Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin

Titel: Amelia Peabody 08: Der Ring der Pharaonin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
Krokodils.
    »Ach, da bist du ja, Peabody«, stellte er fest. »Warte einen Moment. Ich bin gleich zurück.«
    Und mit diesen Worten ging er in die Knie, umfaßte die Felskante mit beiden Händen und ließ sich in die Spalte fallen.
    Nun waren Schweigen und Vorsicht nicht mehr nötig. Emerson würde entweder direkt in dem Grab landen oder auf dem Weg zum Grunde der Schlucht daran vorbeistürzen – und in beiden Fällen würde er unsere Gegner auf seine Anwesenheit aufmerksam machen.
    Obwohl alles in mir drängte, etwas zu tun, zwang ich mich zur Ruhe, worin ich nach all den Jahren mit Emerson eine gewisse Übung hatte. Ich zog mein Gewand aus und warf es beiseite. Dann legte ich mich auf den Boden und zündete eine Kerze an.
    Der Abhang war nicht gefährlich steil. Unter gewöhnlichen Umständen hätte ich nicht gezögert, ihn – mit meinem erprobten Sonnenschirm als Spazierstock – hinabzusteigen.
    Doch da ich diesmal riskiert hätte, schon beim geringsten Ausrutschen in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen, beschloß ich, es lieber nicht zu wagen. Bedauernd legte ich Sonnenschirm und Kerze weg und wies Selim an, sich bäuchlings an die Kante zu legen und mir die Hand zu geben. Abdullah hätte mir widersprochen (allerdings nicht lange). Selim widersprach mir zwar nie, aber er hätte es diesmal bestimmt getan, wenn er es gewagt hätte.
    Als ich, an seine Hand geklammert, mit dem Abstieg begann, war mein Gesicht nah an seinem. Er hatte die Augen so weit aufgerissen, daß die Augäpfel schimmerten wie Taubeneier.
    Obwohl meine Füße den Vorsprung noch nicht berührten, mußte ich Selims Hand loslassen, denn sein Kopf, seine Schultern und auch sein Arm ragten schon weit über die Kante hinaus. Ich durchlebte einen schrecklichen Moment, als einer meiner Stiefel abglitt; auf das Schaben von Metall auf Stein folgte ein unterdrückter Aufschrei von Selim.
    »Sei still, Selim!« zischte ich. »Ich stehe auf dem Sims. Alles ist in Ordnung.«
    »Oh, Allah! Sitt Hakim …«
    »Pssst!«
    Ich fürchtete nicht so sehr, daß man mich entdecken könnte, sondern brauchte vielmehr Ruhe, um zu lauschen. Unter mir sah ich nur schwarze Dunkelheit, aber ich konnte etwas hören. Die Spalte war zwar nicht bodenlos, aber offenbar ziemlich tief, denn die Geräusche waren leise und unmöglich einzuordnen. Das Stöhnen eines tödlich verwundeten Mannes? Der Aufprall einer Leiche – Emersons Leiche? Meine Hände zitterten so, daß ich drei Streichhölzer brauchte, um eine Kerze anzuzünden.
    An einem vorstehenden Felsen war ein Seil befestigt, das in der Dunkelheit verschwand. Ich ging in die Knie und befühlte es. Es war schlaff; also hing Emerson, lebend oder tot, nicht an diesem Seil. Ich hielt mich daran fest und ließ mich in die Finsternis hinunter.
    Die ersten Meter legte ich rascher zurück als beabsichtigt, doch schließlich gelang es mir, die Knie um den dünnen Strick zu schlingen, und ich setzte meinen Weg in gemäßigterem Tempo fort. Es ging ziemlich tief nach unten – mehr als dreißig Meter, wie wir später feststellten. Die Geräusche von vorhin waren nun nicht mehr zu vernehmen.
    Es war stockfinster, und wahrscheinlich hätte ich das Grab gar nicht gesehen, hätte das Seil nicht dicht darunter geendet, was ziemlich überraschend kam. Einen scheußlichen Augenblick lang baumelte ich nur an meinen Händen. Dann ertasteten meine Fußspitzen eine Felsspalte, und ich sah einen Lichtschimmer. Eigentlich war er nur ganz schwach, aber meinen an die Dunkelheit gewöhnten Augen erschien er wie ein Signalfeuer.
    Der Eingang des Grabes war seitlich in die Felswand geschlagen worden. Er war etwa zwei Quadratmeter groß jedoch zum Großteil von Geröll verstopft; es gab nur einen schmalen Tunnel, den offenbar die Diebe gegraben hatten.
    Das Licht kam vom hinteren Ende dieses Tunnels. Mit Hilfe von Löchern in der Felswand – die, wie ich annahm, nicht natürlichen Ursprungs waren, sondern von Menschenhand stammten – hangelte ich mich in den Tunnel. So schnell ich konnte, kroch ich vorwärts und spürte kaum, wie mir scharfe Gesteinssplitter Hände und Knie zerschunden.
    Ein wenig plötzlich landete ich in einer kleinen, schwach erleuchteten Kammer. Noch ehe ich Einzelheiten erkennen konnte, wurde ich gepackt und auf die Füße gestellt. Jemand hielt mir die Arme fest.
    Trotz des Archäologenfiebers, das in mir brannte, hatte ich nur Augen für Emerson. Er lebte! Er stand aufrecht da und war unverletzt! Außerdem war er schrecklich

Weitere Kostenlose Bücher