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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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und lasen im flackernden Licht die Worte auf dem Papier.
    »Tutus sunt, liber sum, et dies ultionis meae est propinqua. Nolite timere pro filio vestro fortimissimo et astutissimo. Cum summa peritia et audacia ille viam suam ad me invenit. Conviemus in templo in die adventus dei. Usque ad illud tempus manete; facite nihil.«
    »Dem Himmel sei Dank«, flüsterte Emerson. »Unser Sohn ist in Sicherheit. Das ist seine Handschrift. Tarek muß es ihm diktiert haben.«
    »Einige der Ausdrücke weisen stark darauf hin, daß Ramses es nicht nur geschrieben, sondern auch selbst verfaßt hat«, erwiderte ich. »>Astutissimo<, du meine Güte! Wahrscheinlich hat er Lateinisch geschrieben, damit niemand die Botschaft versteht, falls sie abgefangen wird.«
    (Für diejenigen unter meinen Lesern, die die Sprache der Cäsaren nur unvollkommen beherrschen, füge ich eine Übersetzung bei: »Ich bin wohlauf, ich bin frei, und der Tag meiner Rache ist nah. Fürchtet nicht um Euren äußerst tapferen und klugen Sohn. Mit ungewöhnlichem Geschick und Mut hat er den Weg zu mir gefunden. Wir treffen uns im Tempel am Tage, da der Gott erscheint. Bis dahin wartet; unternehmt nichts.«)
    Emerson blies die Lampe aus. »Zurück ins Bett, Peabody. Wir haben viel zu besprechen.«
    »Ich habe das unangenehme Gefühl, daß uns jemand beobachtet, Emerson.«
    »Davon kannst du mit Gewißheit ausgehen, Liebling. Aber ich bin trotzdem froh, daß wir es riskiert haben. Jetzt, da ich weiß, daß Ramses in der Obhut unseres Freundes ist, kann ich ruhiger schlafen. Doch das Warten wird mir schwerfallen. Wir müssen herausfinden, wann die Zeremonie stattfindet.«
    »Das wollte ich dir gerade erzählen, als die Katze uns störte, Emerson. Sie findet in zwei Tagen statt – übermorgen.«
     
    Die Botschaft ließ Raum für unzählige Vermutungen. Wie hatte Ramses den Weg zu Tarek gefunden? Wo waren die beiden jetzt? Was hatte der Prinz genau vor? Offenbar war er sehr zuversichtlich, daß sich alles zu seinem Vorteil entwickeln würde. Aber wir waren uns einig, daß wir uns wohler fühlen würden, hätten wir seine Absichten gekannt. Tareks (oder Ramses’) Anordnung, nichts zu unternehmen, verärgerte Emerson ein wenig. »Das riecht mir eindeutig nach Kritik, Peabody. Findest du nicht auch? Ganz so, als ob wir bereits zu viel getan hätten. Und wie kann er von uns erwarten, daß wir drei Tage lang herumsitzen und Däumchen drehen? Das ist menschenunmöglich. Was ist, wenn seine Pläne scheitern?«
    Das alles waren berechtigte Fragen, doch leider fielen mir auch nicht mehr vernünftige Antworten ein als Emerson.
     
    Der nächste Tag ist mir als der zweifellos unangenehmste unseres gesamten Abenteuers in Erinnerung geblieben. Zu verdursten ist nicht unbedingt eine Erfahrung, auf deren Wiederholung ich großen Wert lege; jeden Augenblick mit Emersons gewaltsamem Tod rechnen zu müssen, war ebenfalls ein äußerst schmerzliches Erlebnis gewesen; und die Angst, Ramses könne für immer im felsigen Inneren der Klippen verschollen sein, hatte meine Nerven ernstlich in Mitleidenschaft gezogen. Doch im großen und ganzen ist jede Form des Handelns dem Warten vorzuziehen, besonders wenn man davon ausgehen muß, daß am Ende dieser Wartezeit ein gräßlicher Tod steht.
    Wir hatten alle uns möglichen Vorbereitungen getroffen. Ich hatte mich vergewissert, daß mein kleiner Revolver geladen und mein Messer griffbereit waren, und mich durch gymnastische Übungen für eventuelle körperliche Strapazen gestählt. Die Gymnastik hatte eine unerwartet angenehme Nebenwirkung. Sobald ich anfing zu springen, zu hüpfen und mit den Armen zu rudern, ergriffen die Diener panisch die Flucht. Wahrscheinlich hielten sie meine Bewegungen für eine Art Zaubertanz.
    Da Emerson und ich nun endlich unsere Ruhe hatten, nutzten wir die Zeit so gut wie möglich. Nur dank des Umstandes, daß jedem von uns die Gegenwart des anderen so lieb und teuer war, konnten wir den endlos langen Tag ertragen. Die Katze kam nicht zurück, obwohl ich einige Zeit an der Gartenmauer stand und nach ihr rief. Auch von Reggie oder Amenit erhielten wir keine Nachricht. Niemand erschien, weder um uns zu bedrohen, noch um uns zu beruhigen.
    Glücklicherweise jedoch stand uns kein weiterer solcher Tag bevor. Am späten Vormittag kamen sie uns holen, und als der Vorhang beiseite geschoben wurde, stieß Emerson einen tiefen, erleichterten Seufzer aus. »Wie ich gehofft und erwartet habe. Also geht es um zwölf Uhr mittags

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