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Amelia Peabody 01: Im Schatten des Todes

Titel: Amelia Peabody 01: Im Schatten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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davon erfahren?«
    Darauf gab sie mir keine Antwort. Ich wußte auch so, daß sie ihm in ihrer Offenheit, die Teil ihres Wesens war, alles beichten würde. »Amelia«, schlug sie traurig vor, »wir wollen lieber das Thema wechseln. Ich wollte nur sagen, wie erleichtert ich war, daß Alberto ein ganz gewöhnlicher Mensch aus Fleisch und Blut ist. Wir sind mit ihm fertig. Aber daß er uns hierher folgte …«
    »Ja … Ich überlegte mir schon, ob sich dein Großvater nicht vielleicht doch erholt haben könnte. Oder ob er, im Gegenteil …«
    »Amelia, wie zynisch du bist – und wie klug! Ich hoffe …«
    »Nicht zuviel hoffen, Evelyn«, warnte ich. »Morgen werde ich versuchen, etwas zu erfahren. Dann müßte ich Reis Hassan auch ein wenig drängen. Je eher wir von Kairo abreisen, desto besser ist es für uns beide.«
    »Ja«, meinte Evelyn und lächelte sehnsüchtig. »Hier sind Menschen, die ich nicht gerne sehen mag. Aber Walter wird auch nicht mehr lange hiersein. Er reist mit seinem Bruder in zwei Tagen ab. Den Namen des Ortes habe ich vergessen. Ich weiß nur, daß dieser Platz einige hundert Meilen weiter südlich liegt. Es sind die Ruinen der Stadt des ketzerischen Pharao.«
    »Also Amarna«, antwortete ich. »Nun, liebes Kind, wir wollen zu Bett gehen. Es war ein sehr ermüdender Tag.«
    Doch der Tag war noch immer nicht vorüber. Evelyn schlief fast sofort ein, denn sie war sehr erschöpft. Ich wälzte mich ruhelos unter meinem Moskitonetz. Evelyns Bett stand auf der anderen Seite des Raumes in der unmittelbaren Nähe eines Fensters, vor dem sich ein kleiner Balkon befand. Ich hatte die Läden nicht geschlossen, da die Nachtluft so herrlich kühl und klar war. Ein breiter Streifen Mondlicht fiel durch das Fenster, doch die Ecken des großen Raumes lagen in tiefen Schatten. Ein Streifen Silberlicht fiel auch auf mein Bett.
    Seltsam, ich dachte über die Gebrüder Emerson nach. Walter und Evelyn … Wäre sie das, was zu sein sie vorgab – eine verarmte Adelige, die sich ihren Lebensunterhalt als meine Gesellschafterin verdiente –, so wäre eine Heirat zwischen den beiden recht passend gewesen. Ich nahm jedoch an, daß der ältere Bruder den jüngeren scharf unter Kontrolle hielt, daß aber auch nicht so viel Geld da war, daß der Jüngere sich eine Frau leisten konnte. Und wenn Emerson die Wahl hatte, dann entschied er sich immer für seine Ausgrabungen, und sein Bruder hatte das Nachsehen. Arme Evelyn, sie mußte Walter wohl die Wahrheit sagen. Die würde keinem Mann gefallen. Vielleicht schluckte er sie und heiratete Evelyn, um ihr dann sein Leben lang seinen Edelmut vorzuhalten, daß er ihr verziehen habe. Und das wäre unerträglich.
    Ich wälzte mich ruhelos in meinem Bett herum. Vor dem Fenster quäkte etwas. Ein breiter Streifen Mondlicht fiel nun direkt auf mein Bett. Ich drehte mich der Wand zu, um von ihm nicht wachgehalten zu werden, doch es nützte nichts. Da begann ich über Albertos Motiv, Evelyn zu folgen, scharf nachzudenken. Liebe traute ich diesem Burschen nicht zu. Er schien andere Aussichten gehabt zu haben, als er sie verließ. Vielleicht hatte ihn ein ganz anderer Plan nach Ägypten geführt, doch als er sah, daß Evelyn anscheinend unter dem Schutz einer reichen Dame stand – dafür hielt er mich ja –, hoffte er, etwas aus ihr herausholen zu können. Oder aus mir.
    Aus meinen Gedanken scheuchte mich ein Geräusch auf, das dem ähnlich war, welches ich vorher gehört hatte; es war nur jetzt viel näher und wurde wohl von einem lockeren Dielenbrett verursacht, das sich zwischen meinem Bett und dem Fenster befand. Ich kannte es gut; man trat ja öfter am Tag darauf. Ich drehte mich also auf den Rücken, um nachzusehen, ob Evelyn vielleicht aufgewacht und ans Fenster getreten sein könnte.
    Und da stand neben meinem Bett, so nahe, daß der Körper das Moskitonetz berührte, eine unglaubliche Gestalt. Sie schien in dicken weißen Nebel eingewickelt zu sein, so daß ich zwar kein Gesicht, wohl aber die Umrisse eines Körpers erkennen konnte. Sie hätte direkt aus dem Museum in Boulaq stammen können, wo Maspero seine kostbaren ägyptischen Herren und Damen aufbewahrte.
    Aber selbst im blassen Mondlicht wirkte die Gestalt lebendig; der bronzebraune Körper war nackt bis zur Taille, der breite Kragen bestand aus orangefarbenen und blauen Perlen, und die kunstvoll gefaltete Kopfbedeckung aus Leinen war rot und weiß gestreift.
    Ich war starr – nein, nicht vor Angst, das gewiß nicht!

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