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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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schwanengleicher Hals und ihr hochgesteckter rotblonder Haarschopf wirkten in Verbindung mit dem hellgrünen Kleid wie eine auf einem Stengel thronende Blüte. Ich nahm an, daß sie dafür verantwortlich zeichnete, daß Ramses weder an seiner Krawatte zerrte, noch sein Haar in Unordnung brachte oder sein weißes Leinenhemd beschmutzt hatte; ich war zu intensiv mit den Vorbereitungen beschäftigt gewesen, um ein Auge auf ihn zu haben. Man verzeihe mir meinen mütterlichen Stolz, aber die beiden legten uns wirklich alle Ehre ein. Meiner Ansicht nach würde Ramses’ Erscheinungsbild nie so beeindruckend wirken wie das seines Vaters, trotzdem waren seine schlanke, aufrechte Gestalt und seine Gesichtszüge ansprechend. Genau wie David blickte auch er im Vorübergehen zu mir. Ramses lächelte nur selten, doch als sich unsere Blicke trafen, schien sich sein ernster Gesichtsausdruck etwas aufzuhellen.
    Ihre verstohlenen Blicke signalisierten mir, daß diese Verbindung ohne meine Unterstützung und mein Einlenken niemals zustande gekommen wäre. Anfänglich waren Lias Eltern absolut dagegen gewesen. Daraufhin erklärte ich ihnen, daß ihre ablehnende Haltung lediglich aus den ungerechtfertigten Tabus ihrer Gesellschaftsschicht resultierte. Meine Argumentation war wie immer erfolgreich. Hatte ich deswegen in den letzten Tagen ein so merkwürdiges Unwohlsein verspürt? Hatte ich tatsächlich deshalb gespannt den Atem angehalten, als die entscheidende Frage gestellt wurde? Hatte ich allen Ernstes damit gerechnet, daß sich jemand erheben und Einwände gegen diese Eheschließung äußern könnte? Lächerlich! Es gab weder rechtliche noch moralische Gründe gegen diese Heirat, und die Ansichten engstirniger, intoleranter Menschen hatten für mich kein Gewicht. Und doch, falls die beiden nicht glücklich wurden oder sich eine Tragödie anschloß, lag die Hauptverantwortung bei mir.
    Emerson, der überaus sentimental ist (das allerdings niemals zugeben würde), hatte den Kopf abgewandt und wühlte in seiner Jackentasche. Es überraschte mich nicht, daß er kein Taschentuch fand. Erfahrungsgemäß findet er nie welche. Ich drückte ihm meins in die Hand. Sein Gesicht immer noch von mir abgewandt, schneuzte er sich lautstark.
    »Gott sei Dank, daß das vorüber ist«, erklärte er. Ich zuckte zusammen. »Warum sagst du das?« »Nun ja, es war zweifellos sehr schön, aber diese ganze Predigt wurde immer langweiliger. Warum gehen die jungen Leute nicht einfach weg und – äh – gründen einen Hausstand, wie es im alten Ägypten üblich war?«
    Schloß Chalfont, der Wohnsitz von Evelyns Vorfahren, ist ein düsteres altes Gemäuer, und der Rittersaal der älteste und düsterste Teil überhaupt. Das Bauwerk entstammt dem 14. Jahrhundert, doch die frühe viktorianische Begeisterung für die Gotik hatte sich in einigen unseligen Auswüchsen und Restaurierungen niedergeschlagen, darunter auch mehreren gräßlich geschnitzten Eichenkandelabern. Dunkle Regenwolken hingen vor den bleiverglasten Fenstern, doch im Kamin knisterte ein helles Feuer, überall funkelten Leuchter und Kerzen, und Blumen und Grünpflanzen schmückten die grauen Steinwände. Der Boden war mit Orientteppichen bedeckt. Die lange Festtafel war verschwenderisch eingedeckt; leise Musik erklang von der Galerie, wo die Musiker plaziert waren.
    Katherine Vandergelt gesellte sich zu mir an den Tisch und nahm dankend ein Glas Champagner von einem der Diener an. »Sie haben überaus ungewöhnliche Freunde, Mrs. Emerson«, bemerkte sie liebenswert ironisch. »Ägypter in Landestracht; Hausangestellte, die sich mit ihren Dienstherrn zwanglos auf einer gesellschaftlichen Ebene bewegen; und ein ehemaliges spiritistisches Medium, das nur aufgrund Ihrer liebenswürdigen Intervention vor dem Gefängnis bewahrt wurde.«
    Das bezog sich auf ihre Person, obwohl sie hoffnungslos übertrieb. Geldmangel und die Notwendigkeit, für ihre vaterlosen Kinder sorgen zu müssen, hatten sie in diesen fragwürdigen Beruf hineingedrängt, den sie mit Freuden wieder aufgegeben hatte. Ihre Eheschließung mit unserem reichen amerikanischen Freund Cyrus hatte auf beiderseitiger Anziehungskraft basiert und nur marginaler Hilfestellung meinerseits bedurft. Bezüglich dieser Verbindung plagte ich mich nicht mit Selbstvorwürfen, denn die beiden waren überaus glücklich. Genau wie wir standen die Vandergelts vor ihrer Abreise nach Ägypten, wo sie die Wintermonate verbrachten. Gelegentlich wurden sie von

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