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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Nach dem Fall des meroitischen Königreichs wurde der Heilige Berg zum Zufluchtsort für kuschitische Adlige. Dann gibt es noch eine dritte Sorte Einheimischer, die eigentlichen Ureinwohner, die nun als Dienstboten fungieren. Wenn man all diese Faktoren zusammennimmt und dazu noch bedenkt, was sich im Laufe der Zeit und durch die jahrhundertelange Abgeschiedenheit verändert hat, ist das Ergebnis eine Kultur, die noch viel fremdartiger ist als alles, was wir bislang gesehen haben. Wir können nur raten, wie das Leben hier abläuft, aber wir würden ein großes Risiko eingehen, wenn wir entsprechend unseren Vermutungen handeln. Gibst du mir recht?«
    »Gewiß, mein Liebling. Doch ohne deinen Vortrag kritisieren zu wollen, war es eigentlich überflüssig, so sehr ins Detail zu gehen, da ich zu derselben Schlußfolgerung gekommen bin. Tatsachen, Emerson, ich will Tatsachen hören!«
    »Hmmm«, brummte Emerson. »Tatsache ist, Peabody, daß ich seit unserer Ankunft nicht mehr unter vier Augen mit Tarek gesprochen habe. Er hat dich jeden Tag besucht, aber er ist immer nur ein paar Minuten geblieben, und stets war jemand bei ihm. Außerdem war ich nicht in der Stimmung für anthropologische Erörterungen.«
    »Ja, mein Liebling, ich verstehe, und ich weiß deine Sorge um mich sehr zu schätzen. Doch jetzt …«
    »Seit du wieder bei Bewußtsein bist, hat Tarek sich nicht mehr blicken lassen«, erwiderte Emerson ein wenig unwirsch. »Und ich konnte ihn schließlich nicht befragen, wenn er nicht da war. Schon bald habe ich festgestellt, daß sich bewaffnete Wachmänner im Vorzimmer befanden, die nicht bereit waren, mich vorbeizulassen. Aber, zum Teufel, Peabody, wir wissen nicht, warum sie dort stehen. Möglicherweise beschützen sie uns vor Gefahren, von denen wir nichts ahnen. Ich muß dich daran erinnern, daß Tarek nur Prinz ist, nicht König. Den König – oder die Königin – haben wir noch nicht zu Gesicht bekommen. In Meroë hatten die weiblichen Angehörigen der königlichen Familie große politische Macht, und das gleiche ist vielleicht auch hier der Fall.«
    »Das wäre ja wunderbar!« rief ich aus. »Was für ein Beispiel …«
    »Verdammt, Peabody, genau das habe ich befürchtet – daß du wieder voreilige Schlußfolgerungen ziehst. Ich versuche nur, dir zu vermitteln, daß wir uns zurückhalten müssen, solange wir nicht wissen, wer hier regiert und welche Einstellung man zu ungebetenen Gästen hat.«
    »Aber natürlich, Emerson. Und ich versuche nur, dir zu vermitteln, daß wir allmählich etwas unternehmen müssen, um diese Dinge in Erfahrung zu bringen. Ich bin wieder auf dem Damm und bereit, meinen Platz an deiner Seite einzunehmen.«
    »Das glaube ich dir gern«, antwortete Emerson, allerdings ohne die ehrliche Begeisterung, mit der ich gerechnet hatte. »Nun gut. Zuerst müssen wir Kontakt zu Tarek aufnehmen. Glaubst du, die allgegenwärtige weißverhüllte Säule würde ihm eine Nachricht überbringen? Wenn du sie davon überzeugst, daß du wieder völlig genesen bist, können wir vielleicht in Zukunft auf ihre Dienste verzichten«, fügte er hinzu, und diese Vorstellung versetzte ihn in sichtlich in bessere Laune. »Dieses verflixte Mädchen mit ihrem geisterhaften Herumschleichen geht mir allmählich auf die Nerven.«
     
    Amenit ließ keinen Zweifel daran, daß es unter ihrer Würde war, eine Nachricht zu überbringen, aber sie versprach, jemanden zu finden, der diesen Auftrag erledigte. Ich räumte ein, daß ich ihre Pflege nicht länger brauchte. Allerdings hatte dies nicht die von Emerson (und mir) erhoffte Wirkung; als ich so taktvoll, wie es meine immer noch begrenzten Sprachkenntnisse zuließen, andeutete, daß ihre Dienste nun nicht mehr benötigt wurden, gab sie vor, mich nicht zu verstehen.
    Wir hatten den ersten Schritt unternommen; jetzt blieb uns nur noch, die Antwort abzuwarten. Nach dem Mittagessen zogen wir uns zu einer kurzen Ruhepause zurück, wie sie in wärmeren Regionen üblich ist. Nicht zum erstenmal bedauerte ich den Verlust meiner kleinen Bibliothek. Ebensowenig könnte ich ohne meine Hosen reisen wie ohne meine Bücher – billige Taschenbuchausgaben meiner Lieblingsromane und philosophischer Werke –, denn ich verbrachte die Ruhezeit lieber lesend, da meine normalerweise robuste Gesundheit eine Extraportion Schlaf überflüssig macht. Selbstverständlich hatten sich meine Bücher unter dem Ballast befunden, den wir nach der Meuterei unserer Diener hatten zurücklassen

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