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Ambra

Ambra

Titel: Ambra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Janesch
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habe gehört, dass es euch nicht besonders gutgeht, geschäftlich, meine ich. Mario bestellte zwei stille Wasser, die der Garçon sofort brachte und mit einer leichten Verbeugung auf das Cocktailtischchen vor ihnen stellte. Nachdem Mario sein Glas ausgetrunken hatte, erzählte er, dass Demoiselle Maya in den letzten Tagen in der Pfandleihe gewesen sei und ein paar Diamantohrringe bei Arkadiusz gelassen habe. Ein ganz schönes Sümmchen habe sie abkassiert, und später habe sie allen erzählt, dass es bloß schnöde Zirkoniasteine gewesenseien, die sie natürlich aber demnächst wieder abholen wolle, sie wolle schließlich niemanden betrügen. Aber erneut aufgetaucht sei sie seitdem nicht, oder?
    Kinga verschluckte sich an ihrem Wasser und versuchte den Hustenreiz zu unterdrücken. Erst erschien es ihr unwahrscheinlich, dass Maya sie nicht persönlich im Büro angetroffen hatte, immerhin verbrachte sie doch die meiste Zeit in der Pfandleihe. Dann aber fiel ihr der Tag ein, an dem sie ihre Migräne nicht bezwingen konnte und deshalb Arkadiusz gebeten hatte, sie zu vertreten. Von Bartosz war zu diesem Zeitpunkt schon keine Rede mehr gewesen. Künstliche Kristalle … Was war nur in ihn gefahren? War Arkadiusz doch so senil und unzuverlässig, wie Kröger einmal behauptet hatte, als er seine Taschenuhr als antik ausgegeben und Arkadiusz ihm geglaubt hatte?
    Alles ganz falsch, log Kinga. Das Geschäft läuft blendend. Sonst würde ich doch nicht auf die Idee kommen, in ein Casino zu gehen, oder? Hab bloß meine Brieftasche vergessen. Dumm von mir. Spielst du Black Jack?
    Die Frau mit dem Ballonkleid war noch immer da und flirtete mit dem Croupier. Mittlerweile hatte sich Kinga an das Umfeld gewöhnt und wurde wagemutiger. Da half es wenig, dass Mario ihr zuflüsterte, dass man weder in betrunkenem, verzweifeltem noch in einem sonstwie fragilen Zustand spielen solle. Aber der schwarze Jack war Kingas bester Freund, seit Kindertagen. Immer, wenn Emmerich nichts mit sich oder seiner Tochter anzufangen wusste, hatte er eines seiner Kartenspiele hervorgeholt. Anfangs hatten sie um Bonbons gespielt, später dann um geringe Geldbeträge.
    Woher Kingas Mut kam, beinahe all ihre Jetons auf ihr Feld zu legen und seelenruhig ihre erste Karte inEmpfang zu nehmen, blieb Mario unbegreiflich. Wie falsch er doch die Deutsche bei ihrem ersten Auftritt im Varieté eingeschätzt hatte: so schüchtern, so unbeholfen hatte sie gewirkt, als komme sie geradewegs aus der Schule und hätte bis dato am Rockzipfel der Mutter gehangen. Aber so konnte man sich täuschen.
    Noch in seinen Gedanken, hörte er Kinga sagen: Ein Siebener-Drilling. Einen Moment später bekam Kinga mehr Jetons, als sie selber fassen konnte. Lächelnd entwand ihr die fuchsiarote Frau einen Hundert-Zƚoty-Jeton und kehrte mit zwei Drinks zurück. Mario stand kopfschüttelnd neben ihr und nahm ihr das Glas ab. Langsam solltest du aufhören, finde ich. Meinst du nicht auch?
    Das nervöse Glitzern in Kingas Augen beunruhigte ihn, aber Kinga wollte nichts davon wissen, ihre Jetons an der Kasse umzutauschen und diesen Ort zu verlassen, vielleicht noch irgendwo ein Glas Sekt zu trinken, um dann Albina vor dem Rathaus all ihre Steinbaben abzukaufen. Kinga dürstete es nach dem Glück, das plötzlich in ihren Schoß fallen wollte. Nie dagewesene oder nie eingestandene Gedanken irrten durch ihren Kopf: Bartosz könne man entschädigen und mit dem Rest fliehen, egal wohin, zurück nach Deutschland, Südfrankreich oder in die Karibik, das alte oder ein brandneues Leben aufnehmen, es würde alles so einfach sein, hätte man nur genügend Geld. Schon als Kind war das doch ihr Traum gewesen: über genug Geld zu verfügen, nicht immer auf den Groschen zu schauen, nicht immer um das bisschen Taschengeld betteln zu müssen.
    Den Kopf voller Pläne, ging Kinga abermals hinüber zum Roulettetisch. Sie überhörte, wie Mario sie warnte, sie anflehte, doch mit ihm zur Kasse zu gehen, es fürdiesen Tag gut sein zu lassen, sonst könne er für nichts garantieren, und das wäre doch schade, bei dem ganzen Geld, das sie gewonnen habe, jetzt, wo es der Pfandleihe doch so schlecht gehe …
    Der Pfandleihe geht es nicht schlecht, sagte Kinga erneut und setzte alles, zwei-, dreitausend, auf Schwarz und Gerade. Ein paar Sekunden später, als die Kugel zum Liegen gekommen war, musste Mario sie beiseitenehmen und ein wenig schütteln. Mit blanken Augen hatte sie den Croupier angestarrt und darauf gewartet,

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