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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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rollen, senkte sich eine schwere Hand auf meinen Mund. Ein stählerner Arm drückte mich gegen die Matratze.

10. Kapitel

    Überfall um Mitternacht
     
    Ich gehöre nicht zu den zarten Wesen, die beim geringsten Anlaß in Ohnmacht fallen. Dank meiner sorgfältigen Studien alter Reliefs beherrschte ich sogar einige Ringergriffe, unter anderem, weil mein Mädchen Rose mir freundlicherweise gestattete, an ihr zu üben. Doch gegen diesen Gegner halfen mir weder Kraft noch Geschicklichkeit. Als ich das Knie hob, um ihm einen undamenhaften Stoß zu versetzen, wich er mir blitzschnell aus und ließ sich dann mit seinem ganzen Gewicht auf mich fallen, so daß ich weder Arme noch Beine bewegen konnte.
    Es war ein schlanker, kräftiger Körper mit stählernen Muskeln. Durch mein dünnes Leinenhemd spürte ich das nur allzu deutlich. Allmählich ließen meine Kräfte nach.
    Warme Lippen glitten meine Stirn und meine Wange entlang … zu meinem Ohr. »Ich bin hier, um zu helfen, nicht um Euch Schaden zuzufügen, Herrin.« Das Flüstern war kaum mehr als ein warmer, feuchter Hauch. »Vertraut mir.«
    Nun, mir blieb auch gar nichts anderes übrig. Er fuhr in Meroitisch fort und sprach sehr langsam und deutlich. »Wenn Ihr schreit, bedeutet das meinen Tod. Hört mich erst an. Ich lege mein Leben in Eure Hand, um meine guten Absichten zu beweisen.«
    Ich ließ mich überzeugen. Als er die Hand von meinem Mund nahm, schnappte ich nach Luft. Sein Körper war angespannt, aber er hielt mir nicht wieder den Mund zu. »Wer seid Ihr?« flüsterte ich.
    »Ihr werdet nicht die Wachen rufen?«
    »Nein. Außer … Seid Ihr allein?«
    Er verstand sofort, worauf ich hinauswollte. »Ich bin allein. Euer Mann und Euer Kind sind in Sicherheit. Sie schlafen.«
    »Was wollt Ihr hier? Wer seid Ihr?«
    »Ich will …« Das Wort war mir unbekannt, doch sein nächster Satz erklärte alles. »Es besteht Gefahr. Ihr müßt von hier (fliehen, fort?).«
    »Wir brauchen Kamele und Wasser«, fing ich an.
    »Das wird sich finden.«
    »Wann?«
    »Nach …« Er hielt inne.
    Aha, dachte ich. Mit einem »nach« hatte ich schon gerechnet.
    »Was wollt Ihr von uns?« fragte ich.
    »Heute habt Ihr zwei von meinem Volk gerettet. Sie sterben, sie leiden, Ihr habt ihnen geholfen zu (?)«
    »Dieses Wort verstehe ich nicht.«
    »Zu kommen, zu gehen und zu tun, was sie wollen.«
    »Aha!« In meiner Aufregung hatte ich zu laut gesprochen. Sofort senkte sich seine Hand wieder über meinen Mund. Als er sie wieder fortnahm, hauchte ich: »Ich verstehe. Ja, wir werden helfen. Was können wir tun?«
    »Wartet. Ein Bote wird kommen, er hat ein … bei sich. Traut nur dem Boten mit dem …«
    »Dem was ?«
    »Pssst!«
    »Ich kenne dieses Wort nicht! Es ist wichtig«, fügte ich hinzu – eine der größten Untertreibungen meines Lebens.
    Er atmete schnell und stoßweise. Nach einer Weile sagte er auf englisch: »Buch.«
    »Buch?«
    »Buch!« Sein ungeduldiges Flüstern erinnerte mich so sehr an Emerson, daß ich fast gelächelt hätte. »Buch. Englisches Buch.«
    »Oh. Welches?«
    »Ich gehe.« Er sprach wieder Meroitisch.
    »Wartet!! Ich habe Fragen, viele Fragen.«
    »Sie werden beantwortet werden. Ich gehe. Die Wachen (wechseln?) um Mitternacht.«
    »Wie ist Euer Name? Wie kann ich Euch finden?«
    »Niemand kann mich finden. Ich bin nur noch am Leben, weil keiner meinen Namen kennt.« Geschmeidig erhob er sich. Er hatte kein Gesicht und stand wie eine geschnitzte Säule in der Dunkelheit. Dann beugte er sich wieder über mein Ohr, und in seiner Stimme lag der Anflug eines Lachens, als er flüsterte: »Sie nennen mich den Freund der rekkit .«
     
    »Verd… S…!« brüllte Emerson.
    Ich tadelte ihn nicht, obwohl uns Ramses im Schneidersitz zu Füßen saß. Seine Ohren waren gespitzt wie die der großen Katze, die auf seinem Schoß thronte. Emerson war so erbost, daß er beim Versuch, seine Wut zu zügeln, vibrierte wie ein kochender Teekessel. Ihn weiter zu erzürnen, hätte sich nachteilig auf seine Gesundheit ausgewirkt.
    »Zuerst gerate ich in eine Geschichte hinein, die von deinem Lieblingsautor Rider Haggard stammen könnte«, fuhr Emerson heiser flüsternd fort. »Und jetzt muß ich mich mit einer weiteren Romanfigur befassen – oder, was noch schlimmer ist, einer englischen Märchengestalt. Robin Hood! Der Verteidiger der Armen gegen die adligen Unterdrücker …«
    »Ich weiß nicht, warum du dich beschwerst«, antwortete ich. »Genau das gleiche hast du gestern auch

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