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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Tadel zuvorzukommen, der Cyrus auf den Lippen lag, »warum zum Teufel darf ich nicht so reden wie zu jedem anderen Kerl auch?«
    »Sie dürfen alles sagen, was Sie möchten«, entgegnete ich und dankte Cyrus mit einem Lächeln, als er mir den Stuhl zurechtrückte. »Und ich werde sagen, was ich möchte. Wenn Ihnen also meine Ausdrucksweise nicht gefällt, müssen Sie sich damit abfinden. Die Zeiten haben sich gewandelt, Professor Emerson.«
    Emerson grinste. »Professor, was? Vergessen Sie die akademischen Titel, die sind … äh … nicht der Rede wert. Die Zeiten haben sich tatsächlich gewandelt, falls es stimmt, daß ich – wie Vandergelt mir sagt – schon seit Jahren eine Frau beschäftige. Sie sind doch Zeichnerin?«
    Gelegentlich waren Frauen am Ausgrabungsort auf diesem Gebiet tätig, denn man traute ihnen im allgemeinen keine geistig anspruchsvolleren Tätigkeiten zu. Ich beschloß, Emerson nicht an die beiden Damen zu erinnern, die ein paar Jahre zuvor den Tempel des Mut in Karnak ausgegraben hatten, denn er hatte damals eine kritische Haltung gegenüber ihren Methoden eingenommen. Doch um ihm und auch den beiden Frauen nicht unrecht zu tun, muß ich sagen, daß er die Vorgehensweise der meisten männlichen Archäologen ebenso kritisierte.
    Ruhig erwiderte ich: »Ich führe genau wie Sie Ausgrabungen durch. Ich bin eine leidlich gute Zeichnerin, ich kann mit Vermessungsinstrumenten umgehen, und ich bin imstande, Hieroglyphen zu lesen. Ich spreche Arabisch. In bin vertraut mit den Prinzipien wissenschaftlicher Ausgrabungen, und ich vermag eine prädynastische Töpferei von Tongeschirr aus Meidum zu unterscheiden. Kurz gesagt, ich kann alles, was auch Sie … oder jeder andere Grabungsexperte kann.«
    Emersons Augen verengten sich. »Das«, sagte er, »wird sich erst noch herausstellen.«
    In meinen liebevollen Augen war er immer noch schrecklich mager, und sein Antlitz hatte noch nicht die gesunde Bräune wiedererlangt. Allerdings war auch nicht viel von seinem Gesicht zu erkennen; er hatte es ärgerlicherweise abgelehnt, sich den Bart zu stutzen, und so wucherte er an seinen Wangen und bildete um Kinn und Kiefer einen pechschwarzen Busch. Er sah noch schlimmer aus als damals, als ich ihm zum erstenmal begegnet war. Doch in seinen Augen funkelte wieder das alte saphirblaue Feuer: Er warf mir einen herausfordernden Blick zu, ehe er sich an seine Suppe machte und in finsteres Schweigen verfiel.
    Niemand brach es. Emerson mochte zwar noch nicht wieder ganz er selbst sein, doch er war bereits soweit wiederhergestellt, daß er alle Menschen um sich herum beherrschte; die beiden jungen Männer, die am Tisch saßen, wirkten in seiner Gegenwart klein und unscheinbar.
    Erlauben Sie, werter Leser, daß ich Ihnen an dieser Stelle Mr. Charles H. Holly und Monsieur René D’Arcy vorstelle, zwei der Assistenten von Cyrus. Ich habe Sie Ihnen nicht schon früher präsentiert, weil ich keinem der beiden je zuvor begegnet war. Sie gehörten zur neuen Generation von Archäologen, und Charlie war zum erstenmal zu Ausgrabungen in Ägypten. Von Beruf war er Bergwerksingenieur, ein rotwangiger, fröhlicher junger Mann, dessen Haar die Farbe ägyptischen Sandes hatte. Zumindest war er solange fröhlich gewesen, bis Emerson ihn sich vorgeknöpft hatte.
    René, der so blaß und verträumt aussah wie ein Dichter, hatte an der Sorbonne studiert und war ein begabter Zeichner. Die schwarzen Locken, die ihm anmutig in die Stirn fielen, hatte die gleiche Farbe wie sein Schnurrbart, der ebenso anmutig seine Oberlippe bedeckte. Er besaß ein sehr angenehmes Lächeln. Ich hatte es nicht mehr an ihm gesehen, seit Emerson ihn sich vorgeknöpft hatte.
    Emerson hatte die beiden wie Studenten in einer mündlichen Prüfung examiniert, ihre Übersetzungen von hieroglyphischen Texten kritisiert, ihr Arabisch korrigiert und sich über ihre fehlerhafte Beschreibung von Grabungstechniken lustig gemacht. Man konnte es ihnen kaum verdenken, daß sie bei dieser hochnotpeinlichen Befragung nicht gut abschnitten. Ich hatte schon erlebt, daß gestandene Fachleute wie Schuljungen zu stottern anfingen, wenn Emerson ihre Theorien in Zweifel zog. Allerdings konnten die armen Kerle das nicht wissen, und nach dieser Lektion versuchten sie, meinem Mann möglichst aus dem Weg zu gehen. Keiner der beiden kannte das GEHEIMNIS, wie Ramses es genannt hatte, doch sie wußten, daß die Gefahr, der Emerson entronnen war, immer noch bestand. Cyrus versicherte mir, daß

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