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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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dem Unbekannten zu schützen, taten wir, was wir konnten. Emerson hatte bereits seine Kleider angezogen, und ich folgte seinem Beispiel. Ich schnallte meinen Gürtel um und hielt den Sonnenschirm in Reichweite. Da ich darauf bestand, steckte Emerson meine kleine Pistole und eine Schachtel mit Munition in seine Jackentasche. Er verabscheut Feuerwaffen und kommt auch sehr gut ohne sie aus, aber bei dieser Gelegenheit widersprach er mir nicht. Sein finsterer Gesichtsausdruck sagte mir, daß er, falls es zum Schlimmsten kommen sollte, die letzte Kugel genau so benutzen würde, wie ich selbst es getan hätte.
    Zusätzlich zu meinem nützlichen Sonnenschirm hatte ich mein Messer und eine Schere bei mir. Zwar war die Bewaffnung nicht ausreichend, um gegen eine ganze Stadt zu kämpfen, doch mich tröstete das Wissen, daß auch Schnellfeuer- oder Maschinengewehre uns nur wenig genützt hätten, solange nur wir beide da waren, um sie zu bedienen.
    Also saßen wir wartend herum, während die Schatten länger wurden und sich die bläuliche Dämmerung über die Landschaft senkte. Ich nutzte die Zeit, um mein Tagebuch auf den neuesten Stand zu bringen. Gerade war ich bei der Zeile »nur wir beide« angekommen, als mir plötzlich etwas einfiel. Ich ließ den Federhalter fallen. »Wo zum Teufel steckt eigentlich Ramses?« fragte ich.
    »Bitte etwas gewählter, Peabody«, rügte mich Emerson grinsend. »Er ist mit der Katze im Garten.«
    »Nun, dann hol ihn sofort. Wir müssen zusammenbleiben.«
    Ramses kam ohne Katze herein. »Hier bin ich, Mama, aber ich glaube nicht …«
    »Es ist ganz gleich, was du glaubst. Geh und zieh deinen Anzug an.«
    »Zu spät«, sagte Ramses ruhig.
    »Was soll das …«
    »Peabody.« Emerson hob die Hand. »Hör mal.«
    Ramses hatte sie natürlich zuerst gehört. Ein leises Stimmengewirr, das rasch zu einem gewaltigen Chor anschwoll. Ganz offensichtlich war es Gesang, begleitet vom Scheppern und Jaulen von Instrumenten. Ehe ich entscheiden konnte, ob es sich um ein gutes oder ein schlechtes Omen handelte, wurden die Vorhänge zurückgezogen, und die Musikerinnen kamen herein. Sie sangen und kreischten aus vollem Halse und bearbeiteten hingebungsvoll ihre Instrumente. Nach ihnen folgten einige Würdenträger – ich erkannte zwei, die auch beim Bankett gewesen waren – und drei Frauen. Ich starrte letztere neugierig an, denn ich erblickte die ersten weiblichen Wesen, die weder Mägde noch Sklavinnen waren.
    Allerdings blieb mir nicht die Zeit, sie länger zu betrachten, denn unsere Besucher kamen auf uns zu und schwenkten Gegenstände, die ich als Angriffswaffen erkannte. Meine Hand fuhr an den Gürtel. Eine Flamme flackerte auf und wurde heller, dann noch eine und noch eine. Mentarit – oder eine andere der Mägde – huschte lautlos durch den Raum und zündete die Lampen an. In ihrem Licht stellte ich fest, daß die Neuankömmlinge ein freundliches Lächeln auf den Gesichtern trugen. In der Hand hatten sie keine Waffen, sondern Kämme, Bürsten, Krüge, Vasen und Stoffbündel.
    Die Frauen scharten sich um mich; die Männer umringten Ramses und Emerson. »Was soll das?« entrüstete sich Emerson.
    »Ich glaube, sie wollen uns nur frischmachen, Emerson«, sagte ich. Eine der Frauen hatte einen Krug entkorkt und hielt ihn mir unter die Nase; es roch kräftig nach einem duftenden Kraut. Eine andere Frau zeigte mir ein zartes Leinengewand.
    »Und genau dagegen erhebe ich Einspruch …« – Sein Einspruch wurde von einem Niesen unterbrochen. Obwohl ich meinen Gatten nicht sehen konnte, weil die Männer einen Kreis um ihn bildeten, vermutete ich, daß man auch ihn an dem Duftöl hatte schnuppern lassen. Da er die Vergeblichkeit seines Widerstandes einsah, ließ er sich wegführen, aber ich hörte ihn noch, nachdem er schon längst außer Sichtweite war.
    Die Frauen begleiteten mich ins Badezimmer, wo uns einige Sklaven erwarteten. Einer von ihnen war ein junger Mann. Als sich diensteifrige Hände an meinen Kleidern zu schaffen machten, sträubte ich mich, doch erst nachdem Mentarit übersetzt hatte, verstanden die Frauen. Unter Gekicher und nachsichtigem Lächeln wurde der Jüngling hinausgeschickt. Ich meinerseits brauchte keine Übersetzung, um ihre Haltung zu begreifen: Für sie war er kein Mann, sondern ein Tier.
    Trotzdem wiesen ihre Gesichter und Gestalten darauf hin, daß Emerson mit seinen Vermutungen über Mischehen recht gehabt hatte. Die Frauen waren zwar recht hübsch – aber das hätte mit

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