Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
bleich, dafür hatte sie ein kräftiges Scharlachrot auf die Lippen aufgetragen. Die Wirkung war in höchstem Maße erschreckend; man wurde dabei unwillkürlich an die verderbten und liebreizenden Lamias und an die Vampire aus den Schauermärchen erinnert.
    Ebenso unwillkürlich wurde man an sein eigenes schmutzbeflecktes, unvorteilhaftes Kleid erinnert und fragte sich, ob Whiskeydunst den Geruch eines verschimmelten Knochens überlagerte oder umgekehrt. Selbst ich, die ich nicht leicht einzuschüchtern bin, war in meiner Selbstsicherheit erschüttert. Ich stellte fest, daß ich versuchte, mein Glas, das noch halb voll war, hinter einem Sofakissen zu verstecken.
    Obgleich der Augenblick der Verblüffung – Emerson stand wie ich vor Erstaunen wortlos da – endlos schien, dauerte es, glaube ich, nur ein oder zwei Sekunden, bis ich meine Fassung wiederfand. Ich erhob mich, begrüßte unsere Besucherin, schickte Wilkins hinaus und bot unserem Gast einen Stuhl und eine Tasse Tee an. Die Dame ließ sich auf dem Stuhl nieder, lehnte den Tee jedoch ab. Daraufhin sprach ich ihr mein Beileid wegen des schmerzlichen Verlustes aus, den sie vor kurzem erlitten hatte, und fügte hinzu, daß unser Berufsstand durch den Tod von Sir Henry eine große Einbuße erlitten habe.
    Diese Äußerung riß, wie ich gehofft hatte, Emerson aus seiner Erstarrung; er bewies sogar ein Mindestmaß an Takt, anstatt eine unhöfliche Bemerkung über Sir Henrys Unfähigkeit als Ägyptologe fallenzulassen. Nach Emersons Ansicht konnte nichts, nicht einmal der Tod des Betreffenden, die miserablen wissenschaftlichen Leistungen eines Mannes entschuldigen.
    Emerson war jedoch nicht so taktvoll, meinen Beileidsbekundungen beizupflichten oder selbst ein Wort der Anteilnahme zu äußern. »Äh … hmmm«, meinte er. »Äußerst unglückselig. Tat mir leid, als ich das erfuhr. Was zum Teufel meinen Sie, ist wohl aus Armadale geworden?«
    »Emerson«, fuhr ich dazwischen, »es ist jetzt wohl kaum der richtige Zeitpunkt, um …«
    »Ich bitte Sie, keine Entschuldigungen.« Die Dame erhob ihre grazile weiße Hand, die mit einem riesigen Trauerring aus geflochtenem Haar geschmückt war – Haar des verstorbenen Sir Henry vermutlich. Sie lächelte meinen Gemahl bezaubernd an. »Ich kenne Radcliffes gutes Herz viel zu genau, um mich von seinen schroffen Manieren täuschen zu lassen.«
    »Radcliffe« hatte sie gesagt! Der Vorname meines Gatten gefällt mir ganz und gar nicht, und ich hatte den Eindruck, daß es ihm genauso ging. Anstatt aber Mißfallen zu bekunden, grinste er nur albern wie ein Schuljunge.
    »Es war mir nicht bekannt, daß Sie meinen Mann bereits kennengelernt haben«, sagte ich und schaffte es dabei, mein Whiskeyglas hinter einer Schale voller Blütenblätter und Duftkräuter zu verstecken.
    »O ja«, meinte Lady Baskerville, wobei Emerson sie immer noch dümmlich angrinste. »Wir haben uns seit Jahren nicht mehr gesehen; doch in früheren Zeiten, als wir noch jung waren und begierig – begierig auf Ägypten, meine ich – pflegten wir häufig Umgang miteinander. Ich war damals noch blutjung – zu jung, fürchte ich, aber mein lieber Henry hat mein Herz im Sturm erobert.«
    Sie tupfte sich die Augen mit einem schwarzumrandeten Taschentuch.
    »Aber, aber«, meinte Emerson, im gleichen Tonfall, mit dem er zuweilen mit Ramses spricht. »Sie dürfen sich nicht unterkriegen lassen. Die Zeit heilt alle Wunden.«
    Das aus dem Munde eines Mannes, der wie ein Igel die Stacheln aufstellte, wenn man ihn zwang, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, und von dem man noch niemals eine Höflichkeitsfloskel gehört hatte! Immer näher ging er auf sie zu. Gleich würde er ihr die Schulter tätscheln.
    »Wie wahr«, sagte ich. »Lady Baskerville, das Wetter ist unfreundlich, und Sie sind bestimmt sehr müde. Ich hoffe, Sie bleiben zum Abendessen. Es wird in Kürze serviert.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen.« Lady Baskerville ließ die Hand mit dem Taschentuch sinken, das völlig trocken zu sein schien, und lächelte mich an. »Doch ich würde nicht im Traum daran denken, mich Ihnen zuzumuten. Ich wohne zur Zeit bei Freunden ganz in der Nähe, und sie erwarten mich heute abend zurück. Genau gesagt, wäre ich nicht so unhöflich, überraschend und uneingeladen hereingeplatzt, hätte mich nicht eine dringende Angelegenheit zu Ihnen geführt. Ich bin in geschäftlicher Sache hier.«
    »In der Tat«, sagte ich.
    »In der Tat?« Aus Emersons Echo war ein

Weitere Kostenlose Bücher