest?«
    »Nein.« Ich fühlte es in meiner Jackentasche, zog es hervor, schaltete ein. Zwei Punkte blinkten auf dem Koordinatenfeld: ihre und seiner. Unter dem Feld blinkte es grün.
    »Überlebt?«
    »Sieht so aus. Ob Cam und Kassette überlebten, ist eine andere Sache.«
    »Macht nichts«, sagte Oktobrjana. Sie regte sich unter der Deckenumhüllung. Ihr Gesicht hatte Frostfarbe.
    »Warum?« fragte ich.
    »Sanya hatte meine Kassette zurechtgemacht«, sagte sie. »Für den Fall von Gefangennahme und Mißbrauch durch Unbefugte.«
    »Wie zurechtgemacht?«
    »Unsere bringt uns hinüber, aber nicht zurück.«
    Jake und ich starrten einander an.
    »Können Sie Neueinstellung vornehmen?« fragte ich; wenn wir sie noch hätten, hätte ich hinzufügen sollen.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. »Sanya allein war mit allen Einzelheiten vertraut.« Sie zwinkerte wie unter Desorientierung. »Verursachte tiefe Spaltung zwischen uns, seine Paranoia …«
    »Warum haben Sie nichts gesagt?«
    »Zur Zeit des Gebrauchs war keine andere Wahl«, sagte sie kaum hörbar. »Nicht wahr? Ihre Entscheidung. Meine. Wir leben mit unvermeidlichen Entscheidungen.«
    Das Extamyl wirkte; sie nickte ein, das Kinn sank ihr auf die Brust. Für uns gab es eine Menge zu tun, aber nichts, was wir auch taten, war in seinen Auswirkungen abzusehen. Jake drückte ihr die Hand, wie um einen gefallenen Spatzen zu wärmen, so daß er nicht frierend sterben müßte. »Schlaf«, sagte er und stopfte die Decke fester um sie. »Schlaf jetzt.« Nach kurzem Stillschweigen lachte er plötzlich auf.
    »Was ist?« fragte ich. In meinen Gedanken wünschte ich mich nach Haus, wußte aber, daß wir es nicht so bald sein würden.
    »Ein schlauer Bursche, dein Freund, aber mit seinem Trick legte er sich selbst herein.« Er schmunzelte, dann lachte er wieder auf, je nach dem Schmerz in seiner Schulter. »Hoffte, er könnte uns irgendwo in der Einöde absetzen und zum ruhmreichen Empfang zurückkehren.«
    »Wir sind gestrandet«, erinnerte ich ihn. Jake, der die Nüchternheit der Logik ausschloß, ignorierte es. Unter den Umständen war seine Reaktion sicherlich die weisere. »Wir müssen selbst zum Krankenhaus gehen. Er wird sicherlich bleiben, wo er gefallen ist. Wir können später zurückkommen und ihn holen. Hast du die Schrogin?« Er zog sie mit einer Hand unter dem Mantel hervor. »Ich nehme die Koffer, du nimmst sie. Laß uns aussteigen.«
    Er legte sie einhändig über die Schulter, stabilisierte sie mit dem gesunden Arm und trug sie zum Ausstieg. Ich folgte mit den Koffern. Es war warm, und ich ließ meinen Mantel zurück, um ihn später zu bergen. Seichtes Wasser leckte eingangwärts; Saunaluft beperlte uns mit plötzlichem Schweiß. Jake spähte hinaus und hielt inne. Sein verdünntes Lächeln war vergangen.
    »Scheiß auf O'Malley!« sagte er kaum hörbar. Ich schaute an ihm vorbei. Bis zum Horizont war nichts zu sehen als ein Ozean wogenden Schilfs, in dem unser Flugzeug wie ein großer harpunierter Wal trieb. Eine Nachtbrise raschelte in Sumpfbinsen und Riedgräsern; Insekten summten, schnarrten, zirpten und schwirrten wie im Traum eines Entomologen. Wir setzten den Fuß in knöcheltiefes Wasser und blickten umher. Südwestwärts verriet ein tiefes Orange Newarks giftigen Himmel; ostwärts jenseits des Höhenzuges, der Jerseys Häfen gegen Angriffe vom Inland schützte, erhob sich das Empire State Building. Direkt südlich von uns, Kilometer entfernt, machte ich eine Bockbrücke aus, die das grenzenlose Sumpfland überquerte. Ein Zug rollte langsam darüber, winselte seine Warnung. Der Ruf spaltete die Dunkelheit mit einem lange nachhallenden wimmernden Pfeifen, das durch die feuchte, stille Nacht wehte, um sich in der Ferne zu verlieren. Nordwärts, wenige hundert Meter entfernt, verlief eine schlechtbeleuchtete Straße; das Rauschen schnellfahrender Wagen ging wie ein unregelmäßiges Atmen von ihr aus. Über uns stand der Vollmond und warf Schatten über den Sumpf. Wenn ich die Entfernung vom Empire State richtig einschätzte – etwas in seinem Aussehen war falsch, obwohl ich nicht sagen konnte, was es war –, mußte unser Standort nach meiner Erinnerung, die nun freilich nicht mehr die Logik eines Traums für sich hatte, ungefähr in PriTels zwanzigstöckigem Parkhaus sein.
    »Wo sind

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