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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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erleichtert und wolle weitere Einzelheiten erfahren. Dieser Bitte entsprach ich, so gut ich es angesichts der beschränkten Möglichkeiten eines Telegramms und der notwendigen Verschwiegenheit vermochte. Ich wußte genau, daß die Bediensteten im Telegraphenamt in Luxor für Bestechung empfänglich waren. Und auch, daß die Schakale von der Presse diesen beklagenswerten Umstand kannten. Allerdings kann man in einem Land, dessen Bewohner weder über den Vorteil einer britischen Erziehung noch über ein zum Leben ausreichendes Einkommen verfügen, nichts anderes erwarten.
    Ich hatte versprochen, zu schreiben, und dieses Versprechen selbstverständlich auch gehalten. Jedoch bezweifelte ich, daß mein Brief jetzt schon eingetroffen war. Gewiß hatte Ramses noch nicht die Zeit für eine Antwort gehabt. Diesen Brief hier hatte er wahrscheinlich geschrieben, ehe er die schreckliche Nachricht vom Verschwinden seines Vaters erhielt.
    Hierin irrte ich, wie das Datum des Briefes bewies. Ich blickte zu Cyrus auf, der immer noch da stand und sich nicht setzen wollte, ehe ich ihn nicht dazu aufforderte.
    »Bleiben Sie, lieber Freund«, sagte ich. »Ich habe keine Geheimnisse vor Ihnen. Aber verraten Sie mir zuerst, wie mich dieser Brief so rasch erreichen konnte. Er wurde erst vor acht Tagen geschrieben, und der Postdampfer braucht allein elf Tage bis Port Said. Haben Sie etwa einen Flaschengeist in Ihren Diensten? Oder haben Sie einen Erfinder angestellt, der diese neue Flugmaschine, von der ich gelesen habe, zur Vollendung gebracht hat? Denn ich weiß, daß ich diese freudige Überraschung ganz sicher Ihren Bemühungen zu verdanken habe.«
    Cyrus machte ein verlegenes Gesicht, wie immer, wenn ich ihn lobte. »Wahrscheinlich ist er auf dem Landweg nach Marseilles oder Neapel gereist; der Expreßzug braucht ein oder zwei Tage, und mit einem schnellen Boot erreicht man in drei weiteren Tagen Alexandria. Ich habe einen Freund in Kairo gebeten, Ihre Post sofort nach ihrer Ankunft abzuholen und sie mit dem nächsten Zug weiterzuschicken.«
    »Und der Junge, der zwischen hier und Derut hin- und herfährt, ist einer Ihrer Diener? Ich danke Ihnen, Cyrus!«
    »Ich bin ebenso neugierig wie Sie«, sagte Cyrus errötend.
    »Vielleicht sogar noch mehr. Wollen Sie ihn denn nicht lesen?«
    »Ich fühle mich zwischen Vorfreude und Furcht hin- und hergerissen«, gab ich zu. »Und wenn es um Ramses’ Umtriebe geht, hege ich eher letztere Empfindung. Dieses Schreiben kommt mir sehr lang vor … Aha, nicht so lang, wie ich dachte; Ramses hat einige Ausschnitte aus Londoner Zeitungen beigelegt. Ein übles Geschmier! ›BERÜHMTER ÄGYPTOLOGE VERMISST, WAHRSCHEINLICH TOT …‹ ›ARCHÄOLOGENKREISE TRAUERN UM IHREN BERÜCHTIGSTEN VERTRETER …‹ Berüchtigt! So etwas hätte ich der Times nicht zugetraut, dem Mirror vielleicht, oder … Ach, verdammt! Laut Mirror bin ich völlig außer mit vor Trauer und in ärztlicher Behandlung; die World bringt eine Zeichnung vom Schauplatz des Mordes mit einer riesigen Blutlache; der Daily Yell … « Die Zeitungsausschnitte entglitten meiner zitternden Hand. Mit dumpfer Stimme sagte ich: »Der Artikel im Daily Yell ist von Kevin O’Connell. Ich bringe es nicht über mich, ihn zu lesen, Cyrus, ich kann es nicht. Kevins journalistische Meisterwerke haben in mir schon zu oft Mordgelüste geweckt. Ich erschaudere bei dem Gedanken, was er wohl diesmal geschrieben hat.«
    »Dann lesen Sie den Artikel nicht«, sagte Cyrus, während er sich bückte, um die verstreuten Ausschnitte einzusammeln. »Lassen Sie hören, was Ihr Sohn zu sagen hat.«
    »Sein Stil ist nicht viel besser als Kevins«, antwortete ich bedrückt.
    Und wirklich war die Einleitung der einzige Teil des Briefes, der meine angespannten Nerven beruhigte.
    »Liebste Mama, liebster Papa: Meine Hand zittert vor Freude und auch vor Angst, während ich die Zeilen zu Papier bringe. Denn viele endlose Stunden lang befürchtete ich schon, ich würde nie mehr die Gelegenheit haben, dieses Wort in der direkten Anrede zu verwenden. Endlos, sage ich, und so erschienen sie mir auch, obwohl in Wirklichkeit weniger als zwölf Tage verstrichen, ehe Mamas Telegramm unseren von tiefster Verzweiflung erfüllten Herzen neue Hoffnung schenkte. Onkel Walter hat die Nachricht mannhaft entgegengenommen, doch mit jeder Stunde schien er um ein Jahr gealtert. Tante Evelyn weinte ohne Unterlaß; Jerry und Bob mußten mit gewaltigen Mengen Biers getröstet werden und Rose durch die

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