Ambler by Ambler
kamen aus Texas, waren jung und freuten sich über die Sonne, die gerade durchgebrochen war. Als sie unsere Kameras sahen, wollten sie für die Wochenschau zu Hause aufgenommen werden. Jules tat ihnen den Gefallen und machte mit der Eymo eine Reihe von Nahaufnahmen. John verwendete sie später in dem Film über die Schlacht von San Pietro. Es war die einzige Passage, die mich anrührte, als ich den Film sah. Ich wußte, daß all diese lachenden jungen Leute längst tot waren.
Wir stießen weiter in die Flußebene vor. Rechter Hand, zwischen uns und San Pietro oben am Berghang, lag ein als Deckung geeigneter Baumgürtel, der von einem Pfad gesäumt wurde. Sowohl das Wäldchen als auch der Pfad zogen sich nach rechts hinüber. Linker Hand war ein Stoppelacker zu sehen. In einem tiefen Graben am Rand dieses Ackers kauerte eine Infanterieabteilung. Ein paar Mann sahen uns über die Schulter entgegen, als wir den Pfad entlangkamen. Ihre Überraschung war verständlich. Warum liefen wir aufrecht herum, wo man ihnen befohlen hatte, sich zu ducken. Der Leutnant, der den Trupp befehligte, erhob sich andeutungsweise, als John auf ihn zu kam. Offensichtlich wollte er sagen »Wer zum Teufel seid ihr?« ging aber auf ein vorsichtiges »Guten Tag« herunter.
»Guten Tag«, sagte John, »was machen Sie denn hier?«
»Wir warten auf den Befehl, weiter vorzurücken.«
»Nach San Pietro?«
»Nein. Ich glaube, bis jetzt ist noch niemand nach San Pietro reingekommen.«
»Na ja«, meinte John, »wir wollen jedenfalls dort hin. Wenn wir einfach diesem Pfad hier folgen, kommen wir dann hin?«
»Vermutlich.« Dann fiel sein Blick auf meine britische Uniform, und er wollte wohl fragen, was denn die Briten hier suchten, beschloß aber, sich nicht noch mehr verwirren zu lassen. »Viel Glück!« sagte er.
John registrierte den Ausdruck von Besorgtheit mit einem aufmunternden Kopfnicken. Er hatte nicht das Gefühl, daß er Glück bräuchte. Er hatte noch immer nicht verstanden, was ihm berichtet worden war. Die Tatsache, daß San Pietro, militärisch gesehen, uns gehörte, bedeutete nicht zwangsläufig, daß wir schon in der Lage waren, den Ort nach Sprengladungen zu durchsuchen und ihn in Besitz zu nehmen. Er war für den Feind aufgrund der Zufahrtswege zur Ebene, die er beherrschte, von Wert gewesen. Für uns würde er erst dann von Wert sein, wenn wieder eine befahrbare Straße durch ihn führte.
Ich folgte John. Wir waren etwa zweihundert Meter gegangen und näherten uns der Stelle, wo der Pfad eine Rechtsbiegung machte, als ich John zögern sah. Nach einem Augenblick ging er weiter. Auch ich erreichte bald den Grund seines Zögerns.
An der Wegbiegung kniete ein gi mit angelegtem Gewehr an einem Baum. Einen kurzen Moment lang sah er lebendig aus, doch nur ganz kurz. Ein Granatsplitter hatte die eine Hälfte seines Kopfes ganz weggesäbelt. Er war sofort tot gewesen, und der Todeskrampf hatte bewirkt, daß sich seine Hände noch immer fest um das Gewehr schlossen. Er hatte sich gegen den Baumstumpf gelehnt, um besser zielen zu können, und diese Position hatte er die ganze Zeit beibehalten. Es war der Teil des Schlachtfelds, in dem die Sanitäter beschossen worden waren und man die Opfer hatte liegen lassen müssen. Ich versuchte gar nicht erst, sie zu zählen. Eine ganze Kompanie hatte es auf diesem Stoppelacker erwischt, in flachen, sich überschneidenden Einschlagtrichtern, die wie braune Farbspritzer aussahen, lagen überall die Leichen herum. Die Granatsplitter hatten alles zerfetzt, Brotbeutel und Ausrüstung und Körper. Zwischen den Toten verstreut lagen ihre Habseligkeiten, ihre Zahnpastatuben und ihr Rasierzeug, ihr Toilettenpapier und ihre Aktmagazine, ihre sauberen Socken und ihre Briefe von daheim. An den Stellen auf dem Acker und auf dem Pfad, wo Verwundete gelegen hatten, sah man besser nicht genau hin.
Vor uns, auf einem Hügel oberhalb einer steilen Böschung, konnte man nun die Trümmerhaufen von San Pietro sehen. Die Entfernung betrug etwa einen halben Kilometer, aber es sah näher aus. Zwischen uns und dem Fuß der Böschung verschwand der Pfad, den wir entlanggekommen waren, hinter einer Reihe von Steinhäuschen, bei denen es sich, wie der Dolmetscher meinte, um Kornspeicher handelte. Sie befanden sich auf der anderen Seite eines Bergbachs, in den man für die Benutzer des Pfades Steine zum Überqueren gelegt hatte. Der Dolmetscher sagte mit fester Stimme, er glaube nicht, daß in San Pietro noch Italiener am
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