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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gehofft hatte, in die Arme.
    Also war es beschlossene Sache. Überflüssig zu sagen, daß Evelyn und Walter dem Vorschlag begeistert zustimmten. Ich beeilte mich, die notwendigen Vorbereitungen für unsere Abreise zu treffen, ehe Emerson es sich anders überlegen konnte.
    Vor und auch nach der Abreise war er ein wenig bedrückt, und ich muß gestehen, daß mich, als der Dampfer vom Kai ablegte und ich den Zurückbleibenden zum Abschied winkte, unerwartet das Gefühl ergriff, etwas zu verlieren. Ich hatte nicht bemerkt, daß Ramses so groß geworden war. Er stand – natürlich – neben Nefret und sah sehr kräftig und selbständig aus. Evelyn stand an Nefrets anderer Seite und hatte den Arm um das Mädchen gelegt. Walter hielt den Arm seiner Frau und wedelte heftig mit seinem Taschentuch. Sie gaben ein hübsches Familienbild ab.
    Da wir für die Ausgrabungssaison rechtzeitig aufgebrochen waren, hatten wir beschlossen, von London aus mit dem Schiff nach Port Said zu fahren, anstatt die schnellere, aber unbequemere Reiseroute mit dem Zug nach Marseille oder Brindisi zu nehmen und von dort aus den Dampfer zu besteigen. Ich hoffte, die Schiffsreise würde Emerson wieder versöhnlich stimmen und seine Stimmung heben. Der Mond, der silbrig glänzende Strahlen auf das Wasser warf, als wir Hand in Hand über das Deck schlenderten, und der durch das Bullauge unserer Kabine schien, beflügelte mich unweigerlich zu den zärtlichsten Bekundungen ehelicher Zuneigung. Und ich muß sagen, es war eine angenehme Abwechslung, sich diesen Bekundungen hinzugeben, ohne sich dabei ständig zu fragen, ob wir Ramses wirklich in seiner Kabine eingeschlossen hatten.
    Emerson ließ sich nicht so schnell von dieser Atmosphäre anregen, wie ich gehofft hatte, und wurde gelegentlich von Anfällen düsterer Geistesabwesenheit ergriffen. Doch ich war mir sicher, daß sich seine Laune bessern würde, wenn wir erst einmal Fuß auf ägyptischen Boden gesetzt hatten, was nun in zwei Stunden der Fall sein würde. Ich bildete mir ein, bereits in der Ferne die Küstenlinie zu erkennen, und meine Finger tasteten sich näher an die starke braune Hand heran, die neben mir auf der Reling lag.
    »Wir sind bald da«, sagte ich fröhlich.
    »Hmmm«, brummte Emerson stirnrunzelnd.
    Er griff nicht nach meiner Hand. »Was zum Teufel ist los mit dir?« wollte ich wissen. »Schmollst du immer noch wegen Ramses?«
    »Ich schmolle nie«, brummte Emerson. »Was für ein Ausdruck. Taktgefühl zählt nicht zu deinen Stärken, Peabody, doch ich hatte erwartet, du würdest das Verständnis an den Tag legen, das du angeblich mir und meinen Gedanken entgegenbringst. Die Wahrheit ist, daß ich eine seltsame Vorahnung habe …«
    »Oh, Emerson, wie herrlich!« rief ich, unfähig, meine Begeisterung zu zügeln. »Ich wußte, daß sogar du eines Tages …«
    »Die Bezeichnung war schlecht gewählt«, erwiderte Emerson erbost. »Deine Vorahnungen, Amelia, sind lediglich Produkte deiner überschäumenden Phantasie. Mein … äh … unbehagliches Gefühl hat rationale Gründe.«
    »Das ist bei allen unheilverkündenden Vorahnungen so, auch bei meinen. Oder hältst du mich etwa für abergläubisch? Keine Spur! Vorahnungen und Omen sind das Ergebnis von Hinweisen, die vom Bewußtsein nicht wahrgenommen, aber vom stets wachen Teil des Gehirns gespeichert und gedeutet werden, das …«
    »Amelia!« Aufgeregt stellte ich fest, daß Emersons blaue Augen blitzten wie Saphire, was darauf hinwies, daß ihm allmählich der Geduldsfaden riß. Das Grübchen in seinem wohlgeformten Kinn (das er lieber »Spalte« nennt) zitterte bedrohlich. »Amelia, bist du daran interessiert, meine Meinung zu hören, oder willst du nur deine zum besten geben?«
    Unter gewöhnlichen Umständen hätte ich Spaß an einer dieser anregenden Auseinandersetzungen gehabt, die so oft unsere Ehe beleben, doch ich wollte das Glück dieses Augenblicks nicht trüben.
    »Ich bitte um Entschuldigung, mein lieber Emerson. Bitte sprich deine Vorahnungen bedenkenlos aus.«
    »Hmmm«, meinte Emerson. Einen Augenblick lang schwieg er – weil er die Ernsthaftigkeit meiner Aufforderung prüfen oder seine Gedanken ordnen wollte –, und ich überbrückte die Zeit, indem ich ihn mit der Bewunderung betrachtete, die sein Anblick stets in mir hervorruft. Der Wind blies ihm die Locken aus der Denkerstirn (denn er hatte es wie gewöhnlich abgelehnt, einen Hut aufzusetzen) und schmiegte ihm das Hemd an seine breite Brust (denn er hatte

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