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Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden

Titel: Amelia Peabody 13: Der Herr der Schweigenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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kletterte. Das wird ihn lehren, Frauen nicht zu unterschätzen, sinnierte Ramses; sie war furchtlos und flink wie ein Junge. Die Spalte war eng, und die Sonne stand nicht hoch genug, um sie mit Licht zu durchfluten; als sie zu ihm stieß, standen sie in der Düsternis, eingeschlossen von Gestein, und nur ein winziges Fleckchen Himmel war hoch oben sichtbar.
    »Ich hatte vergessen, wie unheimlich es hier ist«, murmelte Nefret.
    Ramses legte seinen Arm um sie und zog sie vom Rand weg. »Lass uns Licht machen.«
    Die schweren Eisengitter verliehen dem Ganzen einen gotischen Anstrich; die Schlösser waren so übermäßig geölt worden, dass das Öl hinuntergetropft war und dunkle Flecken hinterlassen hatte. Nefret hielt die Taschenlampe, unterdessen nahm Ramses die Schlüssel heraus, die sein Vater ihm anvertraut hatte. Schließlich gaben die Schlösser nach und er drückte eines der Tore auf. Es ächzte entsprechend und Nefret kicherte.
    »Jetzt brauchen wir nur noch ein paar Fledermäuse und eine schaurig-schöne Mumie.«
    »Ich bezweifle, dass es hier noch Fledermäuse gibt. Wir haben das Grab so gut wie eben möglich versiegelt.«
    Es gab keine Fledermäuse und keine Mumie, nur stickige Luft, die ihre Kehlen reizte. Als sie die Vorkammer mit ihren wunderschön gemalten Reliefs erreichten, bemerkte Ramses mit Erleichterung, dass die von ihnen mit aller Sorgfalt angewandten Mittel zur Konservierung nicht nachgedunkelt oder abgeblättert waren. Die in das Gestein gehauenen Stufen, die zu der Grabkammer führten, waren uneben. Sie ließ zu, dass er ihre Hand fasste. Er hielt sie auch weiterhin fest, als sie in dem Raum standen, den sie von seinem unglaublichen Inhalt befreit hatten – zerbrochenen Schatullen, verstreutem Schmuck, der leeren Kutsche der Königin. Zurückgeblieben war nur der riesige Steinsarkophag.
    Vorsichtig ließ Nefret den Strahl der Taschenlampe über die Wände gleiten. In den eingemauerten Kammern war es sehr warm. Schweißperlen schimmerten auf ihrem Gesicht und einige Locken ringelten sich unter ihrem Helm hervor und umrahmten ihre Schläfen. Ramses murmelte: »Ich habe dich noch nie in einer Grabkammer geküßt, stimmt’s?«
    »Bislang nicht.« Sie umarmte ihn.
    Kurze Zeit später ging die Taschenlampe aus. Er wusste nicht, ob sie sie ausgeschaltet oder fallen gelassen hatte, und es kümmerte ihn auch nicht. Die Dunkelheit in diesem eingemauerten Raum, tief in den Klippen, war wie eine schwarze Decke, sie filterte alles aus, bis auf ihre zärtlichen und innigen Berührungen.
    Dann verstärkte sie ihre Umklammerung und irgendetwas traf ihn am Hinterkopf.
    »Du hast die Taschenlampe hoffentlich nicht fallen lassen«, murmelte er.
    »Schätzchen, es tut mir so Leid. Ich wollte dich nicht damit treffen.«
    »Schon gut. Ich schlage vor, wir machen uns an die Arbeit. Ich habe mir überlegt«, fuhr er fort, als das Licht wieder aufflammte, »dass es ein schönes Hobby wäre, dich in jedem Grabmal von Luxor zu küssen.«
    »Was für eine reizende Idee. Eins haben wir jetzt, wie viele Hunderte bleiben noch übrig?«
    »Wir werden darüber Buch führen. Hier scheint alles in Ordnung. Wir könnten irgendwann zurückkommen und ein paar Fotos für Vater machen.«
    Sie schlenderten zurück zum Eingang. Ramses schloss und verriegelte die Tore. Er nahm seine eigene Taschenlampe heraus und ließ den Lichtkegel langsam und methodisch über die Schlösser und Riegel gleiten. »Ich sehe keinerlei Anzeichen auf ein versuchtes Eindringen, du vielleicht? Merkwürdig. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass einige Dorfburschen sich daran zu schaffen machen würden.«
    »Sie wissen, dass wir alle beweglichen Gegenstände fortgeschafft haben. Und hat Vater nicht diesen Ort mit einem Fluch belegt?«
    »Einem seiner effektvollsten. Er rief jeden Gott im Pantheon an, von Anubis bis … Also, ich werd verrückt! Jemand ist hier gewesen. Sieh dir das an.«
    Tief in das Felsgestein über den Türen war dasselbe sonderbare Zeichen eingeritzt, das sie bereits bei mehreren Gräbern in Amarna vorgefunden hatten – ein Kreis, geteilt von einer Wellenlinie.
    »Er ist nicht hineingelangt«, stellte Nefret sachlich fest.
    »Aber wie ist er überhaupt hierhin gekommen? Freiwillig klettert keiner von unten hier hinauf, der Fels ist zu glatt. Und die einzig praktikable Methode von oben besteht darin, sich an einem Seil herunterzulassen, und das würde ich nicht ohne Hilfe wagen.«
    »Du nicht, aber manche dieser machomäßigen

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