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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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von David ein anderer Mann nach Indien geschickt wurde. Ich hatte mich schon gefragt, warum er dorthin gekommen war und nicht nach Malta, wo die anderen Nationalisten interniert waren; jetzt begriff ich. Niemand, der David kannte, durfte den Ersatzmann treffen. Selbst in extrem streng bewachten Gefängnissen gibt es geheime Methoden der internen und externen Kommunikation, und wäre die Nachricht nach Kairo gedrungen, dass David nicht dort war, wo man ihn vermutete, dann hätten sich interessierte Kreise gefragt, wo er wirklich war.
    Interessierte Kreise, von denen es leider zu viele gab, hätten sich vermutlich auch die Frage gestellt, ob Ramses’ offener Widerstand gegenüber dem Krieg eine Tarnung war für die heimlichen Aktivitäten, für die er sich ausgesprochen gut eignete. Falls er eine Doppelrolle spielte, konnte er Verdachtsmomente lediglich entkräften, indem David strategisch geschickt für ihn einsprang. So wie ich Ramses kannte, bezweifelte ich nicht, dass sein Abscheu vor dem Krieg absolut echt war, aber auch Teil des Plans. Er hatte sich so dermaßen unbeliebt gemacht, dass nur wenige Leute sich mit ihm einlassen würden – oder von Fall zu Fall mit David.
    Emerson hatte Recht; die Antwort war offensichtlich. Wenn man einen Mann heimlich aus dem Exil holen konnte, vermochte man einen anderen stillschweigend dorthin zu befördern. Der militante Nationalist, den die britischen Behörden suchten, war nicht Kamil elWardani, sondern mein Sohn – und deshalb hatte Thomas Russell die ungewöhnliche Einladung an uns gerichtet, ihn auf seiner vergeblichen Razzia zu begleiten, und Wardani war ungehindert entkommen. Der Überfall sollte von Anfang an misslingen. Sein einziger Sinn hatte darin bestanden, unanfechtbare Zeugen zu gewinnen, die beschwören konnten, dass Wardani anderswo war, während Ramses sich im Club zur Schau stellte; und der Grund für die Auswechslung musste mit dem zu tun haben, was Russell in jener Nacht erwähnt hatte. Irgendetwas über einen Guerillakrieg in Kairo, während die Türken den Suezkanal angriffen … Wardani als Schlüsselfigur … ohne ihn würde die Bewegung scheitern.
    Bei diesem Gedankengang angelangt, schreckte mich ein leises Rascheln auf. Ein kurzer Blick auf Ramses bestätigte mir, dass er sich nicht gerührt hatte. Das Geräusch stammte nicht von den Laken. Es war … es musste …
    Ich sprang auf, tastete unter der Matratze nach Ramses’ Messer und fand es an der Stelle, wo ich es auf seine Bitte hin versteckt hatte. Ich eilte zum Fenster und glitt gerade noch rechtzeitig durch den Vorhang, um zu erkennen, dass ein dunkles Etwas sich über die gemauerte Balustrade des kleinen Balkons schwang. Es sah mich und sprach mich an.
    »Tante Amelia, tu’s nicht! Ich bin’s!«
    Aus einem spontanen Impuls heraus hätte ich ihn am liebsten umarmt, besaß aber so viel Vernunft, ihn zuerst in den Raum zu ziehen. Es war gut, dass er sich geäußert hatte; selbst bei Licht hätte ich den bärtigen Grobian nicht erkannt, dessen Narbengesicht zur Grimasse verzerrt war. Die Narbe verlief unter der Klappe, die ein Auge bedeckte, doch das andere war Davids, sanft und braun und vor Rührung tränenfeucht. Er erwiderte meine Umarmung so herzlich, dass sein Bart schmerzhaft über meine Wange schabte.
    »Oh, David, mein lieber Junge, wie schön, dich wieder zu sehen! Wo ist Emerson?«
    »Er nimmt den konventionellen Weg durch die Eingangstür. Wir hielten es für besser, dass ich das nicht riskiere.«
    »Du hättest es nicht riskieren dürfen, überhaupt zu kommen«, murmelte eine kritische Stimme vom Bett her. Der Schlüssel drehte sich im Schloss und Emerson schlüpfte ins Zimmer. »Puh«, seufzte er. »Das war knapp. Fatima wird bald aufstehen. Peabody, leg das Messer weg. Was zum Teufel hattest du damit vor?«
    »Ihr Junges verteidigen«, sagte David mit einem entsetzlich verzerrten Grinsen. »Sie war nahe daran, sich auf mich zu stürzen, als ich mich zu erkennen gab.«
    »Du solltest nicht hier sein«, beharrte Ramses. Offensichtlich hatte ich ihm zu wenig von dem Schlafmittel verabreicht. Seine Lider waren halb geschlossen, trotzdem meldete er sich ausgesprochen verärgert zu Wort. »Wir haben nicht die Zeit für eine Diskussion«, bemerkte Emerson sachlich. »David, mach schnell, zieh dich um und nimm den Bart ab, und – erledige, was sonst noch erforderlich ist.«
    »Keine Sorge.« David riss seinen Bart herunter und wandte sich der in einer Ecke des Zimmers stehenden

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