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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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schrecklich, aber nicht von der Hand zu weisen«, erwiderte Emerson. »Ich vermute, daß es uns allen ähnlich erging, wir das aber nur ungern zugeben wollten.«
    »Mir nicht«, meinte ich, während ich Ramses Eier mit Schinken auf den Teller schaufelte. »Ich mache dir keinen Vorwurf, daß du dich vergeblich bemüht hast, Ramses; wenn du jetzt beruhigt bist, war es die Sache wert. Trotzdem hätte ich dir gleich sagen können, daß du dir keine Sorgen machen mußt.«
    »Deine Intuition, vermute ich?« fragte Emerson und zog seine Pfeife aus der Tasche.
    »Was mich betrifft, beruht das eher auf entsprechender Lebenserfahrung und einer fundierten Menschenkenntnis.«
    »Pah«, erwiderte Emerson abfällig. »Ich wage zu bezweifeln, daß du die Sache der Nationalisten überhaupt als mögliches Motiv für Davids Finanzbedarf angesehen hast. Ich gestehe, daß das bei mir nicht der Fall war. Und ich muß sagen, daß die Situation verflucht kompliziert ist. Kitchener ist entschlossen, die radikalen Nationalisten niederzuschlagen, und Wardani ist sein Hauptwidersacher. Ist David sehr engagiert in dieser Bewegung?«
    »Nicht so intensiv, daß er den Verdacht der Behörden auf sich zieht«, erwiderte Ramses. »Wenigstens glaube ich das nicht. Ich hoffe, ich konnte Wardani überzeugen, daß er sich von David distanziert. Ob ich erfolgreich war, bleibt abzuwarten.«
    »Kannst du David denn nicht zur Vernunft bringen?« drängte Emerson. »Du bist sein bester Freund.«
    »Ich habe es versucht.« Ramses hatte sein Frühstück nicht angerührt. Es war immer schwierig, seine Gedanken zu erraten, aber seine Stimme klang ungewöhnlich emotionsgeladen, als er fortfuhr. »Das war ein gravierender Fehler.«
    »Warum?« bohrte Nefret.
    »Weil ich zu zynisch und zu herablassend war. Das war nicht meine Absicht, aber so hat es vermutlich geklungen – wie ein wohlwollender Vortrag zu seinem Besten. Und genau dieses Verhalten stößt Ägypter wie David und Wardani ab. Als er dann von Deschascheh sprach … Er ist wie besessen davon, und wieso zum Teufel soll ausgerechnet ich ihm den Rat geben, sich nicht darum zu kümmern?«
    Den meisten meiner geschätzten Leserinnen und Leser wird diese Sache vermutlich unbekannt sein. Obgleich sich der Vorfall nur wenige Jahre vor meinem Bericht ereignete und selbst in der britischen Presse für erheblichen Aufruhr sorgte, war er schon bald darauf vergessen. Unser Erinnerungsvermögen ist kurz, wenn es um die Ungerechtigkeit gegenüber anderen geht und wir im besonderen dafür verantwortlich sind. Dieser Zwischenfall war einer der dunkelsten Punkte in der britischen Verwaltungsherrschaft und ein Schandfleck auf der Weste für jeden aufrichtigen Engländer.
    Die Taubenverschläge aus Nilschlammziegeln sind ein vertrauter Anblick in den ägyptischen Dörfern, da die Bauern Tauben zur Fleischversorgung züchten. Als eine Gruppe britischer Offiziere in dem Ort Deschascheh auf Taubenjagd ging, waren die Bewohner verständlicherweise entrüstet; ein renommierter britischer Autor hat es einmal so umschrieben: Es war, als hätte eine Gruppe chinesischer Sportschützen sämtliche Enten und Gänse auf dem Teich eines Landwirts in Devonshire abgeschossen.
    Es kam zu einem vorübergehenden Waffenstillstand, doch im Jahr darauf tauchten die Hobbyjäger erneut in Deschascheh auf. Sie waren nur wenige hundert Meter von dem Dorf entfernt, als sie das Feuer eröffneten und die aufgebrachten Dorfbewohner zum Angriff übergingen – nicht mit Gewehren, denn die hatten sie nicht, sondern mit Steinen und Holzknüppeln. In dem sich daran anschließenden Kampf wurden vier Ägypter erschossen, und ein Offizier wurde zu Tode geprügelt, als er den anderen zu Hilfe eilen wollte. Genaugenommen erlag er aufgrund der Sonneneinstrahlung und der Überanstrengung einem Hitzschlag, doch die Behörden beschlossen, seinen Fall zum Exempel zu statuieren. 21 Dorfbewohner wurden verurteilt, vier davon zum Tode, einige zur Zwangsarbeit und der Rest erhielt 50 Stockhiebe. Die Urteilsvollstreckung durch den Strang und die Prügelstrafen wurden am Ort des Geschehens durchgeführt, und die Dorfbewohner, einschließlich der Angehörigen der Verurteilten, mußten zusehen.
    Emerson hatte zu denjenigen gehört, die in ungehaltenen Briefen an die englische Presse und im persönlichen Gespräch mit Lord Cromer gegen das entsetzliche Vorgehen protestiert hatten. Selbst jetzt lief sein Gesicht zornesrot an, wenn er sich daran erinnerte.
    »Verflucht, ich

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