Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses
Dank«, schrie er atemlos. »Aber wer – wie – ist es – wie kam er denn …«
Einer der beiden Männer war Ramses. Der andere war nicht der Flüchtige.
»Ich vergaß zu erzählen«, sagte Nefret. »Ich habe dem Professor alles gesagt.«
»Was eine verflucht gute Idee war«, sagte Emerson. »Schaffst du es bis zur Dahabije, mein Junge?«
»Ja, Sir, natürlich.« Aber er lehnte sich dankbar gegen den starken Arm, der seine Schultern umfaßt hielt, und entzog sich dem Griff auch nicht, während sie am Ufer entlang zurückgingen. Bellingham war verschwunden; ein erleuchtetes Fenster auf der Valley of the Kings deutete auf irgendwelche Aktivitäten hin. Vermutlich reinigt er sein Gewehr, dachte Nefret voller Zorn.
Nicht weit von der Stelle, wo Scudder ins Wasser gesprungen war, fand sie die Katze. Sekhmet spielte mit irgend etwas, schlug mit ihrer Pfote danach und versuchte, es in die Luft zu schleudern. David bückte sich und nahm ihr den Gegenstand weg. Es war ein Strohhut mit einem schwarzen Band.
»Ich weiß nicht, ob du nur unvorsichtig warst oder einfach bloß Pech hattest«, bemerkte Nefret, während sie ein großes Stück Pflaster auf die Platzwunde an Ramses’ Kopf klebte.
»Eher noch tollkühn«, knurrte Emerson. Deprimiert starrte er seine durchnäßte Pfeife an und legte sie in seine Jackentasche zurück. »Du hättest wissen müssen, daß Bellingham so erpicht darauf ist, diesen Scudder zu töten, daß er jeden um die Ecke brächte, der ihm in die Quere kommt.«
»Das ist mir zumindest seit dem heutigen Abend klar«, sagte Ramses.
Er zuckte zurück, als Nefrets Gesicht dem seinen immer näher kam. »Die Falten und die Warzen sind durch das Wasser entfernt worden«, sagte sie, während sie ihn inspizierte. »Aber deine Zähne müssen gesäubert werden. Das machst du besser jetzt, bevor du es noch vergißt. Hier ist der Alkohol.«
Sie hatten Sekhmet den Hut wiedergegeben. Nachdem sie ihre Krallen besitzergreifend hineingeschlagen hatte, knabberte sie nun in Gedanken versunken an seiner Krempe.
»Und du hast nichts von Scudder entdecken können?« fragte David. »Vielleicht ist er ertrunken, man kann nie wissen.«
»Unwahrscheinlich«, sagte Ramses und unterließ es, den Kopf dabei zu schütteln. Er war immer noch ein wenig benommen. »Er ist ein guter Schwimmer. Ich hätte ihn vielleicht trotzdem erwischt, wenn ich allein gewesen wäre.«
»Ich habe nicht versucht, ihn einzuholen«, sagte Emerson einlenkend. »Schon gar nicht, nachdem ich gesehen hatte, daß du in Schwierigkeiten warst …«
»Gott sei Dank warst du da«, sagte David. »Ich habe gar nicht bemerkt, daß Ramses verletzt war, sonst hätte ich doch …«
»Mach dir keine Vorwürfe«, unterbrach ihn Nefret. »Ich habe dich aufgehalten. Ich hätte dich gehen lassen – und wäre mit dir gekommen! –, wenn ich nicht gewußt hätte, daß der Professor bei ihm ist.«
Sie verneigte sich voller Bewunderung vor Emerson, der ihre Geste wiederholte.
»Vater befand sich in deinem Zimmer«, sagte Ramses. »Als du unter dem Vorwand, dein Messer zu holen, dorthin gingst …«
»… erzählte ich ihm von deinem Plan«, sagte Nefret gelassen.
»Und ich«, sagte Emerson, »ging aufs Oberdeck, wo ich einen hervorragenden Blick auf das Geschehen hatte. Ich war fast genauso schnell im Wasser wie Ramses, aber da ich ein Stück von ihm entfernt war, hat es etwas länger gedauert, bis ich ihn erreichte.«
»Ich bin dir sehr dankbar, Vater«, sagte Ramses höflich.
Emerson bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick. »Wir sind einen Schritt weiter gekommen, auch wenn uns Scudder entkommen ist. Wir wissen, wer er war.«
»War?« wiederholte Nefret. »Du glaubst also, daß er tot ist?«
»Nein. Er wird nie wieder als Tollington auftreten; deshalb habe ich in der Vergangenheit gesprochen. Aber es ist ganz klar, daß er noch eine andere Identität hat. Er kann hier nicht die gesamten letzten fünf Jahre als amerikanischer Tourist gelebt haben.«
»Aber wir sind dieser anderen Identität keinen Schritt näher gekommen«, murmelte David. »Wenn nicht mein Großvater …«
»Ja, wir werden das sicherlich mit Abdullah besprechen müssen«, stimmte Emerson zu. »Aber wir wollen es für heute nacht genug sein lassen. Ihr jungen Leute braucht euren Schlaf. Geht sofort ins Bett, Jungen, und ich nehme Nefret mit nach Hause. Schlaft euch morgen ruhig einmal aus.«
»Mutter wird Fragen stellen, wenn wir nicht zum Frühstück erscheinen«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher