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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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getan, und nun wissen wir, was die kleine Frau gemeint hat. Kein Wunder, daß sie in Ehrfurcht erstarrte. Sie muß dich für den heldenhaften und geheimnisvollen Verteidiger ihres Volkes gehalten haben. Du verstehst doch sicher, was das bedeutet, Emerson? Niemand weiß, wer er ist oder wie er aussieht. Es ist eine sehr romantische …«
    »Grrr«, knurrte Emerson. (Die Katze legte die Ohren an und knurrte zurück.) »Warum hast du bis heute morgen gewartet, um mir das zu erzählen, Peabody? Warum bist du nicht sofort zu mir gekommen?«
    Natürlich war das der wahre Grund seines Zorns. Obwohl Emerson es besser weiß, klammert er sich weiterhin an die vergebliche Hoffnung, ich würde mich doch noch in eines der zarten Frauenzimmer verwandeln – die leider typisch für unsere Gesellschaft sind – und mich ihm bei jedem Vorfall kreischend in die Arme werfen. Dabei wäre ihm das sicherlich gar nicht recht. Aber wie alle Männer kann er sich einfach nicht von seinen Illusionen verabschieden.
    »Da die Wachen um Mitternacht wechseln, mein Liebling«, antwortete ich.
    »Mitternacht? Es gibt kein …«
    »Ich habe frei übersetzt. Ganz gleich, welche Uhrzeit er meinte, sie stand offenbar kurz bevor. Und die Eile, mit der er sich verabschiedete, wies darauf hin, daß die neuen Wachen nicht auf seiner Seite stehen. Ich wollte keine Spitzel auf mich aufmerksam machen, indem ich mich ungewöhnlich verhielt.«
    »Aber du bist aufgestanden, um Amenit – Mentarit – oder wie auch immer dieses verdammte Frauenzimmer heißt, zu suchen …«
    »Daß ich aufgestanden hin, war nicht außergewöhnlich. Und Mentarit, sie war es, konnte ich nicht übersehen, denn auf dem Weg zum … äh … stolperte ich über sie. Sie schlief so fest, daß sie sich nicht einmal rührte.«
    »Betäubt«, murmelte Emerson.
    »Wahrscheinlich. Als ich sagte, daß ich über sie stolperte, meinte ich das ganz wörtlich, denn ich bin auf sie gefallen. Aber sie wachte um die gewöhnliche Zeit auf und benahm sich ganz wie immer.«
    Nachdenklich strich Emerson sich übers Kinn. Ramses tat das gleiche. Die Katze erhob sich anmutig und geschmeidig. Angespannt und mit peitschendem Schwanz stand sie da und beobachtete einen Vogel, der singend auf einem Zweig wippte.
    Die Luft war noch kühl und wohlriechend; die Lilien im Teich entfalteten ihre keuschen Blätter und warteten darauf, daß die ersten Sonnenstrahlen sie küßten. Alles hier war friedlich und voller Schönheit. Ich dachte an die schmutzige Dorfstraße, die verschlossenen und verrammelten Häuser, die Atmosphäre der Angst, die man fast mit Händen greifen konnte.
    »Wir dürfen nicht fort, ohne diesen armen Menschen zu helfen«, flüsterte ich.
    »Offensichtlich läßt man uns gar nicht fort, wenn wir es nicht tun«, lautete die gereizte Antwort meines Gatten. »Wir können es versuchen, aber verdammt, Peabody, ich glaube, die armen Teufel haben keine Chance.«
    »Sie waren doch in der Überzahl.«
    »Sie dürfen keine Waffen besitzen«, merkte Ramses an.
    Irgendwie – ich wagte nicht zu fragen, wo oder von wem – hatte er gelernt zu sprechen, ohne die Lippen zu bewegen, fast wie ein Bauchredner.
    »Sie müssen doch über Werkzeuge verfügen«, wandte ich ein. »Spaten, Pflugscharen …«
    »Man kann aus einer steinernen Pflugschar kein Schwert schmieden, Mama«, meinte Ramses. »Die herrschende Klasse hat eiserne Waffen. Dem gewöhnlichen Volk ist es unter Todesstrafe verboten, Gegenstände aus Eisen, ganz gleich welcher Art, zu besitzen.«
    »Woher weißt du das?« fragte ich.
    »Wahrscheinlich von den Wachen«, antwortete Emerson. »Inzwischen ist er bei ihnen eine Art Maskottchen.«
    »Die Leute hier sind sehr kinderlieb«, sagte Ramses mit einer zynischen Abgebrühtheit, die mir das Blut gefrieren ließ. »Der Hauptmann (er heißt Harsetef) hat gelacht und mir den Kopf getätschelt, als ich bat, einmal seinen großen Eisenspeer halten zu dürfen. Er sagte, er hoffe, sein Sohn würde später ein so tapferer Junge werden wie ich.«
    Im Laufe des Vormittags beobachtete ich sorgfältig die Sklaven. Ich fragte mich, ob sie schon von unserem mutigen Einsatz für eine der ihren gehört hatten. Aber sie machten einen noch größeren Bogen um mich als sonst, und auf mein Lächeln und meine Versuche, ein Gespräch anzuknüpfen, erhielt ich keine Reaktion. Schließlich meinte Mentarit neugierig: »Warum sprecht Ihr mit den rekkit? Sie antworten nicht; sie sind wie Tiere.«
    Ich hielt ihr einen kleinen

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