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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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reichliche Anwendung von kaltem Wasser und Riechsalz. Um Nefrets schweigendes Leid und auch das meine zu schildern, fehlen mir die Worte. Nur Gargery behielt Fassung. ›Ich glaube es nicht‹, verkündete er unbeirrt. ›Alles erstunken und erlogen.‹ (Ich zitiere Gargery hier wörtlich, liebe Eltern; aufgewühlte Gefühle haben stets einen schädlichen Einfluß auf seine Ausdrucksweise.) ›Den Professor können sie nicht umbringen, selbst dann nich’, wenn sie ihn mit ’ner Lokomotive überfahren. Und von denen gibt’s ja nicht viele in Ägypten, soweit ich gehört habe. Und wenn’s doch so wäre, würde Madam keinen Arzt an sich herumdoktern lassen. Sie würde kreuz und quer durchs ganze Land stürmen, Leuten den Schädel einschlagen oder sie erschießen. Alles erstunken und erlogen. Mann kann eh nichts glauben, was in diesen Zeitungen steht.‹«
    Mein Vortrag dieses beachtlichen Stücks Literatur wurde von einer Reihe erstickter Geräusche unterbrochen. Cyrus hatte sein Taschentuch herausgezogen und tupfte sich, nach Luft schnappend, die tränenden Augen. »Entschuldigen Sie, liebe Amelia. Ich konnte nicht anders. Er ist … also wirklich … redet er auch so?«
    »Früher schon«, antwortete ich zähneknirschend. »Allerdings hat er seinen blumigen Stil nicht völlig abgelegt, sondern beschränkt ihn inzwischen nur auf die Schriftform. Soll ich weiterlesen?«
    »Ich bitte darum.«
    »Und wie Ihr seht, liebe Mama, lieber Papa, war Gargery der einzige von uns, der die Wahrheit ahnte. Ich hatte gewisse Bedenken, was die Genauigkeit eines journalistischen Berichts betraf, aber die Liebe eines Sohnes siegte in diesem Fall über den klaren Verstand.
    Bereits am Tag vor Erscheinen der Berichte bekamen wir einen Vorgeschmack auf die dräuende Tragödie, als einige verantwortungsvollere Journalisten versuchten, uns zu befragen, um den Wahrheitsgehalt ihrer Artikel zu überprüfen. Nach der ersten Anfrage von der Times, die Onkel Walter sich rundheraus zu beantworten weigerte, gingen wir nicht mehr ans Telephon. Ergebnis dieses Schritts war ein Ansturm ungebetener Besucher, die Presseausweise schwenkten und Einlaß begehrten. Überflüssig zu sagen, daß sie von unseren Getreuen in die Flucht geschlagen wurden. Allerdings wuchs unsere Sorge, und als am nächsten Morgen die Zeitungen eintrafen, konnten wir die Augen nicht mehr vor der Wahrheit verschließen, da sich die Berichte auf zuverlässige Quellen in Kairo und Luxor beriefen. Erst am Abend drang ein Bote mit Eurem Telegramm bis zu uns vor. Ach, welch Szene darauf folgte! Tante Evelyn weinte noch heftiger als zuvor. Rose erlitt einen hysterischen Anfall. Onkel Walter und Gargery schüttelten sich etwa zehn Minuten lang die Hand. Nefret und ich …«
    Ich hielt mir den Brief näher an die Augen. »Er hat etwas ausgestrichen«, sagte ich stirnrunzelnd. »Ich glaube, er hat ›fielen einander in die Arme‹ geschrieben, es aber mit ›verliehen unseren Gefühlen auf angemessene Art und Weise Ausdruck‹ ersetzt.«
    »Ach, so steht es also?« Cyrus war nicht mehr amüsiert. »Ich hoffe, Sie verstehen es nicht als Beleidigung, Amelia, wenn ich Ihnen sage, daß es nur eines gibt, was einen Mann davon abhalten könnte, Ihnen einen Heiratsantrag zu machen: diesem Jungen ein Vater sein zu müssen.«
    »Emerson ist der einzige, der dieser Aufgabe gewachsen ist«, antwortete ich. »Und glücklicherweise besteht keine Notwendigkeit, einen anderen Kandidaten ins Auge zu fassen. Wie geht es denn weiter … Ach, verdammt!«
    »Amelia!« rief Cyrus aus.
    »Entschuldigen Sie«, meinte ich, da ich über meinen unentschuldbaren Ausrutscher fast ebenso erschrocken war wie er. »Aber Ramses würde sogar einen Heiligen zum Fluchen bringen. Vier Seiten lang beschreibt er bis ins ermüdende Detail Gefühlsäußerungen, die in diesem Stadium nur noch von akademischem Interesse sind. Darauf folgt ein Absatz, in dem er mir eine wirkliche Hiobsbotschaft mitteilt. Hören Sie sich das an:«
    »Die einzig bedauerliche Folge des Glückstaumels, der auf das Eintreffen Eueres Telegramms folgte war, daß Bob und Jerry (unsere tapferen Türhüter) in jener Nacht ein wenig zu fest schliefen. Wie sie erklärten, habe das nicht am übermäßigen Biergenuß, sondern an der durch freudige Erleichterung hervorgerufenen Erschöpfung gelegen. Was auch immer die Ursache gewesen sein mag (und ich sehe keinen Grund, das Wort solch treuer Freunde in Frage zu stellen, die außerdem besser als ich in der Lage

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