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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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diesem Fall jedoch muß ich mich bei Ihnen entschuldigen. Ich hoffe, ich habe Sie nicht verletzt.«
    Er fing an, Neville mit solch kräftigem Eifer abzuklopfen, daß der Kopf des jungen Mannes hin und her schaukelte.
    »Hör auf damit, Emerson, und geh dich umziehen«, befahl ich. »Sie werden uns entschuldigen müssen, Mr. Neville, aber wir sind später dran als erwartet. Auf dem Tisch liegt ein Manuskript, das Sie vielleicht interessiert; ich hatte Sie um den Gefallen gebeten, früher zu kommen, weil ich Sie zu einigen Passagen befragen wollte.«
    Als ich die Schlafzimmertür hinter mir schloß, war Emerson schon im Bad und plantschte laut. Ich folgerte daraus, daß er einer Gardinenpredigt aus dem Weg gehen wollte – oder unangenehmen Fragen. Emerson neigt zu überstürzten Handlungen, aber er tut nie etwas ohne Grund (wie unzureichend dieser Grund auch Menschen mit weniger ausgebildetem Intellekt erscheinen mag). Hatte er einen Anlaß zum Argwohn, den er mir nicht mitteilen wollte?
    Allerdings gab er mir in diesem Augenblick keine Gelegenheit, die Sache weiterzuverfolgen. Er kleidete sich mit ungewöhnlicher Geschwindigkeit und ohne Genörgel an, während ich meine Waschungen vornahm. Ich mußte ihn aus dem Salon zurückrufen, damit er mit half, mein Kleid zuzuknöpfen. Die Ablenkungsmanöver, zu denen es während dieser Prozedur oft kommt, blieben diesmal aus.
    Ich trug ein Kleid in leuchtendem Scharlachrot, Emersons Lieblingsfarbe. Es entsprach der neuesten Mode, und ich hatte meine Schneiderin richtiggehend drängen müssen, damit es rechtzeitig fertig wurde. Emerson bedachte mich mit einem flüchtigen Blick und meinte: »Du siehst sehr hübsch aus, Liebling. Dieses Kleid hat mir schon immer gefallen.«
    Als wir in den Salon zurückkamen, versuchte Mr. Neville gerade, mit kurzsichtigen Augen das Manuskript zu entziffern, auf das ich ihn hingewiesen hatte. »Faszinierend!« rief er aus. »handelt es sich um Mr. Walter Emersons Übertragung der ›Geschichte vom verwunschenen Prinzen‹? Sie kommt mir soviel genauer vor als die Masperos .«
    » Masperos hieratische Kenntnisse mit denen meines Bruders zu vergleichen ist allein schon eine Beleidigung«, sagte Emerson grob. »Für Walter ist das eine triviale Aufgabe; er hat den Text nur in Hieroglyphen übertragen, um Mrs. Emerson einen Gefallen zu tun. Sie hatte Lust, ihn zu übersetzen, und ihre hieratischen …«
    »Vergleiche sind ebenso überflüssig wie unangebracht, Emerson«, sagte ich. »Ich habe noch nie behauptet, Expertin auf dem Gebiet des Hieratischen zu sein.«
    (Zur Information für den Laien sollte ich erläutern, daß es sich beim Hieratischen um die handschriftliche und verkürzte Form der Hieroglyphen handelt – in manchen Fällen ist sie so verkürzt, daß eine Ähnlichkeit mit der Originalform fast nicht mehr festzustellen ist. Walter war eine der führenden Autoritäten auf diesem Gebiet wie auch für andere Schriften des antiken Ägyptens. Bei mir war das nicht der Fall. Auch nicht bei Emerson.) »Eine faszinierende Geschichte«, stimmte Neville zu. »Vor allem jene Passage, wo …«
    »Dafür ist jetzt keine Zeit«, sagte Emerson. »Wenn es schon sein muß, bringen wir es hinter uns. Stützen Sie sich auf mich, Neville, ich lasse Sie schon nicht fallen. Amelia, du nimmst meinen anderen Arm; der verdammte Safragi hat das Licht ausgehen lassen, ich kann kaum sehen, wo ich hintrete.«
    Am anderen Ende des Flurs brannten die Lampen hell, und wir kamen schneller voran. Stolz durchfuhr mich, als wir die Treppe hinabschritten, denn alle Augen, besonders die der Damen, ruhten auf der Gestalt meines Gatten. Ohne ihre Aufmerksamkeit zu bemerken, denn in solchen Dingen ist er sehr bescheiden, ging Emerson voran in den Speisesaal, wo unsere Freunde schon warteten.
    Dieses Beisammensein am ersten Abend unserer Rückkehr nach Ägypten war zu einer angenehmen Tradition geworden. Als ich mich setzte, stellte ich betrübt fest, daß einige vertraute Gesichter fehlten – sie waren für immer von uns gegangen, bis zu dem freudigen Tag, wenn wir uns alle in einer besseren Welt dereinst wiedersehen würden. Ich wußte, daß für Reverend Sayce der Tod seines Freundes Mr. Wilbour im vergangenen Jahr einen tragischen Verlust bedeutet hatte. Ihre Hausboote, die »Istar« und die »Sieben Hathoren«, die stets gemeinsam den Nil hinauf und hinab segelten, waren jedem in Kairo ein Begriff gewesen. Nun mußte die »Istar« allein kreuzen, bis sie einst hinter dem

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