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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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wörtlich ins Meroitische übersetzte. Tarek und seine beiden Männer, die für uns in Napata gearbeitet hatten, kannten als einzige diesen Titel und mußten ihn erwähnt haben; so hatte er sich herumgesprochen.
    »Verdammt«, sagte Emerson. »Damit hätte ich rechnen müssen … Aber du hast mich gehört«, fügte er in Meroitisch hinzu.
    Der junge Mann fuhr zusammen. »Die Stimme des Vaters der Flüche grollt wie der Donner, und seine Hand ist so schwer wie die des Gottes.«
    »Um Himmels willen, Emerson, was sollen wir tun?« rief ich aus. »Wir dürfen nicht zulassen, daß diese armen Burschen unseretwegen bestraft werden. Liegt es daran, daß sie uns nicht am Betreten des Friedhofs hindern konnten?«
    Emerson wiederholte die Frage auf meroitisch. Der junge Mann nickte. »Wir haben unsere Pflicht nicht erfüllt, und darauf steht der Tod. Nun werde ich den zweiten Tod sterben, weil ich Euch angehört und mit Euch gesprochen habe. Vater der Flüche, nehmt Eure Hand von mir, damit ich mit meinen Männern sterben kann.«
    »Ich glaube, du tust ihm weh, Emerson«, sagte ich. »Sein Arm ist schon ganz blau.«
    »Wenn ich ihn loslasse, läuft er davon«, antwortete Emerson nachdenklich. »Hierzulande ist Gnade vor Recht offenbar nicht üblich. Hmmm.«
    Der junge Offizier stand reglos und mit einem leeren Ausdruck im Gesicht da, als wäre er wirklich bereits tot. Emerson schien einen Augenblick nachzudenken und meinte dann zu mir. »Tritt bitte einen Schritt zurück, meine liebe Peabody.«
    Ich kam dieser Aufforderung nach und hielt mir als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme die Ohren zu.
    »Ich bin der Vater der Flüche!« brüllte Emerson, wobei er den jungen Mann schüttelte wie eine Puppe. »Wenn ich spreche, hören die Toten meine Worte und gehorchen! Wenn ich befehle, zittern die Götter! Die Kraft meiner Stimme wühlt den Himmel auf und läßt die Erde erbeben!«
    In diesem Stil fuhr er eine Zeitlang fort. Als er den Höhepunkt seiner Ansprache erreicht hatte, war eine verhältnismäßig große Menschenmenge zusammengeströmt: mehr als ein Dutzend Soldaten, einige Offiziere und ein Teil unseres Hofstaats. Unbemerkt wie ein Mäuschen waren auch ein paar der kleinen Diener herbeigehuscht. Ramses und Reggie kamen ebenfalls, gefolgt von der weißverhüllten Gestalt einer Magd (welche es war, konnte ich nicht feststellen).
    »Ich verbiete euch zu sterben!« rief Emerson. »Ihr seid meine Männer, ihr gehört dem Vater der Flüche! Hebt eure Speere auf!« Und mit einer ebenso anmutigen wie kräftigen Handbewegung stieß er den jungen Mann in Richtung seiner Waffen.
    Ich muß zugeben, daß es sich um eine von Emersons beeindruckendsten Vorstellungen handelte. Selbst ich verspürte den übermächtigen Drang, einen der Speere zu ergreifen.
    Ein Offizier versuchte, Einspruch zu erheben, während die Todgeweihten, die bereits viel fröhlicher dreinblickten, hastig dem Befehl nachkamen. Blitzschnell fuhr Emerson auf den Mann los: »Die Männer des Vaters der Flüche sind heilig. Keiner wagt es, sie anzurühren.«
    Dann wandte er sich um und bot mir den Arm. Als wir uns in unsere Gemächer begaben, zerstreute sich die Menge. Nur Ramses und Reggie blieben, um uns zu begrüßen. »Ich muß schon sagen, Herr Professor!« rief Reggie aus. »Das war … das war wirklich … äh … Worum ging es denn überhaupt?«
    Emerson ließ sich herab, es ihm zu erklären.
    »Eine ausgezeichnete Vorstellung, Liebling«, sagte ich. »Und sie hat uns bestimmt einige treue Anhänger eingebracht. Diese Männer verdanken dir ihr Leben.«
    »Verlaß dich lieber nicht darauf, Peabody. Aberglaube läßt sich nur schwer ausrotten. Und erfolgreiche Demagogen sind in totalitären Staaten nicht sonderlich beliebt.« Emersons Miene hellte sich auf, und er zuckte die breiten Schultern. »Aber mir blieb nichts anderes übrig. Und jetzt möchte ich baden. Wo stecken diese gräßlichen Diener? Nie sind sie da, wenn man sie braucht!«
    Nachdem wir gebadet und uns umgezogen hatten, setzten wir uns zu Tisch und ließen uns eine ausgezeichnete Mahlzeit schmecken. Ich sah mich gezwungen, Ramses zu tadeln, weil er mit den Fingern aß und seine Ellenbogen aufstützte. »Du verwandelst dich in einen richtigen kleinen Kuschiten, Ramses«, schimpfte ich. »Und dein Kopf ist immer noch kahl. Ich habe dir doch gesagt, du sollst dich nicht mehr rasieren lassen.«
    »Sie haben darauf bestanden, Mama«, erwiderte Ramses.
    »Dann mußt du eben hart bleiben. Ich werde nicht

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