Ameisenroman
amerikanische Flagge überreicht bekommen, nachdem sie vom Sarg entfernt und dem Ritus gemäß gefaltet worden war.
Bei dem verabredeten gemeinsamen Essen richtete sich Cyrus’ Aufmerksamkeit schon bald auf Raff: Marcia hatte also richtig vermutet. Es ging um Scooter. Während der gesamten Mahlzeit wuchs ihre Spannung.
Ihre Vermutung bestätigte sich, als Cyrus von seinem Teller Okra und Cajun-Jambalaya aufsah, sich an den Jungen wandte und sagte: «Scooter, du bist jetzt fast erwachsen. Ich bin sehr stolz auf dich, mein Sohn. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was du mit dem Rest deines Lebens anstellen möchtest?»
Raffs Antwort kam ohne jedes Zögern. Das vergangene Jahr über hatte er seine Pläne Marcia und Ainesley schon ausführlich vorgestellt.
«Wenn ich aufs College gehen kann, möchte ich Förster werden oder vielleicht Naturforscher, oder vielleicht irgendwo Lehrer. Etwas, wo ich viel draußen arbeiten kann, weißt du. Ich glaube, das liegt mir ziemlich gut.»
Marcia hatte bereits ihre eigenen Pläne. Sie hatte für ihren Sohn eine ehrgeizigere Laufbahn beschlossen. Das wäre nur zu seinem eigenen Besten, überlegte sie. Das war sein durch Geburt erworbenes Recht. Er würde sicher seine Kinderspielereien hinter sich lassen und ein Erwachsenenleben anstreben, das mehr seiner sozialen Klasse entsprach. Raffs Leistungen bei den Pfadfindern hatten sie unendlich befriedigt, und sie hatte ihn für jeden neu erreichten Rang gelobt. Sein unternehmerischer Geist, den er in dieser Organisation unter Beweis stellte, fand sie, war schon ein gutes Vorzeichen dafür, dass er einen der Berufe ergreifen sollte, die in der Welt der Semmes aus Mobile zählten. Für den Augenblick aber wollte sie den harmonischen Abend nicht stören und behielt ihre Gedanken für sich.
Ainesley hatte da deutlich weniger Hemmungen.
«Marcia und ich sind in dieser Hinsicht unterschiedlicher Meinung, Cyrus. Ich habe Scooter immer wieder gesagt, dass nichts Schlechtes daran ist, wenn man draußen arbeiten möchte. Ich würde das wahrscheinlich auch tun, wenn ich nicht mein Leben in einem lausigen Eisenwarenladen oder so verbringen müsste. Aber damit kann man kein richtiges Geld verdienen. Ich an Raffs Stelle würde versuchen, irgendwo einen Job in einem großen Unternehmen zu finden und mich langsam hochzuarbeiten. Ich glaube, er könnte in Mobile etwas richtig Gutes finden, vielleicht wenn du ihm ein bisschen Starthilfe gibst, Cyrus.»
Marcia versuchte, Ainesley mit gerunzelter Stirn und leichtem Kopfschütteln zu bremsen, aber er ließ sich nicht aufhalten. Raff war eben auch sein Sohn.
«Noch etwas, das ich mir überlegt habe, ist das Militär.Da kann ein Mann was Ordentliches werden. Reich wird man nicht, aber man hat eine echte Sicherheit, wie Harry und Virginia drüben an der Egin Air Force Base. Aber wenn Scooter diesen Weg einschlägt, muss er natürlich verdammt sicher sein, dass er es in eine Offiziersschule schafft.»
Alle, die um den Tisch saßen, wussten, dass die Codys auf keinen Fall mehr erreichen konnten, als den Pickup und ihren kleinen Bungalow zu halten, der ihnen in Clayville gehörte. Fürs College könnten sie vielleicht ein bisschen aushelfen, vielleicht auch eine Hypothek auf das Haus aufnehmen. Noch hofften sie, dass Raff für irgendein College ein Stipendium bekam. Vielleicht konnte er selbst mithelfen, indem er einen Nebenjob annahm oder im Sommer jobbte. Oder indem er ein Darlehen aufnahm. Diese Möglichkeiten schwebten ihnen vor, und sie hatten Raff versichert, dass er auf jeden Fall durchkommen würde. Soweit es von ihnen abhing, sollte er aufs College.
Cyrus hörte Ainesley zu und sagte dann lächelnd: «Trinken wir doch einen Kaffee, und wenn ihr wollt, gibt es auch Nachtisch, vielleicht einen Schluck von dem neuen Likör, den ich so mag. Scooter, geh du doch bitte hinüber in die Bibliothek und warte da ein bisschen. Ich habe etwas mit deinen Eltern allein zu besprechen. Ich glaube, wir bekommen von diesem Pekannusskuchen, den du so gern magst. Ich lass dir ein Stück davon bringen und einen Kakao, während du wartest.»
Raff stand auf, schlenderte durch die Doppeltür des Esszimmers und ging in die Eingangshalle. Er blieb stehen und musterte das Ölgemälde seines Urgroßvaters Joshua Semmes, der dort in einer Armeeuniform aus demErsten Weltkrieg prangte, mit den blitzenden silbernen Eichenblättern eines Oberleutnants auf den Epauletten. Raff betrat die Bibliothek, schaltete das Licht an
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