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Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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wohin ich gehen würde, wenn ich nicht hier benötigt würde …«
    »Wohin?« fragte John in Anwendung Jakescher Methoden: Nach dem Offensichtlichen fragen, wo keine Nachfrage erwartet wurde, damit uneingeübte Reaktionen beobachtet, eingeschätzt und für spätere Nutzanwendung erinnert werden konnten. »Wohin würden Sie gehen?«
    »Dorthin. Hinüber«, sagte Leverett mit unverändertem Lächeln. Seine einfachste Reaktion beeindruckte mich als langgeübt und auswendiggekonnt. Ich mißtraute Leverett nicht mehr oder weniger als jedem anderen, für den ich arbeitete, obwohl er vermutlich wie wir ein Gläubiger an Gott und Gottheit war. Der argwöhnische John stellte sich immer wieder neu auf die Menschen um ihn herum ein und hielt sie so auf größere Distanz. Einst hatte ich Leverett als jovial bezeichnet; John sagte, daß er ihn nie in die Nähe von Kindern lassen würde, wem immer sie auch gehörten. »Es ist wahrlich ein Traumauftrag. Drüben werden Sie sehen, was aus uns allen hätte werden können.«
    »Ich habe Bedenken«, sagte John.
    »Erlauben Sie mir zu mentorieren«, sagte er mit hundseifrigen und düsteren Augen. »Dazu bin ich da. Aufrichtigkeit ist immer noch die beste Strategie. Detaillierung tiefster Gedanken! Welche Gefühle?« Ich verstummte lippenstill. Sie hatten mich so oft zahllosen unerwarteten Tests unterworfen, daß ich selbst über die simpelsten Fragen genau nachdachte. »Enspannung«, sagte er. »Keine falsche Antwort möglich. Was bedrückt?«
    »Die Polarisation«, sagte John. »Madams Unglaube ist unnachgiebig, doch mit jedem Treffen wird Ihr Sermon intensiver, bis wir scheinbar kurz vor der Wiedererfindung des Rades aufhören. Die Differenzen besorgen übersehr.«
    »Mister O'Malley ist einverstanden«, sagte Leverett und lehnte sich in seinem ungepolsterten Sessel zurück. »Alle haben Meinungen, seine wiegt am schwersten.« Er zeigte auf das Portrait seines männlichen Vorgängers, ein mittelalter Mann mit beunruhigendem Aussehen, dessen gemalter Blick jeden verletzte, den er traf. »Immer wieder hat es firmenintern Fragen und Bedenken über Methode und Zweck gegeben. Mister Liebson widersetzte sich jedesmal, wenn die Besserung der Firma es verlangte. Immer wieder mußte ihm rechtgegeben werden.«
    »Trotzdem wurde er geext«, sagte John. »Könnte sich die Geschichte wiederholen?«
    »Es war eine firmeninterne Angelegenheit«, sagte Leverett. »Mrs. Dryden. Geistverdummt. Sie kennen die Geschichten. Eine Tragödie nichtsdestotrotz. Mein Glück, daß ich von einem so Großen mentoriert wurde. Mister Liebson ermöglichte Dryco erst, zu dem zu werden, was es wurde.«
    Leveretts zweiter Vorgänger war weiblich und hieß Joanna – zumindest lautete so die Aufschrift des Rahmens. Ich fand ihr Gesicht interessanter als das von Liebson; anders als bei ihm war ihre Angst nach außen und nicht nach innen gerichtet. Sie hatte ein Zwanzigstes-Jahrhundert-Gesicht, mit dem Heiligenschein blonder Haare, schlaflos starrem Blick und dem unbeschwerten Ausdruck untolerierter Schmerzen. Sie hatte ebenfalls suizidiert, zumindest behauptete es Leverett; noch eine Geistverdummte, sagte er.
    »Was erfordert also Drycos Reoptimierung so sehr?« fragte John.
    »Veränderte Umstände«, sagte Leverett, »wie gesagt. Reoptimierung ist ein einfacher Prozeß. Minimale Korrekturen, ein Uhraufziehen, ein Schuhbesohlen. Manche bessern sich freiwillig«, sagte er und sah mich an. »Leider reagieren Elvii nur auf eigene Anstöße. Wie Mister O'Malley sagte, verklingt Sinn ungehört. Ergo beruhigen wir sie gemäß ihren Bedürfnissen, wenn sonst nichts anschlägt.«
    »Eine entsprechende E-Existenz ist unbestätigt«, sagte John.
    »Statistiken belegen eine 80 Pro Wahrscheinlichkeit«, sagte Leverett. »Zahlentrost befriedigt.«
    »Statistiken lügen, sollen lügen«, sagte John. Seine feuchte Stirn perlte, und er mußte sich so sehr mäßigen, daß ich befürchtete, er hätte seine Medikation vergessen. Ich nahm seine Hand in der Hoffnung auf Beruhigung; er löste sich aus meinem Griff. »Wenn das Ziel nichtexistent ist, ist alles sinnlos.«
    »Nichtexistent? Unbekannt vor dem Versuch«, sagte Leverett. »Wir legen einen anderen Kurs für den Fall des Nichterfolgs fest, aber ein Versuch wird verlangt. Zweck heiligt Mittel, ungeachtet des Ausgangs. Was besorgt so sehr, wo der Termin naht und alle Planungen abgeschlossen sind?«
    »Beförderung gewährleistet?« fragte John, auf mich zeigend, scheinbar ungeachtet

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