Ambler-Warnung
annehmbarer Ergebnisraum.«
Ambler brauchte einen Moment, um Castons Rede zu verdauen.
Dann begann er, das Buch rapide durchzublättern, während Caston ihm über die Schulter schaute. Sein angefeuchteter Zeigefinger schlug beinahe mechanisch die Seiten um. »Schau dir die Bilder auch an«, bat er Laurel. »Wenn die Ähnlichkeit groß ist, wirst du das sofort merken. Denk nicht darüber nach. Spüre es einfach. Wenn es klappen könnte, wirst du es augenblicklich merken.« Die Gesichter flogen vorbei, ungefähr zwei pro Sekunde. »Stopp«, sagte Laurel.
Caston klebte ein kleines Post-it auf die Seite und sagte: »Weiter.«
Ambler blätterte die folgenden hundert Seiten ohne Unterbrechung um, bis er selbst innehielt. Caston markierte die Stelle mit einem weiteren Post-it. Ambler blätterte weiter. Als Ashton Palmers Gesicht ihm entgegenstarrte, zögerte er kurz. Keiner sagte ein Wort. Es waren keine Worte nötig. Auch als er bei Ellen Whitfield ankam, legte er eine kleine Pause ein. Sie wirkte attraktiv, aber dezent, ihr Mentor distinguiert und freundlich. Die briefmarkengroßen Fotos vermittelten weder seine messerscharfe Intelligenz noch ihren brennenden Ehrgeiz. Ihre Bilder lenkten nur von Wichtigerem ab.
Als Ambler am Ende des Buchs angelangt war, waren vier Seiten mit Post-its markiert. Ambler reichte Caston das Buch. »Sie sehen mich öfter als ich. Beurteilen Sie’s.«
Caston sah sich alle vier Kandidaten an. »Der Dritte«, sagte er. Er reichte das Buch an Laurel weiter, die es ihm nachtat.
Zögernd sagte sie: »Ja, der dritte Typ könnte es sein.«
Ambler schlug die dritte markierte Seite auf, riss sie heraus und vertiefte sich in die Biografie des Mannes. »Der soll mir ähnlich sehen?«, sagte er halblaut, wie zu sich selbst. »Na ja. Ich habe mich auch noch nicht an mein neues Gesicht gewöhnt.« Er sah sich das Schwarz-Weiß-Foto an. Die Augen des Mannes blickten streng, er strahlte Selbstbewusstsein, ja beinahe Arroganz aus. Aber es war schwer zu beurteilen, ob das Foto seine Persönlichkeit unterstrich oder verzerrte.
Sein Name war Jozef Vrabel, und er war der Präsident von V&S Slovakia, einer Firma aus Bratislava, die sich auf Wireless-Lösungen, Wireless-Dienste, Wireless-Produkte und Sicherheitskonzepte für zugangsintensive Netzwerke spezialisiert hatte.
»Ich will euch ja nicht die Laune verderben«, sagte Laurel, »Aber wie sollen wir ihm seine Karte abnehmen?«
»Fragen Sie nicht mich, sondern den Menschenkenner da drüben«, sagte Caston achselzuckend.
»Wie könnten wir Kontakt mit ihm aufnehmen?« Ambler sah Caston an und blickte dann wieder aus dem Fenster. Er wusste, dass auf dem Hoteldach zwei Stockwerke über ihm Scharfschützen postiert waren. Aber was nutzte die beste Waffe, wenn der Gegner unsichtbar blieb? Was für eine Ironie, dass er zuerst diejenigen überlisten musste, die wie er für Sicherheit sorgen wollten. Die Feinde seiner Feinde waren auch seine Feinde.
Er richtete sein Augenmerk auf die hohe, dunkelblaue Wandverkleidung, hinter der die Betonwände des Zentrums verborgen waren. Eine zusätzliche Barriere, solide, aber leicht wieder abbaubar. Sie war mit großen, weißen Rechtecken bedruckt, auf denen in blauen Lettern WORLD ECONOMIC FORUM stand. Die drei Os der übereinanderstehenden Worte waren durch einen dünnen Halbmond verbunden.
Links befand sich ein Schild mit demselben Logo, unter dem Pfeile auf die verschiedenen Eingänge hinwiesen: Der Haupteingang war für die Teilnehmer reserviert, der Nebeneingang mit der Aufschrift PRESSE/PERSONAL gekennzeichnet.
Angst, Verzweiflung und eiskalte Wut tobten in Ambler. Und formten eine Legierung, die stärker war als ihre einzelnen Elemente: unbeugsame Entschlossenheit.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis er realisierte, dass Caston mit ihm sprach: »Ein Wunder der Technik«, sagte der Zahlenzauberer gerade. »Das Intranet ist von allen Terminals im Zentrum und von den meisten Hotels aus zugänglich. Es dient hauptsächlich dazu, Leute zu kontaktieren. Networking ist hier in Davos das Zauberwort.«
»Und haben Sie Networking betrieben, als Sie hier waren, Caston?«
»Nein«, sagte der Buchprüfer gereizt. »Ich analysiere Netzwerke. Aber in der Hotellobby muss es ein Terminal geben. Wenn ich Vrabels Namen eingebe, finde ich raus, für welche Veranstaltungen er sich eingetragen hat. Man muss sich hier nämlich für jeden Furz anmelden. Und dann ...«
»Werden Sie ihn finden und ihm sagen, es habe einen Notfall
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