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Ambra

Ambra

Titel: Ambra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Janesch
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zwischen Schlafzimmer und Wohnzimmer, seine Freundin Gosia habe sich das so gewünscht, und wie er und ein paar Kumpels da standen mit ihren Spitzhacken und Hämmern, sei ihm plötzlich dieses Ding entgegengekommen. Der Schmuck und ein paar alte Dollarmünzen seien darin gewesen, das Geld habe er seinen Freunden gegeben, und übrig geblieben sei der Anhänger. Ob er nun etwas wert sei oder nicht? Wenn nicht, würde er ihn nämlich wieder einpacken und gehen, gleich beginne seine Schicht, und er müsse noch einmal zu Hause vorbei.
    Na ja, altes Silber … Bartosz sah mich fragend an. Diesmal nickte ich ihm zu, der Mann, soviel zumindest stand fest, hatte die Wahrheit gesagt. Ich sagte, dass das Schmuckstück sicher echt und somit antik sei. Und noch dazu jüdisch! Die Juden der Stadt, so selten wie –
    Weiße Mäuse! Arkadiusz hatte seine Lupe hervorgeholt und lachte.
    Nur wenn man verrückt ist, sieht man sie überall, überall …. ich hatte einmal einen Nachbarn, Maischein hieß der – ist das etwa kein jüdischer Name? –, der hatte schon vor dem Krieg in der Stadt gewohnt, und der hat von nichts anderem geredet, überall wollte der Juden sehen, die ganze Stadt sei voller Juden …
    Na und? Silber ist Silber! Der Mann nahm sein Schmuckstück an sich.
    Das ist nicht Silber, das ist Weißgold. Ich glaube, wir würden es sehr gern nehmen. Ein Blick zu Bartosz, der stürmisch nickte. So aufgeregt wie Arkadiusz plötzlich war, dachte ich, kannte der gleich mehrere, die sich für den Kauf eines solchen Objektes interessieren würden, falls es der Mann nicht wiederhaben wollte. Fünfhundert Zƚoty! Ach, was sage ich da, sechshundert, und Sie lassen es da!
    Ich schaute zu Bartosz, dem eigentlich das letzte Wort zustand, aber dessen Blick war plötzlich glasig geworden, als wenn ihn nichts von all dem mehr interessieren würde. Alles hinfällig, alles langweilig. Dann lächelte er, hob die Hand und stand auf. Ich sah nach draußen.
    Auf dem Bürgersteig stand Renia und versuchte, ihr vom Wind zerzaustes Haar zu bändigen. Von der Kälte waren ihre Nase und ihre Wangen ganz rot geworden und leuchteten fast so intensiv wie ihre Lippen. Sie zierte sich, blickte mal da, mal dort hin, ordnete ihren Schal und machte keine Anstalten hereinzukommen.
    Warum bittest du deine Freundin nicht zu uns? Arkadiusz klopfte Bartosz auf die Schulter und winkte unseren Kunden zu sich an den Schreibtisch. Er würde ihm nun das Prozedere erklären und den Vertrag ausstellen. Ich nickte dankbar.
    Bartosz war aufgestanden und suchte an der Garderobe nach seiner Jacke.
    Wir müssen sowieso jetzt los. Ihr kommt allein zurecht, oder?
    Ich winkte Renia zu. Arkadiusz hatte recht, warum sollte sie draußen stehen bleiben? Mir fiel ein, dass ich sie in den letzten Tagen fast überhaupt nicht gesehen hatte, und das, obwohl wir doch in derselben Wohnung lebten, theoretisch jedenfalls. In der Küche war nie eine Spur von ihr, und auch ihre Zimmertür war immer verschlossen gewesen.
    Ich hatte es auf ihre Arbeit geschoben, sicherlich gab es einige Veränderungen, seit ich nicht mehr am Collegium war, vielleicht traf sie sich auch mit Albina und Rokas – Albina sah ich schließlich ebenfalls kaum noch. Aber dass sie hier auftauchte und mir nicht Bescheid gesagt hatte, ja, nicht einmal hereinkommen mochte,das versetzte meinem Herzen einen Stich. Versuchte sie, mich zu meiden? Vielleicht hatte sie sich Ärger eingehandelt, wegen mir und meiner Kündigung, immerhin hatte sie mich eingeführt, und nun hatte ich mich nach wenigen Monaten wieder aus dem Staub gemacht.
    Als Renia bemerkte, dass ich aufgestanden war und mich in Richtung Tür bewegte, lächelte sie gequält und betrat nach einem kurzen Moment des Zögerns die Pfandleihe. Ich begrüßte sie und fragte, ob alles in Ordnung sei, ob sie noch einen Tee wolle, bevor sie losgingen, sie sei ja ganz verfroren. Sie schüttelte den Kopf. Nein, sie habe kaum Zeit mitgebracht, in letzter Zeit sei sie sehr beschäftigt, es wachse ihr alles ein wenig über den Kopf. Irgendwann würde sich ein bisschen Zeit finden, für einen Tee oder einen Kaffee, nur eben jetzt gerade nicht. Mir schien, dass sie abgenommen hatte: Ihre Wangenknochen traten hervor, ihre Augen wirkten größer.
    Ist wirklich alles in Ordnung?
    Ja, was denkst denn du? Widerwillen hatte sich ihrer Stimme beigemischt. Bartosz zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und sagte, dass er in ein, zwei Stunden wieder da sei. Ich verkniff mir die Frage,

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