Ambler-Warnung
hier vor? Wer hat Sie geschickt?«
»Betrachten Sie es als Leistungsprüfung. Fassen Sie sich kurz, sonst reden Sie bald gar nicht mehr. Keine Spielchen. Keine dummen Fragen.«
Deschesnes’ Augen verengten sich. »Hat Actions des Français Sie geschickt?« Er bezog sich auf die Organisation, der er früher einmal angehört hatte. »Begreifen diese Idioten denn nicht, wie kontraproduktiv es ist, mich als Feind zu behandeln?«
»Kommen Sie zur Sache«, bellte Ambler. »Erzählen Sie mir von Ihrem Treffen mit Dr. Abdullah Alamoudi, das im letzten Frühjahr in Genf stattgefunden hat.«
Verständnislos sah der Generaldirektor ihn an: »Wovon reden Sie?«
»Ich stelle hier die Fragen, verdammt noch mal! Wollen Sie mir weismachen, dass Sie nicht wissen, wer Dr. Alamoudi ist?«
»Natürlich weiß ich, wer er ist«, erwiderte der Franzose mit verletztem Stolz. »Sie sprechen von dem libyschen Physiker, den wir seit Längerem beobachten. Wir glauben, dass er an den geheimen Waffenprogrammen einiger Staaten der arabischen Liga mitarbeitet.«
»Und warum trifft sich der IAEA-Generaldirektor dann heimlich mit einem solchen Mann?«
»Sie sind ja verrückt«, brauste Deschesnes auf. »Alamoudi würde wahrscheinlich lieber sterben, als mit mir im selben Zimmer zu sitzen.«
Ambler spürte keinerlei Anzeichen dafür, dass der Mann log.
»Und wie erklären Sie dann, dass Sie letztes Jahr nach Harare gereist sind?«
»Das kann ich nicht erklären«, sagte der UNO-Würdenträger.
»Aha! Das klingt doch schon besser!«
»Ich war nämlich noch nie in Harare.«
Ambler starrte ihn an. »Noch nie?«
»Noch nie«, sagte der Mann fest. »Woher haben Sie eigentlich Ihre Informationen? Wer hat Ihnen diese Ammenmärchen aufgetischt? Das würde mich interessieren.« Er verstummte. »Es war Actions des Français«, sagte er dann. Plötzlich wirkte er listig, als habe er alles durchschaut. »Sie waren mir einmal recht nützlich. Und jetzt halten sie mich für einen Verräter. Sie wittern eine Verschwörung hinter allem, was sie von mir sehen und über mich hören. Wenn sie wirklich wissen wollten, was ich tue und auf welcher Seite ich stehe, dann müssten sie nur die Zeitung aufschlagen oder das Radio einschalten.«
»Worte und Taten stimmen nicht immer überein.«
»Exactement«, sagte Deschesnes. »Richten Sie Ihren Freunden von ADFDN aus, dass es viel mehr nutzen würde, unserer gewählten Regierung mal ordentlich Druck zu machen.«
»Ich arbeite nicht für Actions des Français«, wiederholte Ambler geduldig.
Deschesnes’ Blick wanderte zu Amblers Waffe. »Nein«, sagte er einen Augenblick später. »Natürlich nicht. Diese Fremdenhasser würden einem Amerikaner nie einen solchen Auftrag erteilen. Dann arbeiten Sie für die CIA? Der amerikanische Geheimdienst ist definitiv unfähig genug, um diesen Schwachsinn zu erklären.« Ambler sah, dass in Deschesnes Empörung mit dem Wunsch kämpfte, den Eindringling zu beruhigen, der ihn in seinem Liebesnest mit einer Pistole bedrohte. Sein Temperament und die Empörung gewannen die Oberhand. »Richten Sie Ihren Arbeitgebern von mir persönlich etwas aus. Sie sollten ihre Dossiers zur Abwechslung mal mit der Wahrheit füllen. Denn die Wahrheit ist, dass die großen Nationen des Westens die größte Bedrohung für die gesamte Menschheit viel zu lange sträflich vernachlässigt haben. Und Amerika ist keine Ausnahme. Amerika ist der Hauptschuldige.«
»So deutlich haben Sie das in Ihrer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat aber nicht gesagt«, spottete Ambler.
»Meine UNO-Berichte erklären die Fakten. Polemik überlasse ich anderen. Aber die Tatsachen sind beschämend genug. Nordkorea besitzt genug Plutonium für mehrere Nuklearsprengköpfe. Der Iran ebenfalls. Mehr als zwanzig weitere Staaten finanzieren sogenannte Forschungsreaktoren, in denen sie genug Uran anreichern können, um bald ihre eigenen Atombomben zu bauen. Und Hunderte der Bomben, die es bereits gibt, werden unter lächerlichen Sicherheitsvorkehrungen
gelagert. Eine Seidenbluse im Samaritaine-Kaufhaus ist besser gesichert als viele russische Nuklearsprengköpfe. Es ist aberwitzig. Die Welt sollte vor Angst zittern, aber eurer Regierung ist das egal.« Der IAEA-Generaldirektor atmete heftig, während er sich den Zorn von der Seele redete, der ihn bei seiner gesamten Karriere angetrieben hatte. Seine anfängliche Angst und Verwirrung hatte er beinahe wieder vergessen.
Ambler war bestürzt. Er konnte nicht länger an der
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