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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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unter ihm, was seinen Fall dämpfte.
    Mit raschen, geschickten Bewegungen riss Ambler dem Mann die mit Kevlar gefütterte Tarnjacke und seine Kakiweste herunter. Dann löste er den Gewehrriemen und benutzte ihn und das Koppel, um ihm die Hände auf dem Rücken zu fesseln. Die beiden mittleren Knöchel seiner rechten Hand waren gerötet und blutig, vermutlich gebrochen. Der Killer stöhnte vor Schmerzen.
    Ambler sah sich nach der Beretta um. Sie glänzte matt im
Dornengestrüpp der Multiflorarose, und er beschloss, sie vorerst nicht herauszuholen
    »Hinknien, G.I. Joe«, sagte Ambler. »Sie kennen die Stellung. Knöchel übereinander.«
    Der Mann gehorchte und bewegte sich widerstrebend, aber nicht unsicher, als habe er selbst schon andere gezwungen, diese Stellung einzunehmen. Er war offenbar in den amerikanischen Streitkräften ausgebildet worden – und vermutlich sogar in einer Spezialeinheit.
    »Ich glaub, ich hab mir die Rippen gebrochen, Mann«, sagte der Killer mit leiser, gepresster Stimme. Tiefster Süden ... Missouri, vermutete Ambler.
    »Sie werden’s überleben«, sagte Ambler knapp. »Oder auch nicht. Das müssen wir zwei wohl klären, stimmt’s?«
    »Ich glaub, Sie verstehen Ihre Lage nicht«, sagte der Mann.
    »Genau deshalb müssen Sie mir helfen«, erklärte Ambler ihm. Er tastete die Hosentaschen des anderen ab und zog ein taktisches Klappmesser heraus. »Wir veranstalten jetzt eine kleine Mutprobe.« Er arretierte die Wellenschliffklinge und hielt sie dicht ans Gesicht des Mannes. »Sehen Sie, ich habe nicht viel Zeit. Deshalb möchte ich, dass wir gleich zur Sache kommen.« Ambler bemühte sich, seine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Er musste ruhig und überlegen wirken. Und er musste sich auf das Gesicht des Knienden konzentrieren, während er ihn mit der Wellenschliffklinge bedrohte. »Frage Nummer eins. Arbeiten Sie allein?«
    »Natürlich nicht. Wir sind ein ganzer Haufen.«
    Der Kerl lügt. Das wusste Ambler trotz der abstumpfenden Wirkung des Carfentanyls, wie er’s immer wusste. Fragten Kollegen, woher er das wisse, gab er in unterschiedlichen Fällen unterschiedliche Antworten. In einem Fall war es vielleicht ein Zittern in der Stimme. In einem anderen ein Tonfall,
der allzu sanft und bewusst einschmeichelnd wirkte. Irgendetwas um die Mundwinkel. Irgendetwas um die Augen. Es gab immer irgendetwas.
    Consular Operations hatte sogar Wissenschaftler auf ihn angesetzt, um seine spezielle Begabung, die seines Wissens niemand sonst besaß, erforschen zu lassen. Er bezeichnete sie als Intuition. Intuition bedeutete, dass er sich seine Gabe selbst nicht erklären konnte. Manchmal fragte er sich sogar, ob seine Begabung nicht vielmehr eine Behinderung war, weil er außerstande war, nicht zu sehen. Die meisten Leute beurteilten das Gehörte nach dem Gesichtsausdruck des Sprechenden; sie ignorierten alles, was nicht zu der Erklärung passte, die sie sich zurechtgelegt hatten. Ambler fehlte diese Fähigkeit, störende Fakten oder Eindrücke auszublenden.
    »Sie sind also allein«, erklärte er dem Knienden. »Genau wie erwartet.«
    Der Mann protestierte, aber das klang nicht überzeugend.
    Selbst ohne zu wissen, wer sie waren oder was sie wollten, erkannte Ambler, dass sie sich ausgerechnet haben mussten, wie wenig wahrscheinlich es war, dass er gerade hier aufkreuzen würde. Es gab fünfzig weitere Orte, die er hätte aufsuchen können, und er vermutete, dass auch dort Leute postiert waren. Wegen der geringen Wahrscheinlichkeit und der kurzen Vorbereitungszeit würde überall nur ein Mann auf der Lauer liegen. Das war eine Frage der Ressourcen.
    »Nächste Frage. Wie heiße ich?«
    »Hat mir keiner gesagt«, antwortete der Mann verdrießlich.
    Das war geradezu unglaublich, aber der Mann sagte die Wahrheit.
    »Ich finde kein Foto der Zielperson in Ihren Taschen. Wie wollten Sie mich identifizieren?«

    »Foto gibt’s keines. Der Auftrag ist erst vor ein paar Stunden eingegangen. Mit Ihrer Personenbeschreibung: vierzig, gut einsachtzig, braunes Haar, blaue Augen. Für mich sind Sie bloß der Januarmann. Wer heute in dieser gottverlassenen Gegend auftauchte, musste im Prinzip der Gesuchte sein. So haben sie’s mir erklärt. Ich bin schließlich nicht auf einen Kongress der National Rifle Association geschickt worden, okay?«
    »Gut gemacht«, sagte Ambler. Diese Geschichte klang zwar merkwürdig, aber sie war nicht gelogen. »Sie haben die Wahrheit gesagt. Das merke ich immer, ob Sie’s

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