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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Erwachsenen lehnten an den Wänden und am Geländer, die Kinder spielten in der Mitte. Vermutlich konnte man es Spielen nennen. Sie hatten sich lange angestarrt, bis Davy, unter Nefrets Zureden, Evvie eine geschnitzte Holzgiraffe hinhielt und etwas Unverständliches murmelte.
    »Er kann nicht sprechen«, sagte Evvie, die es konnte und unermüdlich unter Beweis stellte. »Kann die andere es denn?«
    »Sie ist eure Cousine Charlotte«, sagte Lia mit einem entschuldigenden Blick zu Nefret. »Es ist unhöflich, sie ›die andere‹ zu nennen.«
    »Und wie heißt dann der da?«, erkundigte sich Evvie.
    »Er ist nach eurem Papa benannt«, antwortete Nefret. »Ihr könnt ihn Davy rufen.«
    Ganz kleiner Gentleman stellte Dolly sich und seine Schwester vor und wollte die Zwillinge mit Handschlag begrüßen. Die feinen dunklen Brauen unheilvoll zusammengezogen, ähnelte Charla ihrem Großvater. Ihre Miene hellte sich vorübergehend auf, als sie Dollys freundliche Geste erwiderte; darauf hielt Evvie Davy die Hand hin und strahlte ein perlweißes Milchzähnchenlächeln. »Den da mag ich«, verkündete sie.
    Hingerissen von wilden honigfarbenen Locken, Sommersprossen und einem vorwitzigen Gesicht drückte Davy ihr die Giraffe in die Hand und forderte sie mit einer ausladenden Geste auf, sich zu ihm auf den Boden zu setzen, wo die übrige Menagerie aufgebaut stand. Das behagte Charla nun gar nicht. Die Holztiere – darunter ein Löwe, ein Nilpferd und ein Elefant – waren von einem in Luxor lebenden Sudanesen geschnitzt worden und momentan das Lieblingsspielzeug der Zwillinge.
    Zum Glück verstand keiner, was Charla sagte. »Möchtest du und Evvie vielleicht einen Keks?«, fragte Ramses rasch.
    Alles in allem verlief es gar nicht so übel. Der einzig Leidtragende war Dolly, der einen empfindlichen Schlag ins Gesicht bezog, als er einen Streit der beiden kleinen Mädchen um eine Puppe zu schlichten versuchte. Sie hatte keine Haare, da Charla ihre neuen Puppen sogleich der Kleider und Perücken entledigte; im Eifer des Gefechts verlor sie einen Arm und beide Beine, und Evvie traf ihren Bruder mit einer dieser Extremitäten. Vielleicht hatte sie das gar nicht beabsichtigt.
    Seine großen Augen voller Tränen, wurde Dolly von Emerson hochgehoben, der das Geschehen milde grinsend verfolgt hatte. Er umarmte den kleinen Jungen, reichte ihn an seine Frau weiter und kniete sich auf den Boden, wo er den drei anderen half, die Puppe vollends zu zerstückeln, während er ihnen den Prozess der Mumifizierung erläuterte.
    »Die Ägypter haben die Köpfe nicht entfernt«, erklärte er einem verzückten Publikum. »Sie haben einen Haken hier hineingeschoben.« Er demonstrierte es mit seinem langen Zeigefinger. »Hier, tief in …«
    »Vater«, murmelte Nefret. »Bitte.«
    »Kinder lieben Mumien«, sagte ihre Schwiegermutter, die ihren Göttergatten vermutlich ebenfalls ermahnt hätte, wäre Nefret ihr nicht zuvorgekommen. Sie herzte Dolly auf eine Weise, die bei Ramses schlimmste Befürchtungen auslöste. Er war ein liebenswerter kleiner Bursche, und sie hatte seinen Urgroßvater Abdullah sehr geschätzt, von daher verwunderte es nicht, wenn sie das Kind unter ihre Fittiche nähme. Bis jetzt hatten die Zwillinge die volle Aufmerksamkeit ihrer Großeltern väterlicherseits genießen dürfen. Bei vier Kindern, noch dazu einem wie Evvie, sah er Probleme anrollen.
    Die Einzigen, die sich Fatimas exzellenten Tee schmecken ließen, waren Onkel Walter und David und natürlich die Kinder, die Emerson mit Kuchen und Keksen voll stopfte. Irgendwie irritiert erhob sich Ramses und setzte sich neben David auf das Verandageländer.
    »Wie fühlst du dich?«, murmelte er.
    David wusste auf Anhieb, was er meinte. Sein Blick erfasste das jugendliche Gerangel, das sich inzwischen auf Horus ausdehnte. Den Kater faszinierten kleine Kinder, allerdings war sein Versuch, unter das Sofa zu kriechen und sie von dort aus ungestört zu beobachten, gescheitert, und einzig Emersons Einschreiten bewahrte ihn vor dem Schicksal der Puppe.
    »Irgendwann werden sie müde«, sagte David leise. Sein Künstlerblick verharrte verträumt auf dem breiten, mattgolden schimmernden Wüstenstreifen, gesäumt vom Grün des Kulturlandes und überhaucht von zartgrauem Zwielicht. Er legte seine Arme um Ramses’ Schultern und seufzte tief. »Gott, ist das schön, wieder hier zu sein!«
    »Hoffentlich denkst du morgen noch genauso, wenn Vater dich in aller Herrgottsfrühe aus den Federn holt

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