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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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zurecht. »Das verstehen Sie falsch, Professor. Ich bewundere, ich respektiere … Aber ich würde niemals annehmen …«
    »Schon gut«, erwiderte Emerson, den das Thema zu langweilen begann. »Demnach macht sich Budge einen faulen Lenz, was? Dann brauche ich auch keine Zeit auf ihn zu verschwenden. In einer Woche kehre ich nach London zurück. Wilbur – ach nein, Wilson. Vergewissern Sie sich, daß mein Studierzimmer für mich bereitsteht, ja? Es handelt sich um den Raum am Ende des Nordflügels.«
    »Aber dieser Raum ist vergeben an …« Der junge Mann schluckte betreten. »Ja, Professor. Natürlich werde ich mich darum kümmern.«
    Emerson und Walter verschwanden, um den Papyrus zu begutachten, und ich schleifte Ramses – gegen seinen heftigen Protest – in die Schriften- und Manuskriptsammlung. »Ich weiß, daß du dich ausschließlich für ägyptische Kunstschätze interessierst«, erklärte ich ihm. »Aber deine Allgemeinbildung ist schmählich vernachlässigt worden. Es wird Zeit, daß du dein Verständnis von Literatur und Geschichte aufbesserst.«
    Der für sein Alter ziemlich klein geratene Ramses konnte seine Nase – besser gesagt: seine Augen – kaum in Höhe der Ausstellungsvitrinen bringen. Nachdem wir den Shakespeare-Druckbogen und die Gutenberg-Bibel, die Chronik der Angelsachsen und die Handschriften der englischen Könige und Königinnen begutachtet hatten und ich ihm einen kurzen Vortrag gehalten hatte, widmeten wir uns dem Logbuch der H.M.S. Victory, dem Flaggschiff des heldenhaften Nelson. Ich war enttäuscht, wenn auch nicht überrascht, daß Ramses noch nie von dem großen Helden Nelson gehört hatte. Er beklagte sich, einen steifen Nacken zu haben; deshalb entschied ich nach meinen Ausführungen zur Schlacht von Trafalgar, daß er für diesen einen Tag vermutlich genug Wissenswertes erfahren hatte, und erlaubte ihm großzügig, mich in die ägyptischen Ausstellungsräume zu führen.
    Wie Ramses von der unheilbringenden Mumie erfahren hatte, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Ich hatte mich selbstverständlich bemüht, das Thema nicht in seiner Gegenwart aufzugreifen. Allerdings konnte man seine Fähigkeit zur Informationsbeschaffung, insbesondere bei Angelegenheiten, die ihn nichts angingen, schon als übersinnlich bezeichnen. Sein Gehör und seine Augen waren übernatürlich scharf entwickelt, und obwohl er sich widerwillig bereit erklärt hatte, das Lauschen einzustellen (»außer in Fällen, Mama, in denen andere, stärkere moralische Beweggründe überwiegen«), hielt Emerson seine Zunge unvorsichtigerweise gelegentlich nicht im Zaum.
    Wie auch immer, er hatte von der Sache Wind bekommen und gab das auch unumwunden zu, als ich ihn darauf ansprach, warum er andere, ihn normalerweise brennend interessierende Exponate links liegenließ und schnurstracks auf den Ausstellungsraum mit den Mumien zusteuerte. Seine diesbezügliche Offenheit rechne ich ihm hoch an; statt – wie von mir logischerweise erwartet – vorzuschieben, daß er unbedingt die Mumien in Augenschein nehmen wolle, weil er sich gerade mit diesem Aspekt der Ägyptologie auseinandersetzte, erwiderte er: »Den Zeitungen zufolge taucht exakt um diese Tageszeit häufig die als Seth-Priester verkleidete Person auf.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, weshalb du dich für die Geistesgestörtheit irgendeines armen Irren interessierst, Ramses.«
    »Wenn er überhaupt verrückt ist«, erwiderte Ramses vielsagend.
    Da ich das ebenfalls anzweifelte, konnte ich ihn für seine Vermutung nicht zurechtweisen. Allerdings war ich auch nicht in der Stimmung, darüber zu diskutieren – zumindest nicht mit Ramses –, deshalb schwieg ich.
    Der sogenannte Mumienraum erfreute sich bei Besuchern mit morbider oder abgeschmackter Phantasie einer großen Beliebtheit. An diesem Tag hatten sich die Museumsgäste um eine einzige Vitrine geschart, und es war ganz offensichtlich, daß irgendeine dramatische Vorstellung zum besten gegeben wurde. Als ich näher trat, bemerkte ich, daß die Aufmerksamkeit nicht dem Priester galt, sondern einer in dünne, fließende Gewänder gehüllten Frau. In ihr erkannte ich das spiritistische Medium, dessen Séancen vor einigen Jahren für Furore gesorgt hatten, bis ein Repräsentant der Gesellschaft zur Erforschung parapsychologischer Phänomene einen entlarvenden Artikel über ihre Methoden veröffentlicht hatte – die seiner Meinung nach noch plumper als die eines herkömmlichen Zauberkünstlers waren.
    Man

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