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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Zu viele Ladungen gingen verloren …«
    »Willst du mir damit andeuten, daß du in finanziellen Schwierigkeiten steckst, James?« bohrte ich. »Falls du dir Geld erhoffen solltest, bist du auf dem Holzweg.«
    »Nein, nein. Nein. Ich würde es nicht als Schwierigkeiten bezeichnen. Meine Verluste kann ich wieder wettmachen.« Augenzwinkernd legte er einen seiner Wurstfinger auf seine Lippen. »Streng geheim. Enorme Zukunftsaussichten. Da wäre nur eine Sache …«
    »Nein, James. Keinen Pfennig.«
    James blinzelte. »Ich will kein Geld«, meinte er in beleidigtem Ton. »Nähme selbst dann nichts, wenn du es mir anbieten würdest. Ich möchte dein liebendes Mutterherz für arme unglückliche Kinder …«
    »Wessen Kinder?« fragte ich neugierig.
    »Meine. Für wen würde ich sonst schon fragen.«
    »Für niemanden, James. Allein die Tatsache, wie wenig Mitgefühl du aufbringst, tut mir in der Seele weh. Aber weshalb brauchen deine Kinder mütterliche Betreuung? Du hast doch eine Ehefrau, glaube ich? Zumindest hattest du eine … Was hast du angestellt mit … mit …«
    An ihren Namen konnte ich mich nicht erinnern, und ich hatte zunächst den Eindruck, daß er James ebenfalls nicht einfiel. Sie gehörte zu den Frauen, die man am liebsten gleich wieder vergißt – beleibt, mit grobschlächtigen Gesichtszügen und einem Verstand, der so begrenzt und unflexibel war wie ihr schmallippiger Mund.
    »Elizabeth«, sagte James. »Ja, so heißt sie. Die arme Elizabeth. Sie leidet an einer Nervenkrankheit. Der Doktor hat … irgendeine Behandlung verschrieben … irgendwelche Heilquellen. Sie braucht völlige Ruhe, Erholung, Tapetenwechsel. Keine Kinder. Was mich anbelangt, so verschwinde ich in den Osten. Indien. Diese private Angelegenheit, von der ich sprach. Ich kehre als reicher Mann zurück, bedenke meine Worte! Das ist der Grund, Schwesterherz, warum ich an deinen guten Willen appelliere – nicht für mich, sondern für meine armen, verwaisten Kinder. Wirst du sie bei dir aufnehmen, Amelia? Nur für diesen Sommer. Ich bin in drei Monaten wieder zu Hause, und Emily – äh – Elizabeth – ist vermutlich schon früher zurück. Sechs Wochen, meinte der Arzt. Tust du mir den Gefallen, Amelia? Wegen … wegen der guten alten Zeiten?«
    »Also wirklich, James, das ist eine außergewöhnliche Bitte«, entfuhr es mir. »Was ist mit ihrer Ausbildung? Ich nehme an, daß Percy ein Gymnasium besucht –«
    »Privatlehrer«, erklärte James. »Die Schule ist nichts für Percy. Wird ihn schon nicht umbringen, eine Weile ohne Unterricht auszukommen. Ich halte nichts von zuviel Bildung. Zum Teufel, mein Sohn wird ein Gentleman. Ein Gentleman braucht keine Bildung.«
    Emerson schmunzelte. »Wo er recht hat, hat er recht.«
    Evelyn hatte er bereits für sich gewonnen. Sie ist ein liebes Mädchen und meine allerbeste Freundin, doch ihr hoffnungslos gütiges Naturell läßt sie vor jedem glattzüngigen Halunken kapitulieren; wenn es sich dann noch um Kinder dreht, die sie sowieso abgöttisch liebt (ihre Zuneigung zu Ramses ist der beste Beweis für ihre völlige Kritiklosigkeit auf diesem Gebiet), ist sie unrettbar verloren. Tränen schimmerten in ihren Augen; sie klatschte in die Hände und rief: »Oh, Amelia, natürlich erklärst du dich einverstanden. Wie könnte es anders sein? Die armen, liebenswerten Geschöpfe …«
    Zu meiner eigenen Rechtfertigung fühle ich mich geneigt, dem werten Leser zu erklären, weshalb ich nicht mit der impulsiven Warmherzigkeit reagierte, die eine Blutsverwandtschaft und familiäre Zuneigung doch eigentlich charakterisieren sollten. Erstere bedeutet mir nichts. Ich habe nie daran geglaubt, daß eine Geburt die betroffenen Parteien in irgendeiner Weise verpflichtet, nicht einmal die Eltern und das Kind, sobald die Phase der Abhängigkeit vorüber ist und der erwachsene Sprößling in der Lage ist, auf eigenen Füßen zu stehen, nachdem ihm jede Möglichkeit der Fürsorge und Bildung zuteil wurde. Im Gegensatz zu den Blutsbanden muß man sich Zuneigung verdienen. Wer meine Zuneigung besitzt, für den würde ich mein Leben hergeben, meine heilige Ehre und alle weltlichen Güter – und ich setze voraus, daß es sich im Gegenzug nicht anders verhält.
    Zwischen meinen Brüdern und mir hatte sich eine solche Zuneigung nie entwickelt. Ich war die Jüngste, und James, der älteste meiner Brüder, war sogar sieben Jahre älter als ich. Die anderen ignorierten mich ohnehin, und James war während meiner Kindheit

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