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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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die er vermutlich (und vergeblich) zu ehelichen hoffte, waren ungefähr im gleichen Alter, deshalb hatte er vielleicht gedacht, daß es »nett« wäre, wenn sich die beiden näher kennenlernten. Die beiden Mädchen gaben sicherlich ein hübsches Bild ab: eine in Tiefschwarz gekleidet, was ihre silberblonden Locken besonders hervorhob, die andere in unschuldigem Weiß zu ihrem rotgoldenem Haar. Der Gesichtsausdruck der beiden war allerdings weniger hübsch zu nennen. Ich fragte mich, welches Thema Dollys Gesicht einen so unwilligen Ausdruck verlieh und Nefrets blaue Augen zum Funkeln brachte.
    Schließlich wandte sich Emerson ab und kündigte an, daß wir gehen müßten. »Carter wird mit uns zu Mittag essen«, informierte er mich. »Er versprach mir, vorbeizukommen und sich hinterher mein Grab anzusehen.«
    »Oh, aber vorher darf er noch mit uns essen?« fragte ich.
    »Wir müssen ohnehin noch nach Hause und uns umziehen«, sagte Emerson, der sich bereits seiner Krawatte und seines Kragens entledigt hatte. »Nefret kann sich im langen Rock und dem ganzen Schnickschnack nicht richtig bewegen.«
    Ich bat Cyrus, mit uns zu kommen, und wir benutzten gemeinsam seine Kutsche. Dann ließen wir die Herren rauchend auf der Veranda, während ich Nefret in ihr Zimmer begleitete, um ihr beim Umkleiden behilflich zu sein und sie zu fragen, wie sie mit Dolly zurechtgekommen war.
    »Wie der Mungo und die Schlange«, sagte Nefret. »Wir sind von Natur aus Antagonisten.«
    »Und warum ist das so?« wollte ich wissen.
    »Ihre einzigen Themen sind Mode und Flirten. Ich weiß wirklich nicht, ob sie von Natur aus dumm ist oder ob ihr Verstand von Geburt an zusammengeschnürt wurde wie die Füße der Chinesinnen.«
    »Das letztere, glaube ich«, sagte ich, während ich die Haken ihres fischbeinverstärkten hohen Kragens öffnete. »Männer ziehen dumme Frauen vor.«
    »Nicht alle Männer«, sagte Nefret. »Puh! Danke, Tante Amelia, jetzt geht es mir schon besser.«
    »Nicht alle«, stimmte ich ihr zu. »Aber Männer wie Emerson sind selten.«
    »Das macht sie um so wertvoller«, sagte Nefret mit einem zärtlichen Lächeln. »Ich tue Dolly allerdings Unrecht. Sie kann auch über andere Frauen reden – gehässig und schadenfroh.«
    »Einschließlich der verblichenen Mrs. Bellingham?«
    »Ich dachte mir, daß ich vielleicht versuchen sollte, etwas aus ihr herauszubekommen«, gab Nefret zu. »Das war keine große Sache, aber es war auch wenig aufschlußreich. Sie ist immer noch wütend, weil Daddy sie nicht mit auf Hochzeitsreise nehmen wollte.« Ihr Gesicht verdunkelte sich. »Es war ziemlich unangenehm, ihr zuzuhören, wie sie über die arme Tote herzog, Tante Amelia. Es war, als lebte Lucinda noch und wäre ihre Erzfeindin.«
    Da ich wußte, daß Emerson sich über die vertane Zeit ärgern würde, verfolgte ich das Thema nicht weiter, trotzdem hatte Nefret mir viel Stoff zum Nachdenken geliefert. Sie war – so hoffte ich! – zu unschuldig, um zu verstehen, daß eine Mrs. Bellingham im gebärfähigen Alter in der Tat eine ernstzunehmende Rivalin für Dolly war.
    Die meisten Männer ziehen Söhne Töchtern vor. Das hat etwas mit ihrer spezifischen Definition von Männlichkeit zu tun, glaube ich. Die gesellschaftliche Schicht, in welcher sich der Colonel befand, legte großen Wert auf ihre Abstammung und die Übertragung des Familiennamens vom Vater auf den Sohn. Ich hatte keinen Zweifel daran, daß er diese absurde Auffassung teilte. Vier Ehen hatten bislang keinen Sohn hervorgebracht, nur ein Mädchen, das den Familiennamen nicht aufrechterhalten konnte. Es wäre dem Colonel sicherlich niemals in den Sinn gekommen, daß der Fehler, sofern man das als Fehler bezeichnen konnte, an ihm lag, und ich war mir sicher, daß er die Hoffnung auf einen Erben immer noch nicht aufgegeben hatte. Dolly war durchtrieben genug, um zu wissen, daß sie ein kleiner Bruder in der Gunst ihres Vaters möglicherweise zurückstufen würde.
    Junge Mädchen geben hervorragende Mörder ab. (Und, lassen Sie mich gerecht sein – junge Männer ebenfalls.) Junge Leute sind von Natur aus egoistisch. Moralische Werte sind nicht angeboren, sie werden Kindern – oft unter großen Schwierigkeiten und manchmal sogar erfolglos – vermittelt, wie es die traurigen Kriminalstatistiken beweisen.
    Allerdings war Dolly nicht gemeinsam mit ihrem Vater und seiner Braut in Kairo gewesen. Voller Bedauern ließ ich diese Theorie fallen.
    Während des Mittagessens diskutierte ich mit

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