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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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Fenstern, die in jedem Stockwerk auf den Korridor hinausführten, waren die Jalousien halb heruntergelassen, sodass sie an hängende Lider erinnerten.
    Baskerton Towers. Eine Art Heimat für einen Mann, der in Wirklichkeit keine hatte. Wer seine Laufbahn in einem Programm mit besonderer Zugangsberechtigung verbrachte - der höchsten operativen Sicherheitsstufe –, machte unter einem Decknamen Karriere. Keine Abteilung von Consular
Operations war geheimer als die Political Stabilization Unit, deren Angehörige sich nur unter ihren Decknamen kannten. Das war kein Leben, das feste Bindungen im Zivilleben förderte: Der Job bedeutete, dass man den größten Teil seiner Zeit praktisch unerreichbar im Ausland verbrachte und nie genau sagen konnte, wann man zurückkommen würde. Hatte er überhaupt richtige Freunde? Trotzdem hatte seine kümmerliche häusliche Existenz den wenigen flüchtigen Bekanntschaften, die er hier gemacht hatte, besonderes Gewicht verliehen. Und obwohl er eigentlich nicht viel Zeit in den Baskerton Towers verbracht hatte, betrachtete er sein Apartment als wirkliche Bleibe. Keine heilige Stätte wie sein Haus am See, aber ein Ausweis der Normalität. Ein Ort, an dem man vor Anker gehen konnte.
    Das Apartmentgebäude stand etwas zurückgesetzt, und eine flache ovale Zufahrt gestattete Autos, vor dem Eingang vorzufahren. Ambler sah sich auf der Straße und den Gehsteigen um, entdeckte niemanden, der sich auffällig für ihn interessierte, und ging zum Eingang weiter. Irgendwer würde ihn erkennen - einer der Portiers, wenn nicht der Verwalter oder der Hausmeister – und in sein Apartment einlassen.
    Er sah auf das lange Mieterverzeichnis, schwarze Kunststoffbuchstaben auf weißem Untergrund, Reihen von Namen in alphabetischer Ordnung.
    Kein Ambler. Auf Alston folgte Ayer.
    Hatten sie auch seine Wohnung kassiert? Die Einrichtung verschwinden lassen? Das war bitter, aber eigentlich nicht überraschend. »Was kann ich für Sie tun, Sir?« Das war einer der Portiers, der aus dem geheizten Foyer trat: Greg Denovich. Sein kräftiger Unterkiefer war wie immer von einem Bartschatten bedeckt, dem mit keiner Klinge beizukommen war.

    »Greg«, sagte Ambler jovial. Greg bedeutete Gregor, hatte er immer angenommen; der Mann stammte aus dem ehemaligen Jugoslawien. »Lange nicht mehr gesehen, was?«
    Der Ausdruck auf Denovichs Gesicht wurde Ambler allmählich vertraut: die Verwirrung eines Mannes, den ein völlig Fremder wie einen alten Bekannten begrüßt.
    Ambler nahm seine Mütze ab und lächelte. »Lassen Sie sich nur Zeit, Greg. Apartment 3C?«
    »Kenne ich Sie?«, fragte Denovich. Das war jedoch keine Frage. Es war eine Feststellung. Eine Verneinung.
    »Anscheinend nicht«, sagte Ambler leise. Und dann verwandelte seine Bestürzung sich in Panik.
    Hinter sich hörte er scharf abgebremste Reifen auf dem regennassen Asphalt quietschen. Ambler warf sich herum und sah einen weißen Van auf der anderen Straßenseite mit einer Gewaltbremsung zum Stehen kommen. Er hörte, wie Türen aufgestoßen und zugeknallt wurden, und sah drei Männer in der Uniform des Wachpersonals der Klinik herausspringen. Einer der Männer trug einen Karabiner; die beiden anderen hatten Pistolen in den Händen. Alle drei rannten auf ihn zu.
    Der weiße Van. Ambler kannte diese Art Fahrzeuge. Der Wagen gehörte dem »Abholdienst« für Notfälle, den die US-Geheimdienste zur Krisenbewältigung im Inland nutzten. Unabhängig davon, ob es sich um gefährlich gewordene eigene Leute oder ausländische Agenten handelte, hatten solche »Pakete« gemeinsam, dass kein amerikanischer Richter jemals eine Untersuchung zu ihnen anordnen würde. Und an diesem nasskalten Januartag war Harrison Ambler das Paket, das abgeholt werden sollte. Erklärungen der Polizei gegenüber waren überflüssig, weil er längst verschwunden sein würde, bevor sie eintraf. Dies war keine offene Konfrontation; vielmehr
hatte die andere Seite eine schnelle Entführung organisiert, die kaum bemerkt werden würde.
    Er war hierher gekommen, das wurde ihm jetzt klar, weil er zugelassen hatte, dass Wunschdenken über besseres Wissen siegte. Weitere Fehler durfte er sich nicht leisten.
    Denken ... er musste denken.
    Oder vielmehr: Er musste fühlen.
    Nach zwanzig Jahren im Einsatz war Ambler zwangsläufig ein Meister in Flucht- und Ausweichmanövern. Sie waren ihm zur zweiten Natur geworden. Aber er ging die Sache nie durch logische Verknüpfungen, »Entscheidungsmechanismen«

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