Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
Sonnenuntergang verschwinden und wieder zusammen mit der »Sieben Hathoren« auf dem breiten Fluß der Ewigkeit dahintreiben würde.
    Mr. Sayces spitzes Gesicht leuchtete freudig auf, als ich dieses poetische Gefühl zum Ausdruck brachte (schon wieder Poesie! Alle normalen Leser: aufgepaßt!). »Allerdings, Mrs. Emerson, tröstet uns nicht nur das Wissen, daß unsere Freunde uns einfach nur vorausgegangen sind, über unseren Verlust hinweg, sondern auch das Auftauchen neuer Arbeiter im Dienste des Wissens.«
    Ganz offensichtlich waren einige neue Gesichter anwesend – ein junger Mann namens Davies, den Mr. Newberry, der Botaniker, der mit Petrie in Hawara zusammengearbeitet hatte, als vielversprechenden Maler ägyptischer Szenen vorstellte; ein glattrasierter Amerikaner mit kantigem Kinn, der auf den Namen Reisner hörte und bei der internationalen Katalogisierungskommission des Kairoer Museums tätig war; und zu guter Letzt ein Herr Busch, ein ehemaliger Schüler von Ebers in Berlin. Emerson musterte die drei mit einem raubvogelähnlichen Glitzern im Blick. Er überlegte, ob sie für unseren Mitarbeiterstab in Frage kamen.
    Der vierte Fremde war schon älter und von bemerkenswertem Äußeren. Er hatte goldene Locken und leuchtende graue Augen mit dunklen Wimpern, um die ihn jede Frau beneidet hätte.
    Trotzdem war sein Gesichtsschnitt sehr männlich, sein Kiefer vielleicht sogar fast zu rechteckig. Obwohl ich ihn noch nie gesehen hatte, kannte Emerson ihn offenbar und begrüßte ihn mit einem kurzen Nicken. »Also sind Sie zurück. Das ist meine Frau.«
    Ich bin an Emersons schlechte Manieren gewöhnt. Deshalb gab ich dem Gentleman die Hand, der sie kräftig, aber sanft umfaßte. »Auf dieses Vergnügen habe ich mich schon lange gefreut, Mrs. Emerson. Ihr Mann hat vergessen, mich vorzustellen, ich heiße Vincey – Leopold Vincey, zu Ihren Diensten.«
    »Sie hätten dieses Vergnügen schon früher haben können, wenn Sie gewollt hätten«, knurrte Emerson und bedeutete mir, auf dem Stuhl Platz zu nehmen, den ein Kellner mir zurechtrückte. »Wo haben Sie denn seit dieser skandalösen Geschichte in Anatolien gesteckt? Hatten wohl Angst, sich blicken zu lassen.«
    Unseren Freunden ist Emersons unhöfliches Benehmen nicht neu, doch diese Anspielung – die ich nicht verstand – überstieg offenbar die Grenzen seiner sonstigen Taktlosigkeit. Ein erschrockenes Tuscheln ging um den Tisch. Mr. Vincey lächelte nur, aber in seinen grauen Augen lag ein trauriger Ausdruck.
    Mr. Neville beeilte sich, das Thema zu wechseln. »Ich hatte soeben die Ehre, Mr. Walter Emersons letzte Übertragung aus dem Hieratischen zu sehen. Er hat ›Den verwunschenen Prinzen‹ für Mrs. Emerson in Hieroglyphen übertragen.«
    »Wird das also Ihre nächste Übersetzung eines ägyptischen Märchens werden?« fragte Newberry. »Sie entwickeln sich auf diesem Gebiet zu einer Autorität, Mrs. Emerson; die … äh … dichterischen Freiheiten, die Sie sich bei dem Original nehmen, sind ziemlich … äh … ziemlich …«
    »Auf diese Weise mache ich sie einer allgemeinen Leserschaft zugänglicher«, erwiderte ich. »Und es besteht ganz sicherlich ein großes Interesse an solchen Geschichten. Die Parallelen zu europäischen Mythen und Legenden sind recht bemerkenswert. Sie kennen die Geschichte selbstverständlich, Mr. Vincey?«
    Mein Versuch, Emersons Fauxpas wieder wettzumachen, wurde verstanden und geschätzt. Mr. Vincey warf mir einen dankbaren Blick zu und antwortete: »Ich befürchte, ich habe die Einzelheiten vergessen, Mrs. Emerson. Es wäre mir ein Vergnügen, wenn Sie sie mir wieder ins Gedächtnis riefen.«
    »Dann werde ich Scheherazade spielen und Sie alle unterhalten«, sagte ich scherzhaft. »Es war einmal ein König, der hatte keinen Sohn …«
    »Wir alle kennen die Geschichte«, unterbrach Emerson. »Ich würde mich lieber mit Mr. Reisner über seine Studien in Harvard unterhalten.«
    »Später, Emerson. Also betete der König zu den Göt tern, und sie erfüllten seinen …«
    Es wäre sinnlos, Emersons ständige Unterbrechungen einzeln aufzuführen, die den glatten Erzählfluß störten, auf den ich eigentlich abzielte. Deshalb gebe ich das Märchen hier wieder, denn, wie Sie, werter Leser, schon noch feststellen werden, hatte es einen unerwarteten und fast unheimlichen Einfluß auf die folgenden Ereignisse. »Nachdem der kleine Prinz geboren war, kamen die sieben Hathoren, um ihm die Zukunft vorauszusagen. Sie sagten: ›Er wird

Weitere Kostenlose Bücher