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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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verlassen. Ich habe ihm heute nachmittag eine Nachricht geschickt.«
    Nachdem wir die angemessenen Begrüßungsrituale hinter uns gebracht hatten – nicht nur mit Abdullah, sondern auch mit seinen Söhnen Feisal und Selim und seinem Neffen Daoud –, bestiegen wir die bereitstehenden Esel und machten uns auf den Weg. Wie zum Teufel die Esel sehen konnten, wohin sie trabten, weiß ich nicht; ich konnte überhaupt nichts erkennen, nicht einmal, nachdem der Mond aufgegangen war, denn er war in der abnehmenden Phase und spendete nur wenig Licht. Die Gangart mancher Esel ist sehr unruhig, wenn sie in Trab fallen. Ich hatte den starken Eindruck, daß es den Tieren nicht gefiel, um diese Uhrzeit im Freien zu sein.
    Nach einem gräßlich unbequemen Ritt durch das Ackerland sah ich vor uns, am Rande der Wüste, den Lichtschein eines Feuers. Zwei weitere Männer, die zu unseren Helfern gehörten, erwarteten uns. Das kleine Lager, das sie errichtet hatten, war besser als das, was Abdullah für gewöhnlich zustande brachte; erleichtert stellte ich fest, daß für uns ein richtiges Zelt aufgestellt worden war, und der angenehme Duft von frischgebrühtem Kaffee stieg mir in die Nase.
    Emerson half mir von meinem Esel. »Weißt du noch, wie ich dir einmal gedroht habe, ich würde dich packen und in die Wüste verschleppen?«
    Ich blickte von Abdullah zu Feisal, zu Daoud, zu Selim, zu Mahmud, zu Ali, zu Mohammed. Sie umringten uns neugierig und mit strahlenden Gesichtern. »Du bist ja ein solcher Romantiker, Emerson«, sagte ich.
    Am nächsten Morgen jedoch, als ich aus dem Zelt kroch, war ich in besserer Stimmung, und beim Anblick der Landschaft packte mich wieder das archäologische Fieber. Meidum ist eine der vielversprechendsten Ausgrabungsstätten in Ägypten. Die Überreste des Friedhofs liegen zu Füßen der niedrigen Felshänge, die den Anfang der Wüste bedeuten. Nach Osten hin erstreckte sich das bebaute Land wie ein smaragdgrüner Teppich bis zum Fluß, der in den Strahlen der aufgehenden Sonne rötlich-gelb schimmerte. Auf dem Felshang ragte die Pyramide hoch in den Himmel, wobei ich zugeben muß, daß sie nicht gerade wie eine Pyramide aussieht. Die Ägypter nennen sie El Haram el-Kaddâb, »Die Falsche Pyramide«, denn sie erinnert mehr an einen rechteckigen Turm mit drei sich nach oben hin verengenden Stufen. Früher einmal hatte sie sieben Stufen gehabt wie eine richtige Stufenpyramide. Die Winkel dazwischen waren mit Steinen aufgefüllt worden, so daß eine sanft geneigte Außenwand entstand, doch diese Füllsteine und die oberen Stufen waren schon lange heruntergefallen, wodurch sich rings um das riesige Grab ein Wall aus Schutt häufte.
    Wie die Pyramiden von Dahshoor und Gizeh war sie nicht beschriftet. Ich habe nie verstanden, warum die Könige zwar so viel Mühe darauf verwendet hatten, diese großartigen Gebäude zu errichten, aber nicht dafür gesorgt hatten, ihren Namen darauf anbringen zu lassen – denn Bescheidenheit gehörte nicht zu den hervorstechenden Eigenschaften der Pharaonen. An dieser Tugend mangelt es auch Touristen, sowohl in der Antike als auch in der heutigen Zeit. Sobald die hohe Kunst des Schreibens erfunden worden war, haben sich bestimmte Menschen ihrer bedient, um Monumente oder Kunstwerke zu verunstalten. Dreitausend Jahre vor unserer Zeit kam ein ägyptischer Tourist nach Meidum, um den »schönen Tempel des Königs Snefru« zu besichtigen, was er mit einer Inschrift beziehungsweise einem Graffito auf einer der Wände des Tempels dokumentierte. Von Snefru war bekannt, daß er zwei solcher Gräber hatte; an einem von ihnen, der nördlichen Pyramide in Dahshoor, hatten wir bereits gearbeitet. Petrie, der das genannte Graffito entdeckte, schloß daraus, daß es sich um Snefrus zweite Pyramide handeln mußte.
    »Unsinn«, meinte Emerson. »Ein Graffito ist noch kein Beweis dafür, wem die Pyramide gehörte. Der Tempel war bereits tausend Jahre alt, als der verflixte Schmierfink ihn besucht hat; die damaligen Fremdenführer waren wahrscheinlich genauso unwissend wie die heutigen. Die zwei Pyramiden Snefrus stehen beide in Dahshoor.«
    Wenn Emerson diesen dogmatischen Ton anschlägt, wagen nur wenige, ihm zu widersprechen. Ich gehöre zu diesen wenigen; doch da ich seine Ansicht teilte, widersprach ich ihm bei dieser Gelegenheit nicht.
    Die folgenden beiden Tage beschäftigten wir uns mit den Einzelgräbern. Nördlich, südlich und westlich der Pyramide gab es jeweils mehrere Grabgruppen

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