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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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nach Emersons Geschmack. »Lass uns hingehen.«
    »Wohin?«, mischte Nefret sich ein.
    »Zum Khan«, erwiderte ich mit der mir eigenen Spontanität. »Ich schlage vor, wir machen einen kleinen Spaziergang, ehe wir nach Hause fahren. Sind alle fertig?«
    Früher wurden die Tore des Basars vor dem Abendgebet geschlossen. Mittlerweile gehörte eine ganze Reihe von »Ungläubigen« zu den Handeltreibenden – Griechen, Levantiner oder ägyptische Christen –, und auch die Geschäftstüchtigeren unter den in Kairo lebenden Moslems hatten die Vorzüge längerer Öffnungszeiten erkannt, vor allem, wenn die Stadt voller Soldaten war, die ausgefallene Geschenke und Erinnerungsstücke suchten. (Einige von ihnen gaben ihren Sold allerdings in einem anderen Stadtviertel aus und nahmen Erinnerungen mit nach Hause, die weit weniger harmlos waren. Doch dieses Thema werde ich nicht vertiefen.)
    Der Khan el-Khalili ist kein einzelner Souk, sondern eine bunte Mischung kleiner Läden, baufälliger Tore und Häuser. Die alten Khans, die Lagerhäuser der Handelsfürsten im mittelalterlichen Kairo, waren architektonische Schätze – oder wären es gewesen, wenn man sie entsprechend instand gesetzt hätte. Einige wenige hatte man restauriert; die meisten jedoch nicht. Verkaufsstände säumten die unteren Etagen mit ihren abgeblätterten Wänden. Trotzdem erhaschte man gelegentlich einen Blick auf kunstvoll geschwungene Fenster und holzgeschnitzte Türen hinter den Auslagen.
    Die Gerüche waren nicht weniger bemerkenswert: Holzkohlenfeuer, Esel- und Kameldung, schwitzende menschliche Leiber, Gewürze und Parfüms, frisch gebackenes Brot und geschmortes Fleisch vermischten sich zu einem unbeschreiblichen Odeur. Man könnte die einzelnen Komponenten auflisten, doch das würde dem werten Leser keinen Anhaltspunkt für das Gesamtbouquet geben.
    In der Tat war es wesentlich angenehmer als gemeinhin vermutet und nicht schlimmer als in vielen alten europä ischen Städten. So manches Mal, wenn ein frischer Wind über die Wiesen von Kent blies und den Duft von Rosen und Geißblatt herüberwehte, hätte ich diesen liebend gern gegen einen Hauch Kairoer Altstadt eingetauscht. Während wir durch die gewundenen Gassen schlenderten, vorbei an den winzigen Läden, in denen Seide und Schuhe, Kupferkannen und Silberschmuck auslagen, wurde mir klar, dass Russell noch nichts unternommen hatte. In der gesamten Gegend hätte die Gerüchteküche gebrodelt, wenn die Polizei in eines der Geschäfte im Khan eingedrungen wäre. Viele schlossen bereits, Fensterläden waren zugezogen und das Licht gelöscht, denn es war bereits spät und die Kauflustigen kehrten in ihre Hotels oder Unterkünfte zurück. Meine Nervosität ließ sich nicht länger verbergen, deshalb schob ich mich vor die anderen und strebte direkt zu Aslimis Geschäft. War Russell nicht in der Lage gewesen, die nötigen Vorkehrungen zu treffen? Hatte er mich getäuscht? Verflucht, dachte ich, ich hätte ihm nicht vertrauen dürfen. Ich hätte die Sache selbst in die Hand nehmen sollen – mit marginaler Unterstützung von Emerson.
    Dann fiel mir ein, dass Russell vielleicht wartete, bis die Menschenmassen sich zerstreut hatten. Strategisch betrachtet wäre das eine vernünftige Entscheidung. Je weniger Leute sich in der Nähe aufhielten, desto geringer war das Risiko, dass ein Passant verletzt wurde oder dass Aslimis Berufskollegen den Versuch unternahmen, ihm zu Hilfe zu kommen. Ich eilte weiter, entschlossen, den Nervenkitzel mitzuerleben. Schließlich holte Emerson mich ein und ich verlangsamte meine Schritte. Eigentlich war es Emerson, der mich dazu zwang, da er meinen Arm packte und ihn festhielt.
    »Geh langsam oder du wirst alles zunichte machen«, zischte er wie ein Bühnenschurke.
    »Warum bist du so in Eile, Tante Amelia?«, erkundigte sich Nefret.
    Ich drehte mich um. Inzwischen waren wir nicht mehr weit entfernt von Aslimis Laden; er befand sich hinter der nächsten Gassenbiegung. Ich spitzte die Ohren. Genau wie Seshat, die auf Ramses’ Schulter thronte. Im Licht der Laternen funkelten ihre Augen wie riesige Goldtopase. Ich zwang mich zu einem Lächeln.
    »Aber, Liebes, wie kommst du darauf, dass ich in Eile bin? Ich bewege mich immer recht zügig.«
    Seshats Schwanz zuckte und sie beugte sich schnuppernd vor. Ihre Augen hatten den Glanz verloren; die Laterne hinter mir war erloschen. Mit einem Knall fielen die Fensterläden eines Geschäfts zu. Das Stahlgitter des sich daran

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