Ambler by Ambler
arbeiteten sie zumeist mit Wechselobjektiven, die das Licht reflektierten und feindliches Feuer auf sich lenkten. Der Sergeant hatte unter dem Befehl von Offizieren gestanden, die er nicht kannte und deren Urteil zu trauen er keine Veranlassung hatte. Daß er sich nicht getraut hatte, dem Leutnant wegen dessen ungewöhnlichem Angebot, sich frei und demokratisch zu entscheiden, einen Vorwurf zu machen, war nicht völlig verwerflich. Kritisieren konnte man aber zweifellos den Leutnant, das Angebot gemacht zu haben. Ich weiß nicht, was John später hinsichtlich dieses Vorfalls gesagt oder getan hat, und ich habe bewußt vermieden, die Sache noch einmal zu erwähnen. Ich habe den Dolmetscher nie wieder gesehen und auch diesen Kameramann nicht. Es wurde vereinbart, daß die Wall-Kamera (die ganz ordentlich arbeitete, solange man von ihr nicht wirklich verlangte, den Ton aufzuzeichnen) bei unserem nächsten Vorstoß von Jules bedient werden sollte und daß wir im Moment keinen Bedarf an Dolmetschern hatten.
Erstaunlicherweise hatte John noch immer Vertrauen in die Sektion Feindaufklärung. Am nächsten Morgen kam er an, quietschfidel, und berichtete, die Straße nach San Pietro sei repariert und wieder befahrbar. Ich befand mich gerade auf der Sanitätsstelle, um mir zur Entlastung des gezerrten Muskels einen Knieverband anlegen zu lassen. Mit dem Stock, den ich bekam, konnte ich einigermaßen herumhumpeln. Der Arzt zuckte mit den Schultern. Wenn wir mit dem Jeep führen, »von mir aus«.
Die Bergstraße hinunter nach San Pietro war in einer Hinsicht ungewöhnlich. Obwohl sie sich in den üblichen Haarnadelkurven bergab fädelte, wie ein Schnürsenkel, war man auf ihr fast völlig ungeschützt. Die Artilleristen unten im Tal konnten sich durchs Visier ihr Ziel aussuchen und seelenruhig die Stelle der Straße bestimmen, an der sie das Objekt zu erwischen gedachten. Die Aufklärer hielten es für unwahrscheinlich, daß der Feind teure 88 -mm-Granaten auf so geringfügige Ziele wie Jeeps verschwenden würde. Der Feind sei ja schon auf dem Rückzug nach Cassino, und San Pietro läge völlig frei da. Was wolle man denn noch?
Am Straßenrand oben am Hang lag ein Trupp in britischen Uniformen und winkte uns zu, als wir uns in Bewegung setzten. Wir winkten zurück. Es war David MacDonald und ein Team der Armeefilmeinheit. John freute sich. Er glaubte anscheinend, wir würden vor den Engländern in San Pietro eintreffen. Das glaubte ich nicht. In der Woche zuvor hatten wir in Caserta mit David MacDonald gesprochen. Er war mit den britischen Divisionen der Fünften Armee in Monte Camino gewesen und war in bezug auf den Krieg in Italien nicht optimistisch. Wir hätten uns eine Reihe von Belagerungen aufgehalst, damit die Fünfte Armee schließlich Rom einnehmen und einen politischen Sieg davontragen könne, dessen militärischer Wert gleich Null sei.
Zu dieser Zeit war Sieg in der Wüste , sein Film über den Krieg in Nordafrika, noch immer der einzig hervorragende Dokumentarfilm, der für die Sache der Alliierten gedreht worden war. Die Deutschen waren da schon länger erfolgreich gewesen, sowohl mit ihrem Film über den Blitzkrieg gegen Polen, einem Film, den sie in Sondervorstellungen gezeigt hatten, um neutrale Regierungen einzuschüchtern, bevor sie überfallen wurden, als auch mit Sieg im Westen , einer sehr geschickt gemachten Verherrlichung der französischen Kapitulation und des Sieges über das britische Expeditionskorps. Siege lassen sich natürlich leichter feiern als Niederlagen. Alle Versuche, Dünkirchen als moralischen und statistischen Sieg zu verklären, kamen auf der Leinwand nur an, wenn man auf eine packende, emotional gefärbte Hintergrundhandlung und auf Charakterschauspieler in kleinen Schiffen zurückgriff. Sieg in der Wüste hatte aber besondere Qualitäten. Der Film war überzeugend, weil er eine gelungene Mischung aus Dokumentaraufnahmen (in der Wüste gedrehte Szenen) und sorgfältig ausgeleuchteten Atelierszenen in Großaufnahme darstellte, die Roy Boulting in den Pinewood Studios arrangiert hatte. Diese berühmten Großaufnahmen von Männern der Achten Armee hätten »live« in der Ägyptischen Wüste aufgenommen werden können, wenn David MacDonald und die Achte Armee einen Feind gehabt hätten, der sich um die Jupiterlampen und die Maskenbildner, die bereitstanden, um künstliche Schweißperlen aufzutupfen, nicht geschert hätte. Sogar an den frühmorgendlichen Lärm der Klappen hätte er sich
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