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Ameisenroman

Ameisenroman

Titel: Ameisenroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. O. Wilson
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irritiert.
    Robbins hörte aufmerksam zu, als Raff die ganze Geschichte vom Nokobee heraussprudelte, einschließlich des Gesprächs, das er eben mit Onkel Cyrus geführt hatte. Robbins blieb ungerührt, saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl, die Augen halb geschlossen. Langsam drehte er zwischen den Fingern einen Bleistift wie einen Taktstock.
    Raff hatte sich in tiefe Verzweiflung geredet. Er war so angespannt, dass er kurz davor stand, in Tränen auszubrechen. «Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Ich dachte, ich könnte meinen Onkel um Hilfe bitten, aber das war eine einzige große Enttäuschung. Es tut mir leid, dass ich Sie so überfalle, ich wusste nicht, dass Sie gleich persönlich kommen würden, aber ich habe alle Ihre Artikel gelesen, und ich dachte, Sie wüssten vielleicht gerne über alles Bescheid und könnten mir helfen herauszufinden, was ich tun kann. Ich glaube nicht, dass Onkel Cyrus begreift, wo das Problem liegt. Oder wenn er es begreift, dann ist es ihm egal. Das wäre sogar noch schlimmer. Er hat überhaupt keine Vorstellung davon, was einen natürlichen Lebensraum ausmacht, und er ist offenbar so verbissen in seine Aktivitäten, dass ich nicht glaube, dass er helfen würde, selbst wenn er es wirklich begreifen würde.»
    Während er redete, legte sich Raffs Wut etwas. Sie wurde nun durch ein Anflug von Schuldgefühl gemindert. Raff wollte sichergehen, dass Cyrus von diesem Gespräch nichts erfuhr. Also fügte er noch schnell hinzu: «Können wir das alles vertraulich behandeln?»
    Robbins nickte und erwiderte ganz ruhig: «Natürlich.» Dann legte er den Stift hin und hob die Hände; beruhigend spreizte er dabei die Finger.
    «Hör zu, entspann dich, Kleiner. Du hast dir die Sache ganz allein aufgeladen, und du wirst darunter zusammenbrechen, wenn du so weitermachst. Zuallererst will ich dir sagen, dass du nicht allein bist, Raphael. Darf ich Raphael sagen?»
    «Also, Raff wäre mir eigentlich lieber.»
    «Okay, Raff. Natürlich weißt du, dass du nicht der einzige Naturschützer in Alabama bist. Aber ganz besonders sollst du jetzt gleich wissen, dass sich eine ganze Menge Leute um den Nokobee kümmern. Sie wissen, dass das einer der letzten und besten Altbestände von Sumpfkieferwald in diesem Teil des Bundesstaates ist. Und falls du es noch nicht wusstest, da leben ja auch ein paar bedrohte Arten. Anders gesagt, das ist ein Hotspot der Biodiversität. Und durch den Lake Nokobee kommt noch jede Menge aquatische Biodiversität dazu. Das alles müssen wir schützen. Jeder, der sich in diesem Gebiet auskennt, ist dieser Meinung.» Robbins hielt inne.
    Raff blickte schweigend zu Boden und wartete, dass der Journalist weitersprach.
    «Aber trotz allem», fuhr Robbins fort, «hat dein Onkel Cyrus in einem Punkt Recht. Der gesamte Nokobee Tract ließe sich mit einem Schlag vernichten. Dazu bräuchte man nur eine dieser riesigen Kreissägen und einpaar Bulldozer. Dazu ein erfahrenes Team, und dann wäre da praktisch alles weg, bevor man nur selbst an Ort und Stelle wäre. Ein paar Leute von uns, die die Geschichte verfolgt haben, hatten gehofft, der Jepson Trust könnte den Nokobee dem Staat Alabama als Naturreservat schenken und dafür einen ordentlichen Steuernachlass einstreichen. Aber die Eigentümer wohnen gar nicht mehr in der Gegend, und aus der Entfernung ist ihnen das Ganze nicht so viel wert, dass sie etwas unternehmen würden, leider. Außerdem habe ich noch gehört, dass ein paar der Strippenzieher dort aus Fehlinvestitionen Schaden gezogen haben. Sie brauchen so viel Bares auf den Tisch wie nur möglich, und das so schnell sie es kriegen können.»
    Raffs gutes Gefühl verschwand genauso schnell wieder, wie es aufgekommen war. «Aber wer kümmert sich denn dann?», fragte er.
    «Eine Menge Leute, Raff, eine Menge Leute. Du bist zufällig genau an den Richtigen geraten, um dich darüber zu informieren. Letzten Herbst habe ich über das Gebiet einen ziemlich ausführlichen Artikel geschrieben, und der hat wirklich etwas bewirkt. Ich wundere mich, dass du ihn nicht gelesen hast. Aber wahrscheinlich warst du da drüben an der FSU. Ich habe dafür eine Auszeichnung vom Bundesverband der Umweltjournalisten bekommen. Und ich erwähne den Nokobee auch bei jeder Gelegenheit, bei meinen Vorträgen über ‹die letzten Paradiese› hier in Mobile und an der Küste. Dann gibt es noch mehrere Privatorganisationen, die sich besonders für den Schutz des Nokobee interessieren. Der Umweltbund

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