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Ameisenroman

Ameisenroman

Titel: Ameisenroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. O. Wilson
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mit dem Hintern. Am nächsten Morgen rief er in Cyrus Semmes’ Büro an und verabredete sich mit ihm.
    Zwei Tage später stieg er um sieben Uhr morgens in den Bus von Clayville nach Mobile. Er hoffte, dass dies eine seiner letzten Busfahrten überhaupt war. Er hatteAinesley gesagt, das Erste, was er kaufen würde, wenn er einen Job hatte, sei ein eigenes Auto. Vom Busbahnhof am Bienville Square ging Raff zu Fuß hinüber zum Loding Building und fuhr mit dem Aufzug ins oberste Stockwerk.
    Cyrus holte seinen Neffen am Empfang ab, wobei er ihn umarmte.
    «Mein Gott. Ich kann gar nicht sagen, wie stolz ich auf dich bin, Scooter. Ich denke, wenigstens allmählich sollte ich anfangen, dich Raff zu nennen, oder wie wäre es mit
Mr. Cody
? ‹Scooter› wollen wir mal für deinen eigenen Sohn aufheben, wenn du jemals einen bekommst, und das hoffe ich natürlich. Ich weiß, dass die Codys auf der Seite deines Vaters auch unglaublich stolz sind. Eines sage ich dir: Du wirst der große Star in diesem Haufen Erbsenpicker. Hör mal, ich nehme dich zum Essen mit in den Cosmopolitan Club. Da will ich dir ein paar Freunde der Familie vorstellen, und wenn es dir Recht ist, reden wir ein bisschen über deine Zukunft.»
    Plaudernd wie Vater und Sohn spazierten sie zusammen die fünf Häuserblocks hinüber zum Bankhead Tower. Sie fuhren hinauf ins bewachte Obergeschoss und betraten das Allerheiligste von Mobiles wirtschaftlicher und professioneller Elite. Hände wurden geschüttelt, man klopfte sich auf die Schulter, knuffte sich gutmütig und lachte. Die meisten Männer waren zwischen vierzig und fünfzig, weiß wie ein Brautschleier und trugen Anzug und Krawatte. Man sah aber auch den Bürgermeister von Mobile und verstreut ein paar schwarze Führungsfiguren und Geschäftsleute. Fast alle Anwesenden sprachen mit Südstaaten-Akzent. Selbst die, die aus anderen Gegenden des Landes stammten, redeten etwas langsamer,dehnten die Silben und verschluckten bei der Endung ‹-ing› das ‹g›.
    Vereinzelt sah man auch gut gekleidete Frauen. Aus der Ungezwungenheit, in der sie mit den Männern sprachen und scherzten, war zu schließen, dass einige von ihnen selbst in Führungspositionen waren. Die anderen redeten in dieser anständigen Gesellschaft über sich selbst und waren ganz bestimmt samt und sonders Ehefrauen. Wer einmal eine Geliebte mit hierherbrachte, dessen Tage als Mitglied im Cosmopolitan Club waren gezählt.
    Cyrus wurde mit Raff im Gefolge in eine Ecke geführt, von wo aus man über den Mobile River sehen konnte. Raff stellte sich an das doppelte Eckfenster und blickte hinaus. Er starrte auf den Verkehr zwölf Stockwerke unter ihm, dann weiter hinten zum Cooper Riverside Park und auf das neue Convention Center. Ganz hinten im Süden konnte er Pinto Island sehen und die Nordwestküste der Bucht von Mobile. Er kniff die Augen zusammen, um die Stelle auszumachen, wo der Fluss in die Bucht mündete. Irgendwo da draußen auf dem Wasser war ein Urgroßvater auf Ainesleys Seite, der Schiffsingenieur war, bei einem Bootsbrand umgekommen. Raff versuchte sich diese Tragödie auszumalen. Jetzt bemerkte er einen Güterzug, der langsam aus dem Rangierbahnhof Richtung Norden fuhr. Man hörte ein lautes Pfeifen, eine Art nächtlicher Abschiedspfiff, der zuverlässig einen Hauch Melancholie aufbrachte.
    Aus den Alabama State Docks hatte ein Lotsenboot durch die Bucht Richtung Süden abgelegt und näherte sich den Untiefen vor Dauphin Island, wo es einen anderen Frachter von den Küstenlotsen übernehmen undsicher durch die Fahrrinnen der Bucht von Mobile geleiten würde.
    Raff war wieder zu Hause. Er hatte jetzt eine Perspektive, und als er sie so greifbar als Ganzes vor sich liegen sah, dachte er an das alte Mobile zu Zeiten, als Marybelle erbaut worden war, als die Handelsschiffe sich an den Spieren am Eingang zur Bucht drängten. Nördlich wie südlich gab es noch zusammenhängende Altbestände der Sumpfkiefersavanne. Die Leute, die im Stadtzentrum wohnten, konnten mit einem Planwagen an die Bucht fahren und aus dem noch unverschmutzten Wasser Krabben und Austern fischen. Der wirtschaftliche Motor von Alabama kam damals langsam in Fahrt, draußen auf den Plantagen und Anwesen an dem großen Fluss, der hier ins Meer mündete. In Ballen wurden Baumwolle und Tabak zu den Docks hinuntergeflößt. Zucker, Rum und Tropenholz trafen von den Westindischen Inseln ein, und alle erdenklichen Fabrikwaren kamen von der Atlantikküste und aus dem fernen

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