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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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dauerte nicht lange. Als ich meine Augen erneut öffnete, umgab mich eine andere Dunkelheit – das Fehlen jeglicher Lichtquelle. Als ich mich zu bewegen versuchte, durchzuckte heftiger Schmerz meinen Körper. Ich war mit ziemlicher Wucht auf den felsigen Boden geprallt, aber der schlimmste Schmerz schien von meinen unteren Gliedmaßen auszustrahlen. Ich biß die Zähne zusammen, drehte mich auf meine rechte Seite, wo sich, wenn mich meine Erinnerung nicht täuschte, eine Wand befand. Es ist immer eine gute Sache, eine Wand im Rücken zu haben.
    Besonders im jetzigen Augenblick. Irgend etwas Merkwürdiges ging da vor sich. Ich konnte nichts sehen, aber ich konnte hören, und die Geräusche waren nicht das, was ich erwartet hatte. Sie vermittelten mir sehr stark den Eindruck eines erbitterten Kampfes – Keuchen, Stöhnen, Schläge. Obwohl ich vor Schmerz und Verwirrung immer noch benommen war, zog meine Intelligenz die logische Schlußfolgerung. Ich war nicht allein mit meinem Mörder. Irgend jemand oder irgend etwas war auch noch da.
    Mein erster Gedanke war selbstverständlich, daß es sich dabei um meinen geliebten Gatten handelte. Aber nein, unmöglich, redete ich mir zu. Selbst Emerson hätte es nicht geschafft, rechtzeitig dorthinzukommen; er hatte mindestens drei Meter von uns entfernt gestanden, als ich durch den Steinhagel gezerrt wurde. Wer – oder was – hatte in den dunklen Gewölben der Grabstätte wartend aufgelauert?
    Meine ausgeprägte Neugier gab mir erneute Kraft. Ich wühlte in meinen Jackentaschen, bis ich einen Kerzenstummel und eine Schachtel Streichhölzer fand. Das Streichholz flammte auf. Ich schaute fassungslos und regungslos vor Erstaunen, bis die Flamme meine Finger versengte und ich das Streichholz fallenlassen mußte. »Mutter?«
    Wenn ich ihn nicht gesehen hätte, hätte ich nicht geglaubt, daß es seine Stimme war. (Obwohl mir meine Logik hätte sagen müssen, daß mich sonst niemand in dieser Form anredet.) Was ich gesehen hatte, war ebenso verblüffend wie die bloße Tatsache seiner Anwesenheit – mein Sohn saß rittlings auf dem niedergestreckten Körper Bellinghams und war gerade dabei, dessen Kopf gegen den Boden zu schmettern.
    »Hier«, krächzte ich, und dann stieß ich einen ungewollten Schrei aus, als Ramses über meine ausgestreckten Extremitäten stolperte.
    »Gott sei Dank«, keuchte Ramses. »Ich hatte schon Angst … Bist du verletzt?«
    »Ich glaube, mein Bein … es ist gebrochen. Was … Wie …?«
    Ich kannte die Antwort bereits. Er hatte mir von allen am nächsten gestanden. Er mußte sich im gleichen Augenblick wie Bellingham bewegt und sich in die hinunterprasselnden Gesteinsmassen gestürzt haben.
    »Es könnte schlimmer sein.« Seine Stimme klang wieder normal – kühl, beherrscht. »Kannst du noch ein Streichholz anzünden?«
    »Sicher, und ich glaube, daß es ratsam wäre, es sofort zu tun. Vielleicht solltest du besser die Kerze halten.« Unsere Hände tasteten in der Dunkelheit. Ich gebe unumwunden zu, daß ich einige Zeit brauchte, um die Streichholzflamme mit dem Kerzenstumpf in Berührung zu bringen.
    Ramses’ Hand war ruhig, aber nicht einmal das winzige flackernde Licht konnte die Veränderung seiner Gesichtszüge verbergen.
    »Bist du verletzt?« fragte ich.
    »Nur ein paar Kratzer.«
    Genau unter dem schwachen Lichtkegel konnte ich eine dunkle, reglose Gestalt ausmachen. »Es ist besser, wenn du ihn fesselst«, sagte ich. »Mein Gürtel und deiner …«
    »Nicht notwendig. Ich glaube … ich bin mir ziemlich sicher, daß er tot ist.« Nach einer kurzen Pause, während der mir nichts einfiel, was ich sagen konnte, fuhr er fort:
    »Du siehst recht mitgenommen aus, Mutter. Darf ich dir einen Schluck Brandy aus der Flasche anbieten, die du immer mit dir herumträgst?«
    Wir nahmen beide einen winzigen Schluck – als Medizin sozusagen.
    »Und jetzt«, sagte Ramses und wischte sich mit seinem Handrücken über den Mund, »sag mir, was ich für dich tun kann. Soll ich dein Bein … äh … schienen?«
    »Nein, danke«, sagte ich entschlossen. »Im Augenblick ist es nicht allzu schmerzhaft, und ich sehe nichts, was wir als Schiene verwenden könnten. Meiner Meinung nach wäre uns besser gedient, wenn wir uns einen Weg ins Freie suchten. Ist das da Blut an deinem Mund?«
    »Was? Oh. Eine aufgesprungene Lippe, das ist alles.«
    Er zog ein schmuddeliges Taschentuch aus seiner Jackentasche. Ramses’ Taschentücher sind immer schmutzig. Ich nahm es ihm weg

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