Ambler-Warnung
weg und war auf einer Länge von ungefähr fünf Metern dicker als Amblers Oberschenkel. Was bedeuten musste, dass er dick und stark genug für seine Zwecke war. Wenn er sich daran festklammerte, konnte er das Dornengestrüpp geräuschlos überwinden und bis auf ein, zwei Meter an den Baumstamm mit dem Hochstand herankommen.
Ambler wartete auf den nächsten Windstoß aus der richtigen Richtung – von dem Gewehrschützen weg, auf ihn zu – und schnellte sich dann mit aller Kraft hoch. Seine Hände umklammerten den Ast und klatschten dabei nicht auf die Rinde, sondern umfassten den Ast rasch und geräuschlos. Ein weiterer Adrenalinstoß ermöglichte ihm, sich in einer einzigen flüssigen Bewegung hochzuziehen und auf den Ast zu klettern.
Als der dicke Ast sich unter seinem Gewicht etwas durchbog, gab das Holz ein leises Ächzen von sich. Aber es war weniger laut, als Ambler befürchtet hatte, und der Mann auf dem Hochsitz, den er jetzt gut sehen konnte, hatte anscheinend nichts gemerkt. Der Wind hatte aufgefrischt, und der Baum hatte leise geächzt: eine durchaus logische Folge von
Ereignissen. Der Killer hatte keinen Grund, misstrauisch zu werden.
Ambler schob sich in Richtung Stamm vor, indem er abwechselnd die Hände und Füße einsetzte, und hatte endlich den breiten Nylongurt des Hochsitzes in Reichweite. Er hatte gehofft, den Haltegurt lösen zu können, damit die Plattform zu Boden krachte. Aber das würde nicht möglich sein, denn das Spannschloss befand sich fast unter dem Hochsitz auf der anderen Seite des Baumstamms. Jetzt konnte er sich dem Mann nicht mehr weiter nähern, ohne irgendein kleines Geräusch zu machen, das ihn verraten würde. Er biss die Zähne zusammen, zwang sich zur Konzentration. Nichts klappt jemals nach Plan. Improvisiere, lass dir was Neues einfallen.
Er kletterte lautlos auf den nächsthöheren Ast, schloss kurz die Augen, atmete tief durch, stieß sich ab und sprang den Killer an. Das war ein Angriff aus dem Sprung heraus, wie er ihn nicht mehr versucht hatte, seit er in der Highschool Football gespielt hatte.
Und der Angriff war ein Fehler. Der durch die Geräusche seiner Bewegungen alarmierte Mann warf sich herum. Ambler seinerseits traf ihn zu niedrig – in Höhe seiner Knie, nicht auf Taillenhöhe –, und statt vom Hochsitz gestoßen zu werden, fiel der Mann nach vorn und umklammerte ihn mit stählernem Griff. Trotzdem hatte Ambler noch Glück, weil er die Beretta zu fassen bekam.
Mit einem kräftigen Hieb schlug der andere ihm die Pistole aus der Hand und ließ sie ins Dornengestrüpp am Fuß des Baums segeln. Als die beiden Männer sich auf der kleinen Plattform gegenüberstanden, war Ambler sofort klar, dass er den Kürzeren ziehen würde. Sein Gegner war ein muskelbepackter, aber trotzdem erstaunlich agiler Zweimetermann.
Sein kahl rasierter Kopf glich einem stummelförmigen Fortsatz seines dicken, kräftigen Halses. Er brachte seine Schläge wie ein ausgebildeter Boxer an: Hinter jedem sorgfältig gezielten Schlag lag sein gesamtes Körpergewicht, und der Arm ging sofort wieder in Verteidigungsstellung zurück. Ambler konnte kaum mehr tun, als seinen Kopf zu schützen; so blieb sein Körper schutzlos, und unter den gewaltigen Hieben würde er sich bald zusammenkrümmen, das wusste er.
Im nächsten Augenblick gab Ambler seine geduckte Haltung auf, blieb mit dem Rücken an den Baumstamm gelehnt stehen und ließ die Hände sinken. Er hätte nicht sagen können, warum.
Der große Mann wirkte eher befriedigt als verblüfft, als er zum entscheidenden Schlag ausholte.
Kapitel vier
Während Ambler keuchend Luft holte und vor Anstrengung am ganzen Leib zitterte, sagte ein Flackern im Blick des großen Mannes ihm alles, was er wissen musste: Sein Gegner wollte ihn mit einem einzigen Schlag erledigen – mit einem gewaltigen Schwinger aufs Kinn, in den er die ungeheure Kraft seines muskulösen Oberkörpers legen würde.
Nun tat Ambler das Einzige, was er tun konnte, das Einzige, worauf ein Profi niemals gekommen wäre: Er ließ sich im genau richtigen Augenblick zu Boden fallen, und die nackte Faust des Angreifers krachte gegen den Baumstamm.
Als der Mann vor Schmerzen aufheulte, sprang Ambler auf, rammte dem Killer seinen Kopf auf den Solarplexus, bekam ihn dann an den Beinen zu fassen, noch bevor sein Gegner reflexartig keuchend ausatmete, und riss sie an den Knöcheln hoch.
Nun kippte der Mann endlich vom Hochsitz, und Ambler stürzte hinterher. Der Mann war
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