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Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra

Titel: Amelia Peabody 12: Der Donner des Ra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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unterdurchschnittliche Größe und sein zerzaustes Haar gaben ihm das Aussehen eines Kindes, das mit seinem Lehrer diskutiert.
    Ich hatte mich darauf gefreut, Major Hamilton kennen zu lernen, doch als seine Nichte eintraf, wurde sie lediglich von ihrer grässlichen Gouvernante begleitet.
    »Der Major bat mich, ihn höflich zu entschuldigen«, führte Letztere aus. »Auf Grund der kritischen Situation musste er gestern zum Suezkanal aufbrechen.«
    »Das tut mir aufrichtig Leid«, erwiderte ich. »Es ist traurig, nicht wahr, dass das Fest zu Ehren der Geburt des Friedensfürsten von Kriegsvorbereitungen überschattet wird.«
    Emerson warf mir einen Blick zu, der seine Einstellung zu diesem Thema dokumentierte, die, zugegebenermaßen, etwas heikel war. Miss Nordstrom hingegen schien sehr ergriffen.
    Miss Molly hörte gar nicht zu. In ein weißes Batistkleid gehüllt, wie es für Mädchen ihres Alters angemessen schien, und mit einer riesigen weißen Schleife auf dem Kopf, verharrte sie gerade so lange, bis sie uns für die Einladung gedankt hatte, dann schoss sie davon.
    Sie gehörten zu den letzten eintreffenden Gästen, und nachdem ich Miss Nordstrom mit Katherine und Anna bekannt gemacht hatte, meinte ich, mir eine Ruhepause verdient zu haben. Wie jede aufmerksame Gastgeberin blickte ich durch den Raum, um mich zu vergewissern, dass niemand einsam und vernachlässigt herumstand. Alle schienen sich bestens zu amüsieren; Miss Molly hatte Ramses von Woolley und Lawrence losgeeist, und Mrs Fortescue plauderte mit Cyrus, der ihr Lächeln und ihre betörenden Blicke offensichtlich erfreut erwiderte. Er war schon immer »der ritterlichste Bewunderer weiblicher Schönheit« gewesen, doch ich wusste, dass sein Interesse rein ästhetischer Natur war. Er war seiner Gattin absolut treu ergeben, und falls er einmal Gefahr lief, das zu vergessen, würde Katherine ihn gewiss daran erinnern.
    Als ich mich meinem Gatten zuwandte, stellte ich fest, dass er gedankenverloren ins Leere starrte. Ich musste ihn wiederholt ansprechen, ehe er reagierte.
    »Wie bitte, Peabody?«
    »Ich lade dich zu einer Tasse Tee ein, mein Schatz. Was veranlasst dich zum Grübeln?«
    »Nichts von Bedeutung. Wo ist Nefret? Ich sehe weder sie noch den jungen Offizier. Sind sie etwa in den Garten gegangen?«
    »Sie braucht beileibe keine Anstandsdame, Emerson. Sollte der junge Mann seine Manieren vergessen, was ich für unwahrscheinlich halte, wird sie ihn in seine Schranken verweisen.«
    »Korrekt«, bekräftigte Emerson. »Ich will keinen Tee; ich möchte mit Woolley über seine ägyptischen Funde bei Karkemis sprechen.«
    Nach einer Weile fragte jemand – es war Mr Pinckney –, ob wir nicht das Tanzbein schwingen wollten, doch sein naives Gesicht verfinsterte sich, als Nefret zum Klavier schlenderte.
    »Wir besitzen kein Grammophon«, erklärte ich. »Emerson verabscheut diese Geräte, und ich gestehe, dass ich trautes Musizieren diesen kratzenden Schallplatten vorziehe.«
    »Oh«, entfuhr es Mr Pinckney. »Aber das ist doch etwas zu viel verlangt von Miss Forth, finden Sie nicht? Hätte ich geahnt, dass sie nicht mittanzen würde, hätte ich das nie vorgeschlagen.«
    Er wurde von Miss Nordstrom übertönt, die vermutlich zu viel von Cyrus’ Champagner getrunken hatte, denn sie lächelte den jungen Mann verträumt an und erbot sich, Nefrets Platz am Klavier einzunehmen. »Ich finde«, stotterte er, »ich finde, das ist sehr nett von Ihnen, Miss – äh – hmmm.«
    So kam Mr Pinckney doch noch zu seinem Tanzvergnügen. Wie auf meinen Partys üblich, waren die Herren in der Überzahl, deshalb musste er Nefret mit anderen teilen. Miss Nordstrom spielte mit einer Begeisterung, die ich einer Anstandsdame nie zugetraut hätte, doch ihr Repertoire war mehr oder weniger auf die Klassik beschränkt – Polka, Mazurka, Walzer. Selbst Mr Pinckney wagte nicht nachzufragen, ob sie vielleicht fetzigere Rhythmen auf Lager habe; doch nach einem weiteren ihr von Cyrus aufgenötigten Glas Champagner stimmte sie eine besonders flotte Polka an, und Pinckney (der sich zwischen den Tanzeinlagen ebenfalls gestärkt hatte) schwang Nefret ausgelassen durch den Raum, hob sie zum Abschluss hoch und wirbelte sie durch die Luft.
    Emerson musterte den jungen Burschen wie ein Papa in einem Bühnendrama, Nefret hingegen lachte und die anderen applaudierten. Miss Mollys Kreischen übertönte die Stimmen der anderen. »Spiel’s noch mal, Nordie!« Mit ausgestreckten Armen stürzte sie

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