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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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Kontrolle hatte. »Wann war das, Laurel?«, fragte er schließlich.
    »Vor ungefähr zwanzig Minuten.« Die Gelassenheit war aus ihrer Stimme verschwunden.
    Zwölf Schichten Lack. Zwölf Schichten Entsetzen. »Hör mir jetzt ganz genau zu. Du musst sofort von dort verschwinden.«
    »Aber ...«
    »Du musst augenblicklich verschwinden.« Er gab ihr präzise Anweisungen. Sie sollte ihr Auto zur nächsten Reparaturwerkstatt fahren und dort eine Neujustierung des Lenkrads in Auftrag geben. Und dann mit einem Leihwagen weiterfahren, den man ihr dort geben würde. Ein einfacher, billiger Weg, an ein Auto zu kommen, das nicht so leicht zu ihr zurückverfolgt werden konnte.
    Dann sollte sie einfach losfahren. Irgendwohin, wo sie niemanden kannte.
    Sie hörte zu und wiederholte die Einzelheiten. Er merkte, dass sie sich jedes Detail einprägte. Sie vermied jede Panik, weil sie die Bedrohung in eine Serie von Anweisungen übersetzte, an die sie sich halten musste.

    »Ich schaffe das«, sagte sie mit einem tiefen Seufzer. »Aber ich muss dich treffen.«
    »Das ist unmöglich«, sagte er so sanft wie möglich.
    »Sonst schaffe ich es nicht«, sagte sie. Das war keine Bitte. Sie stellte einfach nur eine Tatsache fest. »Ich ...«, ihre Stimme schwankte. »Ich schaffe es sonst nicht.«
    »Ich fliege morgen nach Europa«, erklärte er.
    »Dann treffen wir uns heute Abend.«
    »Laurel, ich halte das für zu gefährlich.«
    »Ich muss dich heute Abend treffen«, wiederholte Laurel in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
     
    Spätabends stand Ambler am Fenster seines Zimmers, das im zwanzigsten Stock eines Motels beim Kennedy-Airport lag – er hatte darauf bestanden, dass er ein nach Norden gerichtetes Zimmer weit oben bekam – und beobachtete durch einen Regenvorhang den Verkehr auf der 140 th Street in Jamaica, Queens. Es schüttete schon seit einer Stunde wie aus Kübeln, die Abflusskanäle quollen über, die Straßen waren mit Schlamm bedeckt. Es war zwar wärmer als in Montreal, aber es herrschten auch hier winterliche Temperaturen, und die Nässe verstärkte Amblers Kältegefühl noch. Laurel wollte mit dem Auto kommen, bei diesem Wetter ein riskantes Unternehmen. Sein Herz begann bei der Vorstellung, dass er sie gleich treffen würde, schneller zu schlagen. Wahre Kälte spürte man erst, wenn man nicht mehr daran glaubte, dass es jemals wieder warm werden würde. Und für ihn war Laurel gerade die Einzige, die das Eis in seinem Inneren zum Schmelzen bringen konnte.
    Um dreiundzwanzig Uhr sah er durch sein Fernglas einen Chevrolet Cavalier heranfahren, auf den der Regen trommelte. Irgendwie ahnte er, dass Laurel darin saß, noch bevor er
durch die Windschutzscheibe einen Blick auf ihr zerzaustes, kastanienbraunes Haar erhaschte. Sie folgte seinen Anweisungen: Sie wartete eine Minute vor dem Hotel und bog dann wieder in den Verkehr ein, fuhr bis zur nächsten Ausfahrt und drehte dort um. Von seinem Zimmer aus hatte er einen guten Überblick über den Verkehrsfluss. Falls sie verfolgt wurde, würde es ihm nicht entgehen.
    Zehn Minuten später stand sie wieder vor der Hoteleinfahrt. Nachdem er sie auf ihrem Handy angerufen und ihr versichert hatte, dass ihr niemand gefolgt war, stieg sie aus dem Wagen. Sie presste ein in Plastik gewickeltes Bündel an ihre Brust, als sei es ihr wertvollster Besitz. Ein paar Minuten später klopfte sie an seine Zimmertür. Sobald sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, ließ sie ihren durchnässten blauen Nylonparka – der so nass war, wie nur angeblich wasserdichte Kleidung werden kann – zu Boden sinken und legte ihr Bündel auf den Teppich. Wortlos ging sie zu ihm und schmiegte sich an ihn. Sie hielten sich fest umschlungen und spürten den Herzschlag des anderen. Er umklammerte sie wie ein Ertrinkender einen Rettungsring. Einen endlosen Augenblick lang standen sie so da, eng umschlungen, beinahe regungslos. Dann küsste sie ihn.
    Einen Moment später löste er sich aus ihrer Umarmung. »Laurel, es ist so viel passiert ... Du darfst nichts überstürzen. Bitte sei vorsichtig. Du ... du willst das alles nicht«, sprudelte es aus ihm heraus.
    Sie sah ihn stumm und flehend an.
    »Laurel, ich weiß nicht, ob wir ...«, sagte er mit belegter Stimme.
    Er wusste, dass traumatische Erlebnisse manchmal zu Abhängigkeit führten, Emotionen und Perspektiven verzerren konnten. Sie sah immer noch ihren Retter in ihm und konnte
nicht akzeptieren, dass er sie überhaupt erst in Gefahr

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