Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein
morgen den Eingang zu unserer Pyramide entdeckt und müssen dabeisein, wenn unsere Männer den Gang abstützen.«
Ich hatte mich, während ich das sagte, unwillkürlich zu Bruder David umgedreht, doch sein Kollege antwortete: »Ja, wir haben gehört, daß Sie die Arbeiten an dem Friedhof endgültig eingestellt haben, und ich freue mich, daß Sie sich meine Mahnung zu Herzen genommen haben! Sie haben einen schwerwiegenden Irrtum begangen, aber zu guter Letzt haben Sie sich doch noch besonnen!«
Emersons Augen funkelten, aber er kann sich beherrschen, wenn es seinen Absichten dienlich ist. »Ah ja … Mr. Jones. Wir kamen eigentlich, um mit Ihnen über ein ernstes Thema zu sprechen. In der letzten Zeit gab es nicht nur hier, sondern auch in unserem Haus eine Reihe von schrecklichen Ereignissen.«
»Meinen Sie damit den Tod unseres armen Bruders Hamid?« fragte David.
»In den letzten zehn Tagen«, sagte Emerson, »ereigneten sich ein Mord, drei Einbrüche, ein Feuer hier in der Mission und ein weiteres draußen in der Wüste. Wie ich gehört habe, wurde Miß Charity ebenfalls angegriffen.«
»Irgendein ungezogenes Kind …«, begann Bruder David.
»Der in das Zimmer meines Sohnes eingebrochen ist, war kein Kind mehr.«
»Und Sie glauben, daß alle diese Ereignisse miteinander in Verbindung stehen?« fragte Bruder David zweifelnd. »Wie könnte das möglich sein? Die Einbrüche bei Ihnen und bei der Baronin haben doch nichts mit uns zu tun. Die kleinen Schwierigkeiten, mit denen wir hier zu kämpfen haben, haben wir doch vorhergesehen, aber mit viel Geduld werden wir …«
»Bah!« unterbrach ihn Emerson. »Ich habe Sie gewarnt, und ich werde es wieder tun. Die Gefahren, die uns alle bedrohen, mögen nicht von Ihnen allein verschuldet sein, aber Ihr unbeherrschtes Benehmen macht die Dinge nicht besser. Legen Sie sich doch nicht immer wieder mit dem Priester an, oder suchen Sie sich eine neue Bleibe.«
Bruder Ezekiel lächelte nur und sprach wieder über die Krone des Märtyrertums, wozu David andächtig schwieg.
Emerson drehte sich zu mir um. »Hier verschwenden wir nur unsere Zeit, Amelia. Laß uns gehen!«
»Auch Sie können die Erlösung und den Geist des Herrn erlangen, Bruder Emerson. Sie sind mir jederzeit willkommen, denn niemand kommt zum Herrn, nur durch mich!«
Glücklicherweise war Emerson gerade an der Tür, als er diese anmaßenden Sätze hörte, und ich konnte ihn mit einem energischen Stoß hinausbefördern.
Wir waren noch nicht weit gegangen, als wir plötzlich Schritte hinter uns hörten. Als wir uns umdrehten, sahen wir, wie Bruder David hinter uns herrannte.
»Glauben Sie wirklich, daß wir uns in Gefahr befinden?« keuchte er.
Emersons Augenbrauen zogen sich in die Höhe. »Weshalb, glauben Sie, bin ich wohl gekommen, wenn ich Sie nicht warnen wollte? Bestimmt nicht wegen Bruder Ezekiels reizender Gesellschaft!«
»Aber vielleicht übertreiben Sie die Gefahr«, beharrte der junge Mann. »Bruder Ezekiels Begeisterung läßt ihn manchmal die Vorsicht vergessen, aber die Heiligen des Herrn empfinden keine Furcht …«
»Aber wir Schwachen schon«, ergänzte Emerson trocken. »Schämen Sie sich nicht, es zuzugeben, Mr. Cabot!«
»Ich bin beunruhigt«, räumte David ein. »Aber ich behaupte, daß diese Ereignisse nichts mit unserer Arbeit hier zu tun haben.«
»Womit denn dann?« fragte Emerson interessiert.
David warf seine Hände in einer Verzweiflungsgeste in die Höhe. »Vielleicht sind wir zufällig in eine dunkle Verschwörung geraten.«
»Eine interessante Idee«, sagte Emerson.
»Aber was können wir tun?«
»Gehen«, sagte Emerson kühl.
»Das ist unmöglich. Damit ist Bruder Ezekiel niemals einverstanden …«
»Dann soll er bleiben, bis er geröstet wird«, sagte Emerson mitleidslos. »Nehmen Sie die junge Frau, und gehen Sie! Die Idee gefällt Ihnen nicht? Dann denken Sie noch einmal darüber nach. Wenn Ihre Vernunft über Ihre Ergebenheit gesiegt hat, werde ich Ihnen in jeder Beziehung helfen, aber die Entscheidung müssen Sie selbst treffen.«
»Ja, natürlich«, sagte David unglücklich, während er unentschlossen die Hände rang.
Wir gingen zurück zum Brunnen, wo wir wieder auf unsere Esel stiegen und davonritten. »Das war eine sehr interessante Begegnung, Peabody. Cabot weiß mit Sicherheit mehr, als er sagt. Würdest du mit mir wetten, welches Geheimnis er in seinem Herzen verbirgt?«
»Unsinn, Emerson. Er ist nicht schuldig, sondern feige. Zu feige, um zu
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