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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Tigerin. Jetzt war ihr kräftiges dunkles Haar silberdurchwirkt, und sie ging gebeugt wie eine alte Frau. Die Veränderung ihrer Gesichtszüge war schwieriger zu beschreiben. Es waren nicht so sehr ihre Falten und ihre ungesunde Gesichtsfarbe, sondern ihr Gesichtsausdruck – der gehetzte Blick ihrer schönen dunklen Augen und ihre verhärmte Mundpartie. Sicher, sie war jetzt acht Jahre älter als bei unserer ersten Begegnung, aber diese Zeitspanne konnte doch nicht eine solch verheerende Auswirkung gehabt haben.
    Ich versuchte, mein Erstaunen zu verbergen, und fragte: »Wo ist Mr. Fraser? Wird er uns im Hotel treffen?«
    Enid schien meine Frage zu überhören. Nachdem sich Nefret und David, die sie beide noch nicht kannte, ihr vorgestellt hatten, blickte sie Ramses erneut an. Sie streckte ihre Hand aus und rief: »Ramses! Vergib mir diese Vertraulichkeit, aber es ist schwierig für mich, dich mit einem anderen Namen anzureden. Ich hätte dich ohnehin kaum wiedererkannt. Du bist gewachsen!«
    Ramses nickte. »Ist im Mumienraum irgend etwas Unangenehmes passiert, weshalb Sie ihn so fluchtartig verlassen haben?«
    Enid lachte ziemlich aufgesetzt und legte eine Hand auf ihre Stirn. »Du hast dich kaum verändert. Immer noch so direkt! Nein, du brauchst dich nicht zu entschuldigen …«
    (Ich kann mir nicht vorstellen, warum sie annahm, daß er so etwas vorhatte.)
    »Nichts dergleichen geschah«, fuhr Enid fort. »Es war nur … Sie sehen so gräßlich aus, nicht wahr. Ein grauenvolles grinsendes Gesicht neben dem anderen – plötzlich ertrug ich es nicht mehr.«
    Nach allem, was ich gehört hatte, wäre das nicht das erste Mal, daß ein törichtes weibliches Wesen in Ohnmacht gefallen oder schreiend aus dem Raum geflohen war – warum diese dummen Weiber überhaupt dorthin gingen, wenn sie so zartbesaitet waren, konnte ich mir jedoch nicht erklären. Enid war mir allerdings nie als besonders schwaches Gemüt aufgefallen, und sie mußte zumindest wissen, daß echte Mumien nicht so hübsch waren wie die poetischen Darstellungen in den Romanen. »Hier bist du also«, hörte ich eine Stimme hinter mir. »Ich fragte mich schon, wohin du gegangen sein könntest. Und, wie ich sehe, hast du Freunde getroffen!«
    Die Stimme war mir geläufig, und ich erkannte Donald Fraser. Sein Haar war so hell und sein Gesicht noch genauso jugendlich wie früher. Erfreut schüttelte er jedem von uns die Hand.
    »In einer Viertelstunde hätten wir uns im ›Shepheard‹ getroffen«, fuhr er fort. »Was für ein schöner Zufall, daß wir uns statt dessen hier begegnen! Das verschafft mir die Gelegenheit, eine gute Freundin vorzustellen. Sie wollte nicht mit uns zum Tee kommen, da sie nicht eingeladen war, aber ich wollte sie auf jeden Fall früher oder später mit Ihnen bekanntmachen, denn sie ist eine wirklich ausgezeichnete Ägyptologin. Mrs. Whitney-Jones, Professor, und Mrs. Emerson.«
    Die Dame hatte sich sittsam zurückgehalten. Auf Donalds Winken kam sie auf uns zu.
    Man hat mir bereits vorgeworfen, daß ich die äußere Erscheinung von Menschen, im besonderen von Frauen, nur oberflächlich wahrnehme. Dieser Vorwurf ist lachhaft und vollkommen unhaltbar. Es gibt nichts Wichtigeres als die Kleidung. Sie zeugt vom Geschmack, den finanziellen Möglichkeiten sowie von vielen weiteren Eigenschaften des Trägers.
    Diese Person war offenbar gut betucht. Ihre Kleidung war brandneu und nach der aktuellen Mode – mit weitem Rock und knappem Jäckchen über einer Chiffonbluse – geschneidert, und sie trug (ihrer steifen Haltung nach zu urteilen) ein enggeschnürtes Mieder. Die Hüte waren in diesem Jahr eine Idee kleiner. Ihrer bestand aus feinstem Strohgeflecht und war mit Straußenfedern geschmückt. Ich hatte genau das gleiche Modell im vergangenen Sommer bei Harrod’s gesehen. Sie hatte ungefähr meine Größe, wirkte aber (trotz der Korsage) etwas kräftiger.
    »Sehr angenehm«, sagte Emerson. »Sie sind Ägyptologin? Ich habe nie von Ihnen gehört. Welche Stätten haben Sie freigelegt?«
    Ich hatte es schon lange aufgegeben, mich für Emersons Benehmen zu entschuldigen. In diesem Fall war es auch nicht notwendig. Die Dame lachte überaus freundlich und drohte meinem Gatten scherzhaft mit dem Zeigefinger.
    »Aber ich habe von Ihnen gehört, Professor, und von Ihrer direkten Art. Wie ich Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit schätze! Es gibt sie so selten in dieser traurigen Welt.«
    Sie hatte weder seine Frage beantwortet, noch ließ sie ihm die

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