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Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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beschleunigte meine Vorbereitungen zum Aufbruch ins Tal.
    Obwohl ich früh dran war, stand Cyrus Vandergelt schon im Hof, als ich aus meinem Zimmer kam. Zum erstenmal sah ich ihn in Arbeitskleidung, anstatt in einem der schneeweißen Leinenanzüge. Seine Tweedjacke war ebenso gut geschnitten wie seine übliche Garderobe; sie hatte nur wenig Ähnlichkeit mit den schäbigen Kleidungsstücken, in die Emerson sich gewöhnlich hüllt. Auf dem Kopf hatte der Amerikaner einen militärisch wirkenden Sonnenhut mit einem rot-weiß-blauen Band. Diesen zog er bei meinem Anblick elegant und bot mir den Arm, um mich zum Frühstückstisch zu geleiten.
    Lady Baskerville nahm diese Mahlzeit selten mit uns zusammen ein. Die Männer hatten über die Gründe für ihr erhöhtes Ruhebedürfnis schon die verschiedensten Vermutungen angestellt; doch selbstverständlich wußte ich, daß sie die Zeit mit ihrer Toilette zubrachte, denn die Perfektion ihrer Erscheinung war offensichtlich das Ergebnis stundenlanger Arbeit.
    Stellen Sie sich also meine Überraschung vor, als wir die Dame bereits am Tisch sitzend vorfanden. An diesem Morgen hatte sie sich nicht die Zeit zum Schminken genommen, und deshalb sah sie so alt aus, wie sie wirklich war. Unter den Augen mit den geschwollenen Lidern lagen dunkle Ringe, und um ihren Mund hatten sich Sorgenfalten eingegraben. Vandergelt war so erschrocken von ihrem Anblick, daß er einen besorgten Ausruf von sich gab. Sie gestand, daß ihr keine ungestörte Nachtruhe vergönnt gewesen sei, und sie hätte das wohl noch weiter ausgeführt, wäre nicht Milverton – oder besser gesagt: Arthur Baskerville – unter Entschuldigungen, weil er verschlafen hatte, hereingestürmt.
    Von allen Anwesenden schien der Schuldige allein einen erfrischenden, traumlosen Schlaf genossen zu haben. Das dankbare Lächeln, das er mir immer wieder zuwarf, versicherte mir, daß seine Niedergeschlagenheit verflogen war.
    Das war ein weiteres Zeichen der Unreife, die mir bereits aufgefallen war; da er einer weiseren, älteren Person sein Herz ausgeschüttet hatte, fühlte er sich nun von jeglicher Verantwortung befreit.
    »Wo ist Miss Mary?« fragte er. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Ich bin sicher, daß Mrs. Emerson darauf brennt, ihren Gatten zu sehen.«
    »Wahrscheinlich versorgt sie ihre Mutter«, antwortete Lady Baskerville in dem scharfen Ton, den sie immer an den Tag legte, wenn sie von Madame Berengeria sprach. »Was haben Sie sich nur dabei gedacht, diese schreckliche Frau einzuladen? Aber da der Schaden nun nicht mehr abzuwenden ist, muß ich mich wohl damit abfinden. Allerdings weigere ich mich, allein mit ihr unter einem Dach zurückzubleiben.«
    »Dann begleiten Sie uns doch«, schlug Vandergelt vor. »Wir richten Ihnen ein hübsches, schattiges Eckchen her.«
    »Vielen Dank, mein Freund, aber ich bin zu müde. Nach dem, was ich letzte Nacht gesehen habe …«
    Vandergelt sprang auf das Stichwort an, gab seiner Besorgnis Ausdruck und wollte Einzelheiten wissen. Ich fasse die Antwort der Dame zusammen, um auf die Seufzer und theatralischen Übertreibungen verzichten zu können. Befreit von all diesen bedeutungslosen Ausschmückungen war sie ganz einfach: Da sie nicht habe schlafen können, sei sie ans Fenster gegangen und habe die sattsam bekannte weißgekleidete Gestalt durch die Bäume huschen sehen. Diese sei in Richtung der Felsen verschwunden.
    Ich sah Arthur an und erkannte an seinem treuherzigen Gesicht, was er beabsichtigte. Der junge Narr war kurz davor, auszurufen, daß auch wir die Frau in Weiß gesehen hatten – und das hätte die ganze Geschichte unserer mitternächtlichen Unterredung ans Tageslicht gebracht. Es war nötig, ihn aufzuhalten, ehe er etwas sagen konnte. Ich trat unter dem Tisch nach ihm, aber in meiner Hast verfehlte ich mein Ziel und landete einen kräftigen Treffer gegen Mr. Vandergelts Wade. Allerdings erfüllte auch das seinen Zweck; sein Schmerzensschrei und die darauf folgenden Entschuldigungen gaben Arthur Zeit, sich wieder zu fassen.
    Vandergelt flehte Lady Baskerville weiterhin an, uns zu begleiten, und als sie sich weigerte, erbot er sich, bei ihr zu bleiben.
    »Mein lieber Cyrus«, sagte sie mit einem liebevollen Lächeln, »Sie können es doch kaum noch erwarten, zu Ihrem widerlichen, schmutzigen Grab zu kommen. Nicht um alles in der Welt würde ich Sie dieser Gelegenheit berauben.«
    Daraus ergab sich eine ausgedehnte und törichte Erörterung; und schließlich wurde

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