Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken
Ende führte. Körperliche Erschöpfung und seine Verwirrung beeinträchtigten sein Denken. Es dauerte einige Sekunden, bis er begriff. »Das hast du dich gefragt? Dann war ich nicht der einzige, der …«
»Wir klingen wie zwei Vollidioten«, bemerkte Nefret bestürzt. »Mein armer Liebling, ich wußte, daß du wie immer Gewissensbisse haben würdest, aber das brauchst du nicht. Auch ich liebe David und hatte ebenfalls meine Zweifel. Aber es dämmerte mir erst, als Tante Amelia neulich abends ganz nüchtern über ihre Verdächtigenliste diskutierte und du betontest, daß es sich allesamt um Freunde handelt, Menschen, die wir normalerweise schätzen und denen wir vertrauen, und dann begriff ich, daß David der naheliegendste Verdächtige von allen ist und daß er sich zwar nie bewußt unehrlich verhalten würde, seine Sache in diesem Fall aber vielleicht über seine Prinzipien gestellt hat und … ich hasse mich dafür, aber der Gedanke geht mir nicht mehr aus dem Kopf.«
»Mir auch nicht. Allerdings gehe ich mittlerweile davon aus, daß wir das getrost vergessen können.« »Wirklich? Stimmt das?«
Über ihre kindischen Fragen mußte er schmunzeln. »Ich sagte, daß ich davon ausgehe. Allerdings beharrte Wardani darauf, daß ihm von den Fälschungen nichts bekannt sei, und wenn er gelogen hat, dann verflucht überzeugend.« »Du hast ihn ganz offen danach gefragt?«
»Ich mußte recht direkt vorgehen, da ich keine andere Möglichkeit sah. Er schien völlig perplex. Ich hoffe nur, daß ich ihm keine Flausen in den Kopf gesetzt habe. Als ich darauf hinwies, daß es nicht nur Davids Ruf, sondern allen Ägyptern sowie der Sache und ihrem Führer schaden würde, wenn man ihn des Handels mit gefälschten Antiquitäten bezichtigte, stimmte er mir allerdings unumwunden zu. Er ist entsetzlich kritisch, was Ehrgefühl und dergleichen anbelangt. Deshalb entschied ich, daß ich ihm am besten reinen Wein einschenkte. In seinem ausschweifenden Stil versicherte er mir schließlich, daß wir zumindest in dieser Sache Verbündete seien und daß er sich um eine Klärung bemühen werde. Ich glaubte ihm.
Was zweifellos recht naiv von mir ist.«
»Nein, du hast das einzig Richtige getan. Wirst du es dem Professor und Tante Amelia erzählen?«
»Das ist vermutlich sinnvoll, meinst du nicht? Mutter hat vielleicht auch ihre Zweifel. Und sie ist gelegentlich entsetzlich brutal.«
»In manchen Dingen ist sie brutal und in anderen wiederum hoffnungslos sentimental. Ich denke, David gehört zu der anderen Kategorie – genau wie du und ich und der Professor.«
»Ich?« wiederholte Ramses verblüfft. »Gütiger Himmel, die ganzen Jahre hat sie mich jedes verübten Verbrechens verdächtigt. Aus gutem Grund, das gebe ich zu.« Mit der ihr eigenen Energie schwang sie ihre Beine aus dem Bett und erhob sich.
»Schlaf jetzt!« befahl sie. »Und, Ramses …« »Ja?«
Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und blickte zu ihm auf. »Ich weiß, wie sehr dir David fehlt. Du kannst mir genauso vertrauen wie ihm – Männer haben ihre kleinen Geheimnisse, wir Frauen aber auch! Es wäre schön, wenn du einige deiner Sorgen mit mir teilen würdest.«
»Das habe ich doch gerade getan.«
»Weil ich dich eiskalt erwischt habe.« Sie lächelte ihn zärtlich an. »Du weißt, daß ich es jedesmal bemerke, wenn dich etwas bedrückt. Sei nicht so hart gegen dich selbst. Gib zu, daß du dich jetzt besser fühlst, nachdem du mir davon erzählt hast.«
»Ja, das stimmt.« Er grinste sie an. »Danke, mein Mädchen.«
Ihr Gesicht nahm einen merkwürdigen Ausdruck an.
»Du bist ebenfalls müde«, meinte Ramses. »Wir werden die Bombe beim Frühstück platzen lassen. Nachdem Vater seinen ersten Kaffee intus hat.«
Sobald sie sein Zimmer verlassen hatte, entkleidete er sich und fluchte, als er das winzige Loch und den Blutfleck auf seinem Hemdrücken bemerkte. Vielleicht konnte Fatima es stopfen, bevor es seiner Mutter auffiel. Das war allerdings unwahrscheinlich, da ihr nichts entging, und sie würde sich vermutlich aufregen, weil er ein weiteres Hemd ruiniert hatte.
Obwohl er hundemüde war, lag er noch eine Weile wach und dachte nach, nicht über Davids Probleme, sondern über Nefret. Er begehrte sie wie noch keine Frau zuvor, und doch hatte er der Versuchung widerstanden, ihr seine Gefühle zu offenbaren, da er es nicht riskieren wollte, das zu verlieren, was sie ihm in dieser Nacht vermittelt hatte – Mitgefühl und Zuneigung und ein so tiefes
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