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Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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nicht, zuzugestehen, daß ich nicht die Absicht hegte, mich ohne Licht voranzutasten. Ich rief Abdullah, mir die Laterne zu bringen. Beim Weitergehen hielt ich sie hoch.
    Stellen Sie sich eine hohle Kugel von etwa sechs Metern Durchmesser vor. Schneiden Sie diese Kugel in zwei Teile und verschließen Sie die offene Fläche bis auf einen schmalen Schlitz als Eingang. Von dieser Größe und Form war der Raum, den ich nun vor mir sah, obgleich sein Inneres im Gegensatz zu einer Kugel, die ja glatt wäre, zerklüftet und mit Felsvorsprüngen übersät war. Doch diese Betrachtungen stellte ich erst später an. Zunächst fesselte nichts anderes meine Aufmerksamkeit als die Gestalt, die mir zu Füßen ausgestreckt auf dem Boden lag.
    Er lag auf der Seite, die Knie angezogen und den Kopf zurückgebogen. Die Sehnen an seinem entblößten Hals sahen aus wie getrocknete Schnüre. Die eine Hand lag so nahe an meinem Schuh, daß ich fast auf sie getreten wäre. Meine eigene Hand war nicht so ruhig, wie ich mir gewünscht hätte. Das Zittern der Laterne, die ich hielt, ließ die Schatten schwanken, so daß die gekrümmten Finger nach meinem Fußgelenk zu greifen schienen.
    Ich hatte Photographien von Armadale gesehen, doch wenn ich nicht gewußt hätte, daß dies seine Leiche sein mußte, hätte ich dieses gräßliche Gesicht nicht erkannt. Im Leben hatte der junge Mann eher jungenhaft als stattlich ausgesehen, mit einem langen, schmalen Gesicht und feingeschnittenen Zügen, die seinen arabischen Spitznamen erklärten. Er hatte versucht, dieses fast weibliche Aussehen unter einem Schnurrbart, wie Kavalleristen ihn tragen, zu verbergen. Dieser Gesichtsschmuck fehlte nunmehr. Eine dicke Locke braunen Haares verdeckte seine Augen, und ich kann nicht sagen, daß ich das bedauert hätte.
    Während ich versuchte, das für mich untypische Zittern in den Griff zu bekommen, das mir durch den ganzen Körper lief, geschah etwas Unheimliches. Aus dem Schatten im rückwärtigen Teil der Höhle kam würdevollen Schrittes Bastet, die Katze, langsam angeschlichen und ließ sich mit aufgerichteten Ohren und gesträubten Schnurrhaaren neben dem Kopf des Leichnams nieder.
    Abdullahs Schreie, die immer aufgeregter wurden, rissen mich schließlich aus der Erstarrung, die mich befallen hatte. Ich rief ihm eine beruhigende Antwort zu; und meine Stimme, glaube ich, klang gefaßt. Doch bevor ich meinen treuen Vorarbeiter oder den neugierigen jungen Reporter herbeizitierte, kniete ich vor dem bedauernswerten Toten nieder und führte eine kurze Untersuchung durch.
    Der Schädel war unverletzt, und die sichtbaren Teile des Körpers zeigten keine Verwundung. Es war kein Blut zu sehen. Schließlich zwang ich mich, das trockene, tote Haar aus seiner Stirn zu streichen. Keine Verletzung verunzierte seine braungebrannte Haut. Doch in blättriger roter Farbe war die grobe Skizze einer Schlange aufgemalt – die Königskobra des Pharaos.

    Was in der folgenden Stunde geschah, überspringe ich – nicht etwa deshalb, wie Sie mir glauben dürfen, weil die Erinnerung daran unerträglich wäre (ich hatte schon öfter Schlimmeres erlebt) –, sondern weil in so kurzer Zeit so vieles passierte, daß eine eingehende Beschreibung zuviel Zeit in Anspruch nähme.
    Der Abtransport von Armadales Leiche war nicht schwierig, da wir nur fünfzehn Minuten vom Haus entfernt waren und unser tüchtiger Vorarbeiter Material mitgebracht hatte, aus dem man eine behelfsmäßige Trage bauen konnte. Die Schwierigkeit bestand darin, daß die Männer sich sträubten, den Toten zu berühren. Ich kannte die beiden gut und sah sie sogar als meine Freunde an. Noch nie zuvor hatte ich erlebt, daß sie Furcht zeigten. Doch nun bedurfte es meiner ganzen Überredungskunst, damit sie taten, was nötig war; und sobald sie den toten Körper in einem leeren Lagerraum abgelegt hatten, flohen die beiden Träger, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her.
    Ali Hassan grinste höhnisch, als er sie davonlaufen sah. »Sie werden nicht mehr in dem fluchbeladenen Grab arbeiten«, sagte er wie zu sich selbst. »Sie mögen zwar Narren sein, doch sie sind schlau genug, um die Toten zu fürchten.«
    »Schade, daß dir dieses Gefühl fehlt«, sagte ich. »Hier ist dein Geld, Ali Hassan. Du hast es zwar nicht verdient, weil du uns so in die Irre geführt hast, doch ich halte stets mein Wort. Merke dir gut: Falls du versuchen solltest, ins Grab einzudringen oder unsere Arbeit zu stören, werde ich den Zorn Sekhmets auf

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